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0110 - Zargos, der Dämon

0110 - Zargos, der Dämon

Titel: 0110 - Zargos, der Dämon
Autoren: Richard Wunderer
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Es war Samstag. Neun Uhr abends, wie ich mit einem Blick auf meine Uhr feststellte.
    Obwohl mir eine innere Stimme sagte, daß ich mir wahrscheinlich Ärger einhandelte, ging ich mit langen Schritten zum Telefon und hob ab. Ich wettete mit mir, daß es niemand aus meinem Freundeskreis war, und gewann.
    »John Sinclair? Oberinspektor Sinclair?« fragte eine mir unbekannte Männerstimme, nachdem ich mich gemeldet hatte.
    »Ja!«
    »Sie arbeiten für den Yard?«
    »Wenn Sie wissen, daß ich Oberinspektor bin, wissen Sie das wahrscheinlich auch«, erwiderte ich gereizt. Der Anruf klang wirklich nach Ärger.
    »Immer mit der Ruhe!« Der Mann lachte. Der Stimme nach war er nicht mehr jung. Er sprach mit einem starken Cockney-Akzent.
    Cockneys betrachteten sich als Urlondoner und bildeten eine verschworene Clique. »Hören Sie, Oberinspektor! Sie beschäftigen sich mit sehr heißen Eisen. Könnte mir denken, daß Sie einen guten Informanten brauchen!«
    Das machte mich stutzig. »Erklären Sie mir etwas genauer, was Sie meinen!« fauchte ich und trank meinen Whisky. Er schmeckte mir nicht mehr.
    »Ganz einfach!« Der Mann lachte. »Ich erfahre eine Menge über die Aktivitäten Ihrer Gegner. Wenn Sie etwas springen lassen, verrate ich Ihnen die Sensation. In London braut sich eine tolle Sache zusammen. Geht Sie direkt an!«
    »Wer sind Sie?« fragte ich scharf. Mir kam der Verdacht, daß sich jemand einen üblen Scherz mit mir erlaubte.
    »Namen tun nichts zur Sache.« Seine Stimme wurde plötzlich eiskalt.
    »Sinclair! Ich erfahre viel über die Hölle. Meine Tips sind teuer, aber gut. Wenn Sie interessiert sind, kommen Sie in den Hyde Park. Lassen Sie sich von einem Taxi am Hyde Park Corner absetzen, und gehen Sie die Serpentine Road entlang. Ich melde mich bei Ihnen! Machen Sie sich sofort auf den Weg.«
    »Ich habe…«, setzte ich an, doch da legte er schon auf. Nachdenklich ließ ich den Hörer auf den Apparat sinken, obwohl es eigentlich nichts zu überlegen gab. Ich wußte jetzt schon, daß ich hinfahren würde. Ich durfte keine Gelegenheit versäumen, mehr über meine Feinde, die Schwarzblütler, zu erfahren. In der Vergangenheit hatte ich viele Niederlagen einstecken müssen, aber auch sehr viele Erfolge erzielt.
    Das war meinen Feinden sicherlich in die falsche Kehle geraten, so daß die Höllenbrut bald wieder zu einem neuen Schlag ausholen würde.
    Vielleicht bot sich wirklich die Gelegenheit, mehr zu erfahren.
    Telefonisch bestellte ich ein Taxi. Wenn es der Anrufer so wollte, blieb der Bentley eben in der Tiefgarage. Dann klingelte ich bei Suko, der zusammen mit seiner Freundin Shao das Apartment neben dem meinen bewohnte. Niemand öffnete, und hinter der Wohnungstür herrschte Stille.
    Achselzuckend wandte ich mich ab und fuhr mit dem Aufzug nach unten.
    Das Taxi wartete bereits. Ich nannte den Hyde Park Corner als Ziel.
    »Da haben Sie aber Glück, Mister!« rief der Fahrer undeutlich. Er kaute mit gelben Zähnen auf einer erkalteten Zigarre herum. »Eine halbe Stunde später, und der Nebel ist so dick, daß ich nicht einmal mehr meine vordere Stoßstange finde.«
    »Ja, sehr dichter Nebel«, murmelte ich nur, weil ich mich in Gedanken mit dem Anruf beschäftigte.
    »Was ist?« Der Fahrer ließ die Zigarre mit artistischer Geschicklichkeit in den anderen Mundwinkel wandern. »Wollen Sie am Corner eine Rede halten? Um diese Zeit? Und bei diesem Wetter?« Er lachte meckernd.
    »Ja«, antwortete ich.
    Die Zigarre fiel ihm beinahe aus dem Mund. Er war so verblüfft, daß er mich fortan in Ruhe ließ. War mir nur recht. Ich überlegte nämlich, ob ich im Yard anrufen und Bescheid sagen sollte, doch ich ließ es sein.
    Sicher, es konnte sich um eine Falle handeln. Aber ich würde das schon schaffen.
    Am Hyde Park Corner stieg ich aus und gab dem Mann ein gutes Trinkgeld. Trotzdem sprach er nicht mehr mit mir. Kein Wort!
    Ich schlug meinen Mantelkragen hoch und zog den Kopf zwischen die Schultern. Der Nieselregen kam von allen Seiten. In Sekundenschnelle war mein Gesicht klamm und naß. Der Nebel legte sich wie ein feuchtes Tuch auf meinen Mund. Er schluckte alle Geräusche. Unheimlich sah es aus, wie die Autos im Schneckentempo vorbeikrochen, ihre Scheinwerfer wie bleich glosende Augen aus der Dunkelheit auftauchten, vorbeihuschten und sofort wieder verschwanden. Die Motoren hörte ich so schwach, als habe mir jemand Watte in die Ohren gesteckt.
    Trotz der Kälte öffnete ich den obersten Knopf meines Trenchcoats,
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