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249 - Showdown

249 - Showdown

Titel: 249 - Showdown
Autoren: Stephanie Seidel
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Längst waren die Geräusche der Nacht verstummt; ihre Verursacher hatten sich zurückgezogen. Die Geschöpfe der Nacht räumten ihren Platz für das Volk des Lichts.
    Was noch lebte zwischen oder unter dem riesigen Pilzteppich, der das Land entstellte, begann sich jetzt zu regen. Blätter entfalteten sich, verschlossene Blüten öffneten ihre Kelche. Tau rann an Halmen und Stängeln herunter und tropfte zu Boden. Es war der Weckruf für die unterirdisch lebenden Ameisen. Mit wackelnden Fühlern kamen sie heraus, machten sich emsig an ihr Tagewerk. Die Bienen folgten, dann die Fleggen und Falter.
    In den Zelten und notdürftig errichteten Hütten um die Stadtruine von Wimereux blieb noch alles still. Wer Schlaf gefunden hatte in dieser Nacht, den drängte es nicht danach, sich erneut dem Anblick der zerstörten Wolkenstadt zu stellen. Selbst die Kinder, die es sonst nicht eine Minute länger als nötig auf ihrem Bettenlager hielt, blieben in den Unterkünften. Und auch die Helfer, die zwischen den Zelten umher huschten oder mit geborgenen Gütern beladen herankamen, bewegten sich fast lautlos und redeten nur gedämpft miteinander.
    Commander Matthew Drax mochte die Sonnenaufgänge am Victoriasee. Sie waren anders als in Euree – intensiver, größer. Ein atemberaubendes Meer aus gleißenden Farben, das den Himmel über Afra eroberte und ganz allmählich die Finsternis der Nacht verdrängte, bevor es in die gleißende Helligkeit des Tages überging.
    Heute allerdings wünschte sich Matt Drax, dass die Nacht nicht enden sollte. Denn das erste Morgenlicht riss nur die Spuren einer unfassbaren Katastrophe aus der Dunkelheit: Die Trümmer und Ballonfetzen auf der Ebene, die vielen Toten und das Meer weißlicher Pilzfäden über allem waren das Sinnbild einer der schwärzesten Stunden im Kaiserreich Pilatre de Roziers. Die Wolkenstadt Wimereux-à-l’Hauteur war samt ihren Bewohnern vom Himmel gestürzt.
    Oder eher: Gestürzt worden!
    Daa’tan und der Daa’mure Grao’sil’aana waren ihrem vermeintlich ausbruchsicheren Gefängnis bei der Andockstation entkommen. Einer der beiden – Matt nahm an, dass es der Daa’mure war – musste einen Todesrochen herbei gerufen haben. Augenzeugen sprachen von einem Monsterwesen, das die fliegende Stadt rammte, bis sie fiel. Die Daa’muren waren längst Vergangenheit. Und doch schien ihre Tyrannei kein Ende zu nehmen.
    Es ist nur noch einer übrig, erinnerte sich Matt. Nur noch Grao’sil’aana. Sobald ich Daa’tan seinem Einfluss entzogen habe, ist der Außerirdische fällig. Er und sein verfluchter Todesrochen!
    Vor wenigen Minuten hatte Matt Drax den Gleiter, mit dem Victorius und er die ganze Nacht über Wrackteile angehoben und Verletzte geborgen hatten, ein letztes Mal gelandet. Nun verließ er das Fluggerät durch die Luke und sah sich nach Aruula um. Die schöne Barbarin war zwischen den Trümmern der Stadt unterwegs und half bei der Suche nach Vorräten und Gegenständen, die man noch gebrauchen konnte.
    Die Menschen waren erschöpft und hungrig, und es würde wohl noch ein, zwei Tage dauern, bis die ersten Hilfsrozieren aus Toulouse-à-l’Hauteur eintreffen würden, nach denen de Rozier geschickt hatte.
    Matt ließ seinen Blick über die Menschen schweifen, die sich wie Schatten zwischen den Zelten und Verschlägen bewegten. Sie waren traumatisiert, das merkte man ihnen an. Der Mann aus der Vergangenheit stellte sich vor, was vor allem die Kinder durchgemacht haben mussten – ihre Angst vor dem nahenden Todesrochen, die Stöße unter ihren kleinen Füßen beim Angriff auf ihre Stadt. Krachen, Bersten, Schreie.
    Und dann der Absturz! Wimereux war nicht einfach abgesunken wie ein Aufzug. Der Todesrochen hatte ihre Trägerballons attackiert, die Stadt aus dem Gleichgewicht gebracht. Matt schauderte beim Gedanken an die Häuser, die Maschinen und Menschen auf der kreisrunden Plattform, wie sie unaufhaltsam abwärts rutschten und über den Rand fielen. In der Tiefe verschwanden.
    Das Schlimmste dabei war: Diese furchtbare Zerstörung ging auf das Konto seines Sohnes, und es tröstete Matthew herzlich wenig, dass Daa’tan nur durch den Einfluss der Daa’muren so geworden war. Zu einem Monster in Menschengestalt!
    Matt wusste, dass Aruula und ihm eine schwere und gefährliche Aufgabe bevorstand, wenn sie Daa’tan zur Vernunft bringen wollten. Er hätte sich schon bei Daa’tans Gefangennahme die Zeit nehmen sollen, aber da war ihm eine Aussprache mit dem Jungen als
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