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African Queen

African Queen

Titel: African Queen
Autoren: Helge Timmerberg
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in der Tasche. Eine Woche später rief sie mich an, und weißt du, Ibrahim, was sie mir sagte? Sie sei ab sofort eine Diskothekenbesitzerin. Einer ihrer Kunden war pleite und wollte seine Diskothek billig verkaufen, und ein anderer Kunde, ein Millionär, nutzte spontan die Chance, einmal in seinem Leben etwas Gutes zu tun, und schenkte ihr das Geld, das sie für die Disko brauchte. Das alles passierte in einer Woche, in null Komma nix.»
    «Der Skarabäus», sagt Ibrahim.
    «Ja, das war auch das Erste, woran ich dachte. Ich fuhr sofort zu ihrer Diskothek. Ich bat sie, mir den Skarabäus zurückzugeben. Sie lehnte das ab.»
    «Was ist aus ihr geworden?»
    «Eine Hure. Wie vorher. Sie hat den Laden innerhalb weniger Monate in den Sand gesetzt.»
    «Und was wurde aus dir?»
    «Ich habe dann endlich ein Buch geschrieben und ein zweites und ein drittes und noch ein paar. Im Grunde ging es mir mit den Büchern wie dir mit den Hotels.»
    Ibrahim lächelt bis zu den Ohren, was bei ihm einiges heißt, denn auf diesem Berg von einem Mann thront ein mächtiger Schädel mit einem großen, runden Gesicht, und das ist für ein Lächeln kein kurzer Weg. «Dann ist die Sache klar», sagt er. «Der Skarabäus bringt Leben, wenn du ihn weitergibst, und Tod, wenn du ihn für dich behältst.»
    «Also haben wir es beide richtig gemacht.»
    «Hamdulillah.»
    Themenwechsel. Die Pyramiden. Ich frage Ibrahim, ob es heute noch immer möglich sei, auf ihre Spitze zu klettern. Das habe ich vor dreißig Jahren mal getan und nie wieder vergessen. Die Nacht, der Vollmond, und ein Magnetismus, der die Seele mit dem Himmel vereint. Und seitdem wir in Afrika sind, galt das für mich als abgemacht: Sobald wir nach Kairo kommen, will ich da wieder rauf. «Nein», sagt Ibrahim, «das ist schon lange verboten. Es sind zu viele runtergefallen. Die Polizei steht direkt vor den Pyramiden und passt auf.» Trotzdem, ich habe den Richtigen gefragt. Ibrahim kennt einen der Pyramiden-Polizisten und will mit ihm sprechen. «Wie viel bietest du ihm?», fragt er.
    «Fünfzig Dollar.»
    «Dann gibt es keine Probleme. Du musst es früh am Morgen tun, wenn noch keine anderen Touristen da sind. Ich arrangiere es für dich. Aber es kann ein paar Tage dauern.»
    Alis Benehmen hat sich nach dem Treffen mit Ibrahim sichtlich gewandelt. Wir gehen durch die inzwischen beleuchteten Straßen von Kairo zurück zu unserem Hotel, und er begegnet mir nun mit echtem Respekt und auch mit ein bisschen Angst, irgendwas falsch zu machen. Trotzdem kann er es nicht lassen. Falls ich wieder einen magischen Skarabäus kaufen wolle, mache er einen guten Preis. Nachdem ich Ali erklärt habe, dass man magische Dinge nicht kaufen kann, sondern geschenkt bekommen muss, ist die Sache allerdings vom Tisch.
    «Für Parfüm gilt das aber nicht», sagt er.

    Am nächsten Tag nehmen wir ein Taxi zur Cheops-Pyramide. Hier hat sich tatsächlich einiges geändert. Vor dreißig Jahren konnte man mit dem Auto direkt hinfahren, jetzt geht das nicht mehr; das gesamte Areal der Pyramiden ist umzäunt und für Kraftfahrzeuge verboten. Man muss einige hundert Meter zu Fuß gehen oder eine der Pferdekutschen nehmen, um sie zu erreichen. Ein paar tausend Touristen sind mit uns vor Ort. Die ganze Welt bummelt um das Weltwunder herum, und das zum Teil in wunderlicher Garderobe. Wahrscheinlich sind es Russinnen, die hier in Hotpants und Highheels zu den Grabmälern der Gottkönige stöckeln. Wären die Mumien noch drin, könnte es durchaus sein, dass ihnen die eine oder andere Binde ausbeult. Aber sie sind schon lange nicht mehr in den Pyramiden, nichts ist mehr darin, darum hat es mir damals keinen Spaß gemacht, hineinzugehen. Die Gänge, das weiß ich noch genau, sind so niedrig, dass ich mich auf jene Art und Weise bücken musste, die Bandscheibenvorfälle provoziert, und vor mir fotografierten Leute, die sich nicht zu bücken brauchten (Japaner), die nackten Wände der Königskammern. Warum fotografierten sie nicht ihre Keller zu Haus? Das kommt billiger, und räumt man vorher alles raus, wird es keiner merken. Nein, ich will nicht rein, ich will rauf. Und das scheint in der Tat nicht mehr so einfach zu sein. Um die Pyramide ist ein Absperrseil gespannt, und strategisch gut positionierte Polizisten mit Trillerpfeifen machen sofort dicke Backen, wenn man es auch nur berührt. Ich stehe vor dem Seil und suche das Bauwerk nach den Steinen ab, die ich vor dreißig Jahren als Treppe benutzte. Es gelingt mir
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