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249 - Showdown

249 - Showdown

Titel: 249 - Showdown
Autoren: Stephanie Seidel
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Todes.
    Inzwischen war das notdürftig errichtete Lager am Rand der Stadtruine mehr und mehr zum Leben erwacht. Aruula hörte die Laute, die der Wind ihr zutrug. Wortfetzen, das Klappern von Holzgeschirr. Kinderstimmen. Irgendwo knallte sogar eine Tür, man glaubte es kaum. Doch ein Geräusch fehlte, und seine Abwesenheit war auffälliger, als das Geräusch selbst es je hätte sein können.
    Niemand lachte.
    Mit Wimereux-à-l’Hauteur war auch die Lebensfreude gestorben, die der imposanten Wolkenstadt innegewohnt hatte. Es gab nichts Schönes mehr, nichts Gutes. Nur noch Trümmer und Tränen und Leid. Und die Toten.
    Wären wir nur eher nach Afra gekommen! Vielleicht hätten wir dieses furchtbare Unheil verhindern können!
    Aruula warf einen raschen Blick auf ihren Gefährten: Maddrax war mit seinen Gedanken weit weg, sah durch sie hindurch. Was mochte ihm gerade durch den Kopf gehen? Dachte er an die schwierige Aufgabe, die vor ihnen lag? Oder wünschte er sich fort von ihr? Fort von allem, zurück in seine eigene Welt? Die Barbarin dachte an den Flug von Waashton nach Afra, an die gemeinsamen Gespräche, seit denen sie diese wachsende, quälende Unruhe in sich trug. Maddrax war verändert. Er sprach von Daa’tan neuerdings als »seinem Sohn«, was er früher so gut wie nie getan hatte. Es schien ihn regelrecht zu dieser Aussprache gedrängt zu haben.
    Vielleicht hatte er ja gemerkt, wie sehr sie litt, und wollte ihr helfen. Aus Liebe. Daa’tan war ihr Kind, daran änderte auch sein Verhalten nichts.
    Ich habe ihn in mir getragen, dachte sie. Von ihm geträumt, auf ihn gewartet. Mir das Leben ausgemalt, das er haben würde.
    Verdrängte Bilder kamen hoch, von der Nacht am Kratersee, als sie ahnungslos in eine Daa’murenfalle tappte und man ihr das Ungeborene stahl. Es buchstäblich aus ihrem Leib riss.
    Aruulas Herz wurde schwer. Was hatten diese gnadenlosen Bestien aus Daa’tan gemacht! Ganze sechs Jahre war er jetzt alt. Eigentlich müsste er gerade seine Milchzähne verlieren und damit anfangen, es peinlich zu finden, wenn seine Mutter ihn vor anderen Leuten küsste. Stattdessen sah er aus wie ein junger Mann. War in unnatürlicher Geschwindigkeit herangewachsen und hatte gelernt zu töten.
    Doch in seinem Inneren, das wusste Aruula aus ihren Begegnungen mit ihm, war Daa’tan nur ein Kind. Ein kleiner verlorener Junge, der seine Ängste und seine Einsamkeit unter einem Panzer aus Eis verbarg. Verbergen musste, um in seiner Welt zu überleben.
    Was er begehrte, das nahm er sich. Tötete ohne Gnade, hasste seinen Vater mit erschreckender Intensität. Warum also drängte es Maddrax plötzlich nach einer Aussprache? Tat er es für Aruula? Galt seine Sorge eher den Menschen, die Daa’tan reihenweise zugrunde richtete? Oder wollte er…
    Die Barbarin erschrak vor ihrer eigenen Überlegung, wollte sie nicht einmal mit innerer Stimme aussprechen. Nein, das konnte nicht sein!
    Hör auf!, befahl sie sich. Was für ein dummer, beschämender Gedanke! Maddrax will nur das Beste für unseren Sohn! Er würde ihm nie etwas antun!
    »Woran denkst du?«, fragte Maddrax. Er stand neben ihr; sie hatte gar nicht bemerkt, dass er sich erhoben hatte. Als sie nicht antwortete, lächelte er ihr zärtlich zu und streckte die Hand aus. »Komm, wir müssen los.«
    Er zog sie hoch und küsste ihre Stirn. Es tat so gut. »Bedrückt dich etwas? Machst du dir Sorgen wegen der Begegnung mit Daa’tan?«
    »Nein… wegen dir«, platzte es aus Aruula heraus.
    Maddrax war erstaunt. Er tippte sich an die Brust: »Meinetwegen?«
    Jetzt oder nie! Aruula fasste sich ein Herz. »Warum ist dir Daa’tan auf einmal so wichtig? Was hast du mit ihm vor?«
    Ihr Gefährte sah sie an, helles Nichtverstehen im Blick und mit einer Furche zwischen den Augenbrauen. »Aruula, was redest du? Ist was passiert? Ich meine: Du willst doch auch, dass der Junge endlich mit dem Morden aufhört, oder nicht?«
    »Ich will ihn zurückgewinnen!«
    »Deshalb treffen wir uns ja mit ihm. Und was macht dir daran plötzlich Sorgen?« Er grinste freudlos. »Außer der Tatsache, dass unser Sohn ein klein wenig unberechenbar ist?«
    »Na ja, dass…«
    »Dass?«
    »Du bist so anders als sonst, Maddrax!« Endlich war es heraus. »Und ich kann mir nicht erklären, warum. Du nennst ihn neuerdings ständig Sohn, machst sogar Pläne für ihn – was hat dich verändert?«
    »Ach, Süße!« Maddrax lachte befreit, schloss sie in die Arme. Er küsste ihr Haar, ihre Wangen. »Und ich
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