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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen
Autoren: Hansi Hartwig
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1. Kapitel
     
    „Ich bin ein Glückspilz“, murmelte die junge Frau und die Ironie in ihrer Stimme war kaum zu überbieten. „Hab’s doch gewusst, dass mit mir was nicht stimmt.“
    I n der Hoffnung, endlich zu entdecken, was für sie von Interesse war, ließ sie ihren Blick über den Platz schweifen. Sie setzte sich auf den Brunnenrand, fischte aus ihrem Rucksack ein in Leder gebundenes Buch und zog hinter dem rechten Ohr einen Kugelschreiber hervor. Jetzt einen Kaffee, seufzte sie sehnsüchtig, wobei sie eher die dazu obligatorische Zigarette und ein Schwätzchen mit ihrer Freundin im Kopf hatte.
    „ Welcher Fee bin ich denn diesmal auf den großen Zeh gelatscht?“, führte sie ihr Selbstgespräch mit deutlichem Begeisterungsverlust fort und starrte das Tagebuch an, als würde sie sich fragen, wie es zwischen ihre Finger geraten war. Ruppig stopfte sie es zurück in den Rucksack.
    „ Und wann zur Hölle willst du endlich aufwachen, du Traumtänzer? Menschen ändern sich nicht einfach mal so. Niemand. Und solche schon gar nicht.“
    Sie hüpfte vom Brunnenrand, schulterte ihren Rucksack und drehte eine weitere Runde um den Platz. „Pünktlich wie die Maurer. Dabei hatte ich dich ganz anders in Erinnerung. Und ich weiß ganz sicher, während der letzten zwanzig Jahre kein einziges Mal Papa zu dir gesagt zu haben. Pa-pa ! Meine Güte, wie albern!“
    Ärgerlich schlug sie ihre Hand durch die Luft. Während der letzten zwei Jahre hatte sie nicht ein Wort mit ihren Eltern gewechselt. Weshalb also sollte ihr Vater sie ausgerechnet jetzt sprechen wollen? Und wieso ausgerechnet in Berlin? Hätte sie bloß einmal ihr Hirn gebraucht, wäre sie sofort darauf gekommen, dass dies nur ein schlechter Witz sein konnte.
    Blieb d ie Frage: Von wem?
    I nzwischen hätte sie längst in der Studentenbude ihrer Freundin Karo sitzen und deren momentanen Traummann kennenlernen können, sinnierte sie und vergab weitere hundert Punkte auf der nach unten offenen Spaßbremsenskala. Angel Stojanow sollte der süßeste Kerl sein, der auf Erden wandelte, groß gewachsen, eindrucksvoll gebaut und unverschämt gut aussehend, außerdem intelligent, stark und weltmännisch – einfach überwältigend. So zumindest hatte Karo am Telefon von ihm geschwärmt. Ein Mann der Superlative, vielleicht noch nicht ganz vergeben, da Karo, aus welchem Grund auch immer, Probleme mit einer Entscheidung hatte.
    Sie schmunzelte bei dem Gedanken. Suse , die Dritte im Bunde, und sie ähnelten in dieser Beziehung aufs i-Tüpfelchen ihrer gemeinsamen Freundin Karo. Sie waren eindeutig zu jung für etwas Endgültiges.
    Wied er sah sie auf ihre Armbanduhr und zog eine Grimasse. Es war noch immer nicht viel später als vor zwei Minuten.
    Ans tatt sich also den angenehmen Seiten des Studentenlebens zu widmen, stand sie sich bereits eine Viertelstunde mitten in Berlin die Beine in den Bauch und niemand nahm Notiz von ihr. Wie sie diese Warterei hasste! Hätte sie wenigstens Suses Drängen nachgegeben und sie zur Unterhaltung mitgenommen. Nicht einmal der Mädchenmörder, vor dem die kleine Blonde sie gewarnt hatte, ließ sich blicken.
    In just diesem Augenblick räusperte sich jemand diskret hinter ihrem Rücken. Einen heiseren Schrei ausstoßend, die Hand auf ihr wild hüpfendes Herz gepresst, wirbelte sie herum und wäre fast gegen eine riesenhafte Gestalt geprallt, die sich auf Armlänge hinter ihr aufgebaut hatte.
    „ Pardon, mademoiselle, excusez-moi, s'il vouz plaît. “
    Mit diesen Worten trat ein Mann derart dicht vor sie hin, dass sie mit der Nase beinahe den mittleren Knopf seines Jacketts berührte. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie zwei hilfreich erhobene Arme, die sie unter Garantie aufgefangen hätten, wäre sie ins Straucheln geraten oder gar in Ohnmacht gefallen.
    Na, das hatte er sich ja schön ausgedacht!
    Nachdem sich der Fremde mit einem prüfenden Blick davon überzeugt hatte, dass sie tatsächlich sicher auf beiden Beinen im Leben stand, ging er einen Schritt zurück, dann noch einen und deutete schließlich eine galante Verbeugung an. Bei jedem anderen hätte das zweifellos albern gewirkt, bei ihm dagegen … Irgendwie passte ein Bückling zu dieser samtig dunklen Stimme, dem vornehmen Anzug und überhaupt …
    Ihr stockte der Atem bei dem Anblick, der sich ihr bot, als der Fremde seinen Kopf hob und nun in voller Größe vor ihr aufragte. Was für ein Mann! Sportlich und gleichzeitig elegant gekleidet, das in der Sonne blauschwarz glänzende
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