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War ich gut Schatz

Titel: War ich gut Schatz
Autoren: Russo Andrea
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1 Sofort morgen übe ich den bösen Blick im Spiegel
    Hinterher ist man immer schlauer. Nur ich nicht. Ich mache ständig die gleichen blöden Fehler. Deswegen liege ich auch gerade wieder einmal wütend im Bett und wünsche mir, ich könnte meinen Ehemann einfach mal eben so in ein anderes Universum beamen. Dann hätte ich gleich zwei Probleme weniger: Ich wäre meinen Mann los und einschlafen könnte ich auch. Ich mag keine Ohrstöpsel! Und sie helfen auch nicht wirklich viel, zumindest mir nicht. Das Gegröle der pokernden Männer in unserem Wohnzimmer dringt trotzdem dumpf durch die gummiartige Abdichtungsmasse, die ich eben wutentbrannt in meine Gehörgänge gestopft habe.
    Wir haben halb zwölf, und ich muss morgen früh aufstehen. Morgen ist Mittwoch. Um acht Uhr haben wir eine Besprechung in der Redaktion. Das bedeutet, dass pünktlich um sieben der Wecker klingeln wird. Wenn das so weitergeht, mache ich bis dahin kein Auge zu. Daniel ist so ein Idiot! Wie kann er nur unter der Woche seine Kumpels zu uns einladen und mir nicht einmal vorher Bescheid sagen?

    Mein Name ist Anna, Anna Blum. Ich bin einunddreißig Jahre alt, und ich kann nicht einschlafen, weil ich in Gedanken gerade eine Liste mit Alternativen aufstelle, die dem Wegbeamen meines Mannes gleichkämen. Verdampfen oder Verflüssigen könnte vielleicht eine gute Methode sein, aber die sauberste Lösung wäre wohl doch, er würde sich einfach in Luft auflösen, seine tollen Kumpels gleich dazu.
    Konsequent wäre es allerdings gewesen, wenn ich die Jungs sofort rigoros rausgeschmissen hätte, als sie hier freudestrahlend aufgetaucht sind, doch ich hab mich natürlich wieder bezirzen lassen. »Anna, ach Annaaa, komm schon, mein Engel, wir sind auch ganz leise, ehrlich, versprochen …«
    Daniel kann ein richtiger Charmebolzen sein. Außerdem hat er wahnsinnig blaue Augen, die richtiggehend funkeln können, wenn er an etwas besonders viel Spaß hat. Das Funkeln ist schuld, immerhin habe mich genau deswegen damals in ihn verliebt. Und auch diesmal hat es mich nicht nur am Widersprechen gehindert, es hat mich doch tatsächlich wieder dazu gebracht, Schnittchen für die gesellige Runde zu zaubern, so wie es sich für eine verständnisvolle Ehefrau gehört.
    Der Wunsch jedoch, dass die Sandwichecken den Jungs in ihren Hälsen stecken bleiben mögen, passt eigentlich so gar nicht zu meinem Wesen, das ebenso sanft sein soll wie meine braunen Augen. Ich bin einfach zu gut für diese Welt! Das meint Daniel zumindest immer. Dummerweise hat er damit Recht, zumindest was ihn betrifft. Viel zu
viel lasse ich ihm durchgehen. Aber das wird sich ändern. Sofort morgen übe ich im Spiegel den bösen Blick. Und wenn das mit dem Beamen dann immer noch nicht klappt, dann mache ich es auf die altmodische Art: Ich packe meine Koffer und gehe … Aber jetzt setze ich mir erst einmal Kopfhörer auf meine Ohren, und zwar zusätzlich zu den Stöpseln, und höre Entspannungsmusik. Vielleicht kann Der Gesang der Wale mich beruhigen oder zumindest das Klackern der Jetons übertönen, das mich fast in den Wahnsinn treibt.
    Â 
    Es ist halb vier, als ich wieder aufwache. Die Wale sind längst weitergezogen, die CD ist zu Ende, die Pokerrunde allerdings nicht, sie läuft noch auf Hochtouren. War es nicht Pinocchio , der von einem mächtigen Wal namens Monstro verschluckt wurde? Der Name Monstro gefällt mir, denn so fühle ich mich gerade. Ich könnte jetzt auf der Stelle rübergehen, ein bisschen rumbrüllen und doch noch alle rausschmeißen. Aber diese Blöße will ich mir auch nicht geben. Außerdem ist die Nacht eh schon gelaufen.
    Also suche ich nach einer CD, die mich nicht wieder auf dumme Gedanken bringt, am besten ohne große Tiere, die meinen Mann auffuttern könnten. Wie wäre es mit sanften Panflötenklängen? Nein, die helfen hier auch nicht weiter. Ich greife wahllos nach einer Hülle und erwische Bela B. Warum nicht? Die hat Daniel letztens mitgebracht, und ich habe sie noch nicht gehört. »Diesmal wollt ich klüger sein. Ich fall doch nicht noch einmal rein … Altes Arschloch Liebe, geh zu Leuten, die dich wollen …« Ja, denke
ich, ohne Liebe wäre alles viel einfacher. Aber ohne Krach wäre für den Anfang auch nicht schlecht.
    Es ist genau sieben Uhr siebzehn, als ich aufwache. Ich bin also doch
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