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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen
Autoren: Hansi Hartwig
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hörte sie den Mann flüstern.
    Sie w ar sich nicht sicher, was sie von dieser Bemerkung halten sollte, deswegen nickte sie bloß vage. Verstohlen musterte sie den Fremden von der Seite, den ein Smoking ebenso fantastisch kleidete wie zuvor der sportliche Sommeranzug. Er bewegte sich dermaßen selbstbewusst und mit einer unverhüllten Arroganz, als wäre er in diesen piekfeinen Klamotten bereits zur Welt gekommen – mehr noch, als würde er glauben, dass die ganze Welt ihm gehörte.
    Sie fand es unerklärlich, was diesen Mann zu ihrer Mutter gezogen haben mochte. Sicher, sie war vor fünfundzwanzig Jahren zwar keine berauschende Schönheit, doch ziemlich hübsch gewesen. Verglichen mit der Eleganz und Souveränität des Franzosen musste ihre Mutter trotz allem wie eine graue Maus dahergekommen sein. Denn Pierre Germeaux gehörte ganz ohne Zweifel zu dem Typ von Mann, der bloß mit dem Finger schnippen musste, damit die Frauen umfielen wie die Kegel beim Bowling und ihm schmachtend hinterher krochen, um ihm die Füße zu küssen. Warum hatte er sich damals ausgerechnet an eine verheiratete Mutter zweier Kinder herangemacht? Mit welchen Qualitäten hatte sie bei ihm punkten können, dass er ausgerechnet sie erwählt hatte – zumindest für eine Saison?
    Die Liebe war offensichtlich ein seltsames Ding.
    Obwohl sich Beate äußerlich inzwischen nicht mehr von den übrigen Hotelgästen abhob, konnte sie das beklemmende Gefühl nicht abschütteln, alle würden ihr ansehen, wie wenig sie in diese exklusive Umgebung gehörte. Germeaux dagegen schien davon nichts zu bemerken. Galant und strotzend vor Selbstsicherheit führte er sie durch das von tausenden Lichtern erhellte Foyer zum Restaurant „Vivaldi“. Sanfte Musik verbreitete eine gelöste Atmosphäre, die dicken Teppiche dämpften die Schritte und Gespräche der Besucher, während Kellner mit silbernen Tabletts lautlos zwischen den Tischen und der Küche hin und her huschten. Selbst das Eindecken und Abräumen ging nahezu ohne jedes Geräusch vonstatten.
    „ Sind Sie sicher, dass Sie mit mir hier essen wollen?“, raunte Beate dem Mann zu, während sie sich gleichzeitig fragte, ob man das, was man in diesem Etablissement tat, wirklich noch schnöde als essen bezeichnen konnte.
    Erstaunt hob er die Augenbrauen. Dann lachte er sie derart offen an, dass sie am liebsten im Erdboden versunken wäre.
    „ Naturellement , mit dem größten Vergnügen sogar.“ Er fasste sanft ihre Hand, legte sie in seine Armbeuge und hielt dabei ihren Blick gefangen. „Der Glanz des Hotels ist lediglich als der äußere Rahmen für die Einmaligkeit dieses Tages gedacht.“
    „Oh …“
    Ja, d as war in der Tat alles, was ihr dazu einfiel. Großer Gott, was hätte sie denn sonst darauf erwidern sollen? So viel Schmalz war sie nicht gewohnt, im Gegenteil, die Seemänner, mit denen sie studierte, waren berüchtigt für ihre proletenhafte Ausdrucksweise, was im Laufe der vergangenen vier Jahre selbstverständlich nicht spurlos an ihr vorbeigegangen war.
    „Stellen Sie sich vor, ich w äre der Einzige, der Sie ansieht.“
    Sie lachte unsicher und betete, sich den abschätzigen Blicken der anderen Gäste dadurch zu entziehen, dass sie sich dicht an Germeaux drängte.
    „ Sie werden es nicht glauben, doch gerade das ist es, was mich so nervös macht.“
    „Niemand sieht Ihnen an , dass Sie etwas …“ von einem ordinären Trampeltier an sich haben , „… angespannt sind“, versicherte er ihr im Brustton der Überzeugung, wenngleich sie beide wussten, dass es eine faustdicke Lüge war.
    Beat e spürte, wie ihr der Schweiß auf die Oberlippe trat – und unter Garantie glänzte ihre Nase inzwischen wie eine Speckschwarte! –, und hätte am liebsten losgeheult.
    Ein befrackter Ober, der sich dermaßen gerade hielt, als hätte er einen Stock verschluckt, geleitete sie zu einem etwas abseits stehenden Tisch, um den Germeaux ausdrücklich gebeten hatte. Zuvorkommend rückte er einen Stuhl für Beate zurecht. Ein weiterer Kellner erschien auf einen Fingerzeig und wandte sich diskret an Pierre Germeaux, um sich nach dessen Wünschen zu erkundigen.
    „Sie haben nichts dagegen, wenn ich für Sie wähle?“, fragte der Fran zose beiläufig und sein Ton klang wie eine selbstverständliche Antwort auf ihre unausgesprochene Bitte.
    Beat e nickte und machte sich mit gespieltem Eifer an der Serviette aus edlem Batist zu schaffen, faltete sie umständlich auseinander und drapierte sie wie ein
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