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Abschied Von Freistatt

Titel: Abschied Von Freistatt
Autoren: Robert Asprin
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flauschiges Tuch aus Seide und Wolle, das wahrscheinlich in einem Dorf im Norden erbeutet worden war, und Valira fühlte, wie sich die zarte Haut ihres Armes trotz der schwülen Hitze zur Gänsehaut zusammenzog. Eines der neuen Mädchen kam in den Frühstücksraum, ihre Augen waren schwer und nahmen die Umgebung nicht wahr, sie beschäftigte sich ausschließlich mit ihrer Tasse Tee.
    »Ich wollte ihn«, sagte Joia, »und nun habe ich Angst.«
    »Hattest du einen Alptraum?« fragte das andere Mädchen. Flaine war neu hier und hübsch, in der Art eines kleinen Kätzchens - ein weiterer Flüchtling aus den Straßen Freistatts.
    »Ich hoffe, daß es nur das war!« sagte Joia.
    »Ich hatte auch schlimme Träume.«, sagte Flaine. »Es müssen schlimme Träume gewesen sein - er versprach mir.« Ihre Schmollippen schlossen sich fest.
    »Etwas hat mich die ganze Nacht gezwickt!« sagte ein anderes Mädchen. »Konnte gar nicht schlafen, und als ich aufwachte, war es, als wäre ich grün und blau geschlagen!«
    Valira zog eine Braue hoch. Die Kleine wirkte abgespannt aber auf ihrer dunklen Haut waren keine Flecken zu sehen.
    »Wir scheinen hier eine Epidemie zu haben.«
    »Wäre Lythande noch in der Stadt, könnte ich Myrthis bitten, mit ihm zu sprechen«, meinte Joia unvermittelt. »Kennst du jemanden in der Magierzunft, den man mit unseren Diensten bezahlen könnte?«
    Valira lachte. »Wenn ein Magier geil wird, braucht er sich nur ein paar Sukkuben herbeirufen. Wie auch immer, ich habe noch keinen hier gesehen.«
    »Aber du bist in Freistatt aufgewachsen!« rief Joia aus. »Du mußt doch jemanden hier kennen!«
    Valira dachte nach, und der kleine Mann mit dem rötlichen Haar, durch dessen Malkunst sie ihre Seele gesehen hatte, kam ihr in den Sinn. Er hatte sie Myrthis empfohlen und sie gelehrt, daß selbst eine billige Hafenhure in Freistatt nicht ohne Zukunft ist. Und Gilla, seine Frau, war während der Aufstände während des falschen Pestalarms, als sie im Aphrodisiahaus wohnte,* immer freundlich gewesen.
    »Du kennst einen Magier!« stieß Joia, die sie aufmerksam betrachtete, hervor. »Bitte hilf mir, Valira - ich fürchte mich!«
    »Lalo ist eigentlich kein Magier - und seine Frau ist mehr als genug Weibliches für ihn«, erwiderte Valira bedächtig. »Ich weiß nicht, ob er helfen kann. Aber ich bringe dich zu ihm, dann werden wir sehen.« »Geh zur Magiergilde wenn du Formeln brauchst!« schimpfte Lalo. »Ich sagte dir bereits, ich arbeite nicht auf diese Weise!« Er schob die Diagramme über den Arbeitstisch zurück zu Darios. Seine Staffelei wartete neben dem Fenster, und die besten importierten Farben lagen bereit. Warum verschwendete er das Morgenlicht mit Gerede?
    »Jede Kunst hat ihre Regeln. Was kann es Euch schaden wenn Ihr versucht, systematisch zu denken?« fragte der junge Mann geduldig. »Warum, glaubt Ihr, ist es Euch mit diesem Torbogen aus Eurer Vorstellung gelungen, meinen Geist zu erreichen, als mein Körper in dem Gewölbe eingeschlossen war?«*
    »Weil ich das Ding selbst gemalt hatte.«, begann Lalo.
    »Aber nicht aus Eurer Phantasie!« Darios schüttelte den Kopf. »Die Details, die Euch so vertraut waren, entstammen der S'danzo-Tradition. Ohne diese Symbole könnte der menschliche Verstand die Anderwelt nicht begreifen. Die Bilder ermöglichen uns den klaren Blick für die Realität, ebenso wie wir unsere Gefühle durch Worte kontrollieren.« Der junge Magier hielt inne, um Luft zu holen. »Seht - hier ist die erste Ebene -, das ist die Welt um uns, die Welt, die Ihr kennt.« Er deutete auf die grobe Skizze.
    Lalo sah ihn finster an. Der Junge fiel völlig aus dem Rahmen. Er, Lalo, sollte eigentlich derlei Erklärungen geben und sich über die hitzköpfige Jugend beklagen, wenn sein Lehrling protestierte, so wie es sein eigener Lehrmeister getan hatte. Aber es war reiner Zufall gewesen, daß der junge Magier sein Schüler geworden war.
    »Du verschwendest deine Zeit, Darios. Warum gehst du nicht zurück zur Magiergilde? Jetzt, wo sich alles beruhigt hat, wollen sie die Schule wieder aufbauen«, stieß Lalo hervor. Es war noch nicht Mittag, aber schon heiß. Er fühlte, wie der Schweiß den dünnen Kittel an seiner Haut kleben ließ wie mit einen von
    Chollys Leimen. »Was, in Ils Namen, glaubst du eigentlich, daß du von mir lernen kannst?«
    »All das, was keiner von der Gilde weiß.« Darios fuhr sich mit den Fingern durch den gelockten schwarzen Bart. Obwohl er noch jung war, wallte ihm der
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