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War ich gut Schatz

Titel: War ich gut Schatz
Autoren: Russo Andrea
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irgendwann eingeschlafen und habe dafür nun den Wecker überhört. Gut, dass meine innere Uhr einigermaßen genau funktioniert, sonst hätte ich doch tatsächlich die Besprechung verschlafen.
    Im Wohnzimmer scheint es still geworden zu sein. Vorsichtig pule ich die Stöpsel aus den Ohren. Tatsächlich, alles ruhig! Die Jungs sind wohl doch irgendwann verschwunden, und Daniel wird auf der Couch eingeschlafen sein, so wie er das immer tut nach solch einem Gelage.
    Das wird ein toller Tag werden! Ich bin hundemüde und habe schlechte Laune, wegen Daniel und weil ich jetzt nicht mehr genug Zeit zum Duschen habe. Leise schleiche ich mich durch den Flur in Richtung Bad – ich nehme ja Rücksicht, obwohl ich allen Grund dazu hätte, jetzt ordentlich Krach zu machen. Dabei komme ich am Wohnzimmer vorbei und werfe einen kurzen Blick auf die Couch. Ich könnte meine Rücksicht ja ausnahmsweise mal vergessen und meinen Mann ein bisschen schadenfroh von den Polstern schubsen.
    Langsam gehe ich näher, aber es ist nicht nur Daniel, der da leicht vor sich hin schnarchend seinen Rausch ausschläft. Den Typen, der in Löffelchenstellung vor ihm liegt, habe ich noch nie zuvor bei uns gesehen, auch gestern Abend nicht, ganz sicher. Wo der nur herkommt? Daniel hat sich ganz eng an ihn gekuschelt. Der Arm meines Mannes liegt fest auf einer mir unbekannten Männerbrust!
Das sieht auf eine gewisse Art so rührend aus, dass ich fast schon nicht mehr sauer bin.
    Ich überlege einen kurzen Moment, ob ich die beiden gemeinsam vom Sofa runterschmeiße, lasse sie dann aber lieber weiterkuscheln. Die Vernunft siegt. Ich bin immerhin noch so sauer, dass es letztendlich sofort auf einen Streit hinauslaufen würde, wenn Daniel jetzt wach werden würde. Und Auseinandersetzungen oder Diskussionen, die letztendlich eh wieder nichts bringen, kann ich heute Morgen gar nicht gebrauchen, Stress habe ich auch so schon genug. Erst einmal muss ich die Besprechung in der Redaktion einigermaßen klar überstehen.
    Allerdings ist es wirklich schade, dass ich nicht da sein werde, wenn Daniel langsam aufwacht und merken wird, an wen er sich da so eng angeschmiegt hat. Sein dummes Gesicht dabei würde ich zu gerne sehen. Bestimmt wird ihm das mehr als peinlich sein, nur zugeben wird er diese Kuschelaktion niemals. Aber wozu gibt es Handys? Die sind ja glücklicherweise heutzutage nicht mehr nur zum Telefonieren da, deswegen knipse ich damit vorsichtshalber gleich mehrere Beweisfotos, nur mal so für alle Fälle. Über die halbleere Pizzaschachtel, die Bierflaschen und die Chipskrümel, die sich weitflächig im Wohnzimmer verteilen, sehe ich großzügig hinweg.
    Dann mache ich mich schnell auf den Weg ins Bad. Jetzt wird die Zeit wirklich knapp, und ich muss mich beeilen. Deswegen, oder auch einfach weil ich nicht damit rechne, übersehe ich auch das angebissene Stück Pizza und die Bierlache auf den Badezimmerfliesen. Barfuß wie ich bin,
rutsche ich darauf aus, schlittere durch das Bad und knalle mit voller Wucht gegen die Badewanne. Ich erwische gerade noch eben so unseren rot-weiß geblümten Duschvorhang, um den Sturz abzufangen, und sehe beim Fallen ein schwarz behaartes, leicht gebräuntes Bein, das seitlich aus der Wanne ragt.
    Und dieses besagte Bein hängt nun genau über meinem Gesicht. Ich liege auf dem Rücken wie ein Maikäfer, der gerade vom Baum geplumpst ist und nicht mehr aufstehen kann. Bestimmt habe ich mir bei dem Sturz alle Knochen gebrochen. Behutsam bewege ich meine Zehen, dann die Beine. Sie funktionieren beide noch. Mein Po tut etwas weh, aber ansonsten habe ich wohl Glück gehabt.
    Vorsichtshalber bleibe ich noch eine Weile liegen und betrachte die Wade über mir. Der Krach, den ich gerade gemacht habe, würde im Normalfall sogar Tote aufwecken, doch in der Wanne gleich neben mir tut sich gar nichts. Zaghaft stupse ich mit meinem Zeigefinger gegen das Bein – keine Reaktion. Also fixiere ich mit den Augen ein besonders langes Haar, nehme es sanft zwischen meine Finger und zupfe fest daran. Das Bein lebt! Reflexartig verzieht es sich zurück in die Wanne.
    Langsam rapple ich mich auf und betrachte das dazugehörige Gesicht. Es ist Tom, Daniels Kumpel, der unser Badezimmer in ein Schlafzimmer verwandelt hat. Na warte! In aller Ruhe greife ich nach dem Zahnputzbecher und werfe dabei einen Blick in den Spiegel über dem Waschbecken. Die
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