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2884 - Im Netz der Spinne

2884 - Im Netz der Spinne

Titel: 2884 - Im Netz der Spinne
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Geräusch einer einzigen Schusswaffe gehört zu haben. Aber hundertprozentig sicher war ich mir nicht. Ich blieb nahe an der Wand, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten.
    Ich sah vor mir nur einen dunklen Schatten in dem Korridor. Doch die Gestalt bewegte sich von mir weg.
    »FBI! Stehen bleiben!«
    Der Mann blieb abrupt stehen. Im Halbdunkel des Flurs konnte ich ihn nicht genau erkennen. Ich sprang die Treppenstufen hoch, bis ich ebenfalls die erste Etage erreicht hatte. Meine FBI-Marke hatte ich bereits am Revers befestigt.
    Langsam, als wäre er in Trance, drehte sich der Unbekannte zu mir um. Ich hielt meine SIG auf ihn gerichtet, konnte allerdings in seinen Händen keine Schusswaffe sehen. Aber er konnte natürlich trotzdem bewaffnet sein. Im Näherkommen sah ich, dass ich Jack Harlan vor mir hatte. Der Stalker wirkte etwas magerer als auf dem erkennungsdienstlichen Foto des NYPD. Außerdem war sein Gesicht angstverzerrt. Er trug ein YANKEES -Sweatshirt und eine zerschlissene Jogginghose, außerdem war er barfuß. Er sah so aus, als ob er in seinem Apartment überfallen worden wäre.
    »Sind – sind Sie wirklich Bundesagent?«
    »Schauen Sie meine Dienstmarke an, Harlan. Waren Sie es, der geschossen hat?«
    »Nein, ich – Vorsicht, G-man! Hinter Ihnen!«
    Jack Harlan starrte furchtsam an meiner Schulter vorbei. Ob er einen uralten Trick bei mir versuchen wollte? Ich zögerte, ob ich mich umdrehen sollte. Doch dann ertönte plötzlich Phils schneidende Stimme.
    »Runter mit der Waffe, Mister Bradshaw! Denken Sie noch nicht einmal daran, meinem Kollegen in den Rücken zu schießen. Ich habe auf Sie angelegt, und noch ein weiteres Mal warne ich Sie nicht.«
    Nun begriff ich, was geschehen sein musste. Lucys Vater Bruce Bradshaw hatte ebenfalls die Adresse des Stalkers in die Hände bekommen und beschlossen, Selbstjustiz zu üben. Jack Harlan war vor ihm weggelaufen. Doch Bradshaw verfolgte den Verdächtigen und stand nun hinter mir, während Phil von der Treppe aus den bewaffneten Bradshaw anvisierte.
    »Ich will Sie nicht erschießen, Cotton. Gehen Sie aus dem Weg, damit ich den verfluchten Entführer erledigen kann.«
    Das war die Stimme des wütenden Vaters. Ich drehte mich langsam in seine Richtung, wobei ich die Mündung meiner SIG auf den Boden gerichtet hielt. Ich wollte ein Blutvergießen auf jeden Fall vermeiden. Ich hatte hier einen verzweifelten Mann vor mir. Da musste ich andere Maßstäbe anlegen als bei einem eiskalten Gangster. Dennoch wollten und durften wir ihn mit seinem Vorhaben natürlich nicht durchkommen lassen.
    »Nein, Bradshaw, das werde ich nicht tun. Das FBI duldet keinen Lynchmord, merken Sie sich das. Außerdem – falls Jack Harlan schuldig ist, müssen wir erfahren, wo sich Lucy befindet. Er wird Ihr Kind wohl kaum in seinem Apartment versteckt haben.«
    »Was für ein Kind? Ich bin unschuldig.«
    Diese Worte drangen aus Harlans Kehle. Er hörte sich ausgesprochen jämmerlich an. Von dem Stalker ging momentan keine Gefahr aus. Aber dafür wurde Bruce Bradshaw immer unberechenbarer. Er kam langsam näher, wobei er seinen Revolver immer noch auf Jack Harlan richtete. Aber ich stellte mich schützend vor den Unbewaffneten.
    Wenn Bruce Bradshaw noch einen Schritt näher kam, dann würde Phil ihm ins Bein schießen. Ich wusste, dass ich mich hundertprozentig auf meinen Freund verlassen konnte. Aber jetzt hatte ich selbst plötzlich die Möglichkeit, die Situation unblutig zu beenden. Der Bewaffnete war nämlich nahe genug herangekommen. Blitzschnell streckte ich das linke Bein und trat gegen seine Revolverhand. Ein Schuss löste sich, aber das Projektil hackte nur in die Wand. Die Waffenmündung zeigte nun nicht mehr auf Jack Harlan und mich. Im nächsten Moment hatte ich den Tobenden angesprungen und von den Beinen gerissen.
    Phil und ich entwaffneten Lucys Vater und legten ihm Handschellen an. Mit seiner Verzweiflungsaktion hatte er seinem Kind nicht geholfen, aber sich selbst sehr geschadet. Während mein Partner und ich Bruce Bradshaw von der größten Dummheit seines Lebens abgehalten hatten, war der Vorsprung der Kidnapper nur noch größer geworden.
    ***
    Wir schafften sowohl Jack Harlan als auch Bruce Bradshaw zur Vernehmung an die Federal Plaza. Doch während der Stalker offenbar noch unter Schock stand, spielte der Investmentbanker die gekränkte Unschuld.
    »Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ohne meinen Anwalt sage ich kein Wort.«
    Der Familienanwalt der Bradshaws
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