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Abschied Von Freistatt

Titel: Abschied Von Freistatt
Autoren: Robert Asprin
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Stellung mangelte es Euch wahrhaftig nicht an guten Gelegenheiten, die Beysa aus Bosheit oder für Geld zu hintergehen, und soviel ich weiß, habt Ihr nie auch nur eine einzige genutzt. In meinen Augen macht Euch das vertrauenswürdig - weitaus vertrauenswürdiger, als viele der Berater, die mir zugewiesen wurden oder die ich selbst ernannte.
    Das wichtigste jedoch ist die unbezweifelbare Tatsache, daß Ihr diese Stadt liebt. Wenngleich Eure Gefühle für Shupansea oder mich wechseln können, halte ich es für mehr denn unwahrscheinlich, daß Ihr irgend etwas tun oder zulassen würdet, was Freistatt auf irgendeine Weise schaden könnte.
    Es klingt vielleicht ironisch oder widersprüchlich, aber ich bin der festen Überzeugung, daß Ihr das Wohlergehen und die Interessen Freistatts am besten wahren könnt, wenn Ihr die Stadt verlaßt - indem Ihr unsere Augen und Ohren, unser Wachhund, wenn Ihr wollt, während dieser kritischen Zeit am beysibischen Hof seid. Würdet Ihr das für mich, oder vielmehr, für Freistatt tun, Geschichtenerzähler?«
    Hakiem verzog bei dieser Erinnerung das Gesicht, während er in seinen Wein stierte.
    Für Freistatt tun.
    Falls der Prinz sich je entschließen sollte, seiner königlichen Berufung den Rücken zu kehren, könnte er es als Schwindler oder Betrüger weit bringen. Daß Kadakithis ihn solcherart um einen Gefallen bat, sollte den Eindruck vermitteln, daß er seinen freien Willen respektierte, im Grunde aber konnte ihm der Geschichtenerzähler nur eine Antwort geben. Hakiem hatte keine größere Wahl als ein Mann aus dem Publikum, dem ein Bühnenzauberer um der Illusion oder eines Tricks willen eine bestimmte Karte zusteckte.
    Natürlich hätte der Prinz ihm auch ganz einfach befehlen können, den Posten anzunehmen. Dann hätte Hakiem die Wahl gehabt, Freistatt als hochgeehrter Gesandter zu verlassen -oder als Flüchtling vor dem Zorn eines Prinzen. Aber es sah ganz so aus, als habe Kadakithis den Wert eines Freiwilligen -so unwillig dieser im Grund genommen auch war - schätzen gelernt.
    Vage wurde Hakiem bewußt, wie widersprüchlich und sinnlos diese Überlegungen waren, und er schrieb sie dem beträchtlichen Weinkonsum zu.
    »Darf ich mich zu Euch setzen, Alter? - Oder seid Ihr zu beschäftigt mit den Vorbereitungen für Eure Seereise, als daß Ihr mir ein paar der Millionen Worte gönnt, die Ihr so freizügig an andere verschenkt?«
    Hakiem riß unwillkürlich den Mund auf, ohne daß ein Ton herauskam, was völlig ungewohnt für ihn war. Aber der Mann zog einen Stuhl an den Tisch, ohne auf eine Antwort zu warten, und ließ sich nieder wie ein riesiger schwarzer Vogel, der zu brüten beabsichtigt.
    »Jubal?« quetschte der Geschichtenerzähler schließlich hervor, als suche er Bestätigung für das, was seine Augen ihm ohnedies sagten. »Seid Ihr - ich meine, haltet Ihr das für klug?« Er schaute sich nervös im Dämmerlicht der Schenke um, doch es schien sich niemand für den Neuankömmling zu interessieren.
    »Ich habe mich schon so lange nicht mehr sehen lassen, daß sich kaum noch jemand an mein Aussehen erinnert«, entgegnete Freistatts Verbrecherkönig freudlos lächelnd. »Schon gar nach den >Veränderungen<, die ich hinter mir habe, seit ich eine >Person des öffentliches Lebens< war. Mit einer Verkleidung würde ich wahrscheinlich mehr auffallen als ohne - besonders im Wilden Einhorn. So bin ich nur ein weiterer alter Mann - wie Ihr.«
    Obgleich Jubal mit dieser Einschätzung offenbar recht hatte, fühlte Hakiem sich gar nicht wohl in seiner Haut, und das Unbehagen vertrieb die Alkoholnebel in seinem Kopf. Solange sie einander kannten - seit Hakiem nach Freistatt gekommen war -, hatte Jubal Geheimniskrämerei um seine Person betrieben. Ursprünglich hatte er sein Haus nie ohne vermummenden Umhang verlassen und stets eine der blauen Falkenmasken getragen, die seine Züge völlig verborgen hatten. Und nachdem er durch einen Zauber gealtert war, (6) der ihm geholfen hatte, die bei dem Überfall der Stiefsöhne auf sein Landhaus (7) erhaltenen schlimmen Verwundungen zu heilen, hatte er sich überhaupt nicht mehr in der Öffentlichkeit sehen lassen. Infolgedessen hatte Hakiem hier im Einhorn am Tisch mit dem ehemaligen Sklavenhändler, der keinerlei Anstalten machte, seine Identität zu verbergen, das Gefühl, dicht neben einer Zielscheibe auf einem Militärschießplatz zu sein.
    »Was macht Ihr hier?«
    »Ich habe von Eurer neuen Ernennung gehört.« Jubals Lippen verzogen
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