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1Q84: Buch 3

1Q84: Buch 3

Titel: 1Q84: Buch 3
Autoren: Haruki Murakami
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führte ihn langsam in sich ein. Bis tief in ihr Inneres. Sie schloss in der Dunkelheit die Augen und holte tief Atem. Dann atmete sie so langsam wie möglich aus. Tengo spürte ihren warmen Atem auf seiner Brust. »Ich habe immer davon geträumt, so in deinen Armen zu liegen«, flüsterte Aomame ihm, in ihrer Bewegung innehaltend, ins Ohr.
    »Mit mir zu schlafen?«
    »Ja.«
    »Die ganze Zeit, seit du zehn warst?«, fragte Tengo.
    Aomame lachte. »Nein, ein bisschen älter war ich da schon.«
    »Ich habe mir genau das Gleiche vorgestellt.«
    »In mir zu sein?«
    »Ja«, sagte Tengo.
    »Und? Ist es so, wie du es dir vorgestellt hast?«
    »Ich kann es noch gar nicht richtig fassen«, sagte Tengo ehrlich. »Ich habe das Gefühl, ich träume.«
    »Aber es ist kein Traum!«
    »Es ist fast zu schön, um wahr zu sein.«
    Aomame lächelte in der Dunkelheit. Dann legte sie ihre Lippen auf Tengos. Eine Weile umspielten sich ihre Zungen.
    »Mein Busen ist nicht gerade üppig, oder?«, sagte Aomame.
    »Er ist genau richtig«, sagte Tengo und umschloss mit beiden Händen ihre Brüste.
    »Findest du wirklich?«
    »Natürlich«, sagte er. »Wäre er größer, wärst du nicht mehr du.«
    »Danke«, sagte Aomame. »Aber«, fügte sie hinzu, »es ist ja nicht nur das, meine Brüste sind auch unterschiedlich groß.«
    »Sie sind schön, so wie sie sind«, sagte Tengo. »Die rechte ist die rechte, die linke ist die linke. Man braucht nichts daran zu ändern.«
    Aomame legte ihr Ohr auf Tengos Brust. »Weißt du, ich war immer so allein. Und so vieles hat mich verletzt. Hätte ich dich nur früher wiedergesehen. Dann hätte ich nicht solche Umwege machen müssen.«
    Tengo schüttelte den Kopf. »So solltest du nicht denken. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt. Für uns beide.«
    Aomame weinte. Die Tränen, die sie so lange zurückgehalten hatte, strömten ihr nur so aus den Augen. Sie konnte sie nicht aufhalten. Laut wie dicke Regentropfen fielen sie auf das Laken, und Aomame zitterte am ganzen Körper. Tengo, noch immer tief in ihr, schlang die Arme um sie und hielt sie fest. Von nun an würde er sie immer so halten. Und das Glück, das er bei diesem Gedanken empfand, war viel größer, als er es sich je vorgestellt hatte.
    »Wir haben diese ganze Zeit gebraucht, um zu begreifen, wie einsam wir waren«, sagte er.
    »Könntest du dich jetzt bewegen?«, flüsterte Aomame. »Langsam, nimm dir Zeit.«
    Tengo tat, was sie sagte. Ganz langsam und sanft begann er, sich in ihr zu bewegen. Er atmete ruhig und lauschte dabei seinem Herzschlag. Aomame klammerte sich wie eine Ertrinkende an seinen kräftigen Körper. Sie hörte auf zu weinen, hörte auf zu denken, ging jenseits aller Vergangenheit und Zukunft ganz in Tengos Bewegungen auf.
     
    Als der Morgen kam, standen die beiden in den hoteleigenen Bademänteln vor der Fensterwand und tranken von dem Rotwein, den sie beim Zimmerservice bestellt hatten. Aomame legte nur ganz leicht die Lippen an ihr Glas. Sie brauchten noch keinen Schlaf. Aus ihrem Fenster im siebzehnten Stock konnten sie den Mond nach Herzenslust betrachten. Die Wolkenfelder hatten sich verzogen, und nichts versperrte ihnen die Sicht. Auch wenn sich der Mond, als die Sonne aufging, zurückzog, war er doch noch knapp über der Skyline der Hauptstadt zu sehen. Er hatte jetzt die Farbe weißer Asche und würde, nun da seine Aufgabe beendet war, bald untergehen.
    Aomame hatte an der Rezeption um ein Zimmer in einem oberen Stockwerk gebeten, auch wenn es teurer war. »Für uns ist die Hauptsache, dass man den Mond gut sehen kann«, hatte sie gesagt.
    Die Rezeptionistin behandelte das junge Paar, das einfach so hereingeschneit kam, sehr zuvorkommend. Zudem war das Hotel in dieser Nacht kaum belegt, und die beiden waren ihr auf den ersten Blick sympathisch. Nachdem sie einen Pagen auf das Zimmer geschickt hatte, damit er sich vergewissere, dass man vom Fenster aus den Mond gut sah, überreichte sie Aomame den Schlüssel für eine Junior Suite. Sie gewährte ihnen sogar einen Sondertarif.
    »Haben wir denn heute Vollmond?«, wandte die Rezeptionistin sich interessiert an Aomame. Unzählige Gäste hatten schon alles Mögliche von ihr gefordert, gewünscht oder erbeten. Aber Gästen, die ein Zimmer mit Blick auf den Mond wollten, war sie noch nie begegnet.
    »Nein«, sagte Aomame. »Noch nicht. Er ist jetzt ungefähr zu zwei Dritteln voll. Aber das ist egal. Hauptsache, man kann ihn sehen.«
    »Sie schauen sich wohl gern den Mond
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