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FebruarNachtsTraum

FebruarNachtsTraum

Titel: FebruarNachtsTraum
Autoren: Nicole Sowade
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    Wow, bin ich glücklich! Ich habe tolle Freunde, die mich so mögen, wie ich bin, ich habe eine Mama, die besseren Russischen Zupfkuchen backen kann als die Damen und Herren hinter dem Uralgebirge und ich habe den nettesten und bestaussehendsten Freund im ganzen Universum: Roman Bernstein.
    Ich lächle die gestrige MAGAZIN-Zeitung und das einzige Foto an, das bis jetzt von mir und meinem frisch gefundenen Mister Right existiert. Wir sehen super zusammen aus, ich in diesem tollen Designerkleid und Roman in seinem dunklen Anzug mit weißem Hemd. Wir stehen uns im weichen Kerzenlicht gegenüber, schauen uns tief in die Augen, haben die Arme umeinander geschlungen und knutschen, als ob es kein Morgen gäbe.
    »Süße, geht es dir wirklich gut?«, fragt mich Katharina zum x-ten Mal, seit wir Romans Wohnung verlassen und gemeinsam die Berge an Essensresten der gestrigen Party zu mir geschafft haben. Sie ist angehende Psychologin und darauf geschult, selbst die kleinsten Probleme frühzeitig zu erkennen und aus der Welt zu schaffen.
    »Ja, klar«, antworte ich total entspannt, setze mich diszipliniert an meinen Küchentisch und mache mich mit stoischer Ruhe über das erstbeste Stück Torte her, Gabelladung für Gabelladung. Zucker hilft in jeder Lebenslage, jedenfalls mir. Nicht, dass ich Hilfe bräuchte.
    Katharina traut dem Frieden nicht und lässt mich nicht aus den Augen.
    Erst als ich nach einem weiteren Stück Torte mit Marc de Champagne Creme-Füllung immer noch beteure: »Es geht mir wirklich spitze, Kathi! Ehrlich. Keine große Sache«, lässt sie mich allein.
    So weit, so gut.
    Von da an verdunkelt sich mein Gemütszustand allerdings minütlich. Die Torte reicht nicht mehr lange, ist mein erster Gedanke seit Stunde Null. Ich denke an Deutschland nach dem Krieg: Trümmer, Hungersnot, Männermangel! Genau so ist es. Der friedliche Zustand, in den ich mich eingelullt habe, zerplatzt kaum eine Stunde, nachdem Katharina gegangen ist.
    Boah, gehts mir schlecht! Und das liegt nicht an zu wenig Zucker.
    Ich sehe der harten Wahrheit ins Gesicht: Mein frisch gebackener neuer Freund Roman ist Manager des megacharmanten, russischen Schauspieler-Superstars Vladimir Tschewschenko. Der musste für drei Monate zu Dreharbeiten nach China. Die Idee zu dem Filmprojekt stammt von mir. Nur irgendwie ist mir vor lauter Verliebtheit entgangen, dass Roman ihn dabei natürlich begleiten muss. Und nun habe ich den Salat, ich bin allein hier in Berlin und mein Freund ist dort, wo der Pfeffer wächst.
    Gestern tauchte Vlad gut gelaunt mit zwei Taschen in Romans Küche auf.
    »Meine Güte, man sollte meinen, ich als sein Manager müsste derjenige sein, der hier zur Eile antreibt!«, sagte Roman lachend und küsste mich zärtlich.
    Ich wunderte mich, dass mein Freund einen Anzug trug und so geschäftsmäßig aussah. Bevor meinem etwas liebesverdrehten Kopf jedoch wieder einfiel, was das zu bedeuten hatte, riefen beide Männer schon: »Bis in drei Monaten!«
    Die Tür fiel ins Schloss und ich stand etwas zerzaust, barfuß, mit nichts weiter als einem Bademantel in Romans Küche. Und kein einziger Gedanke ging mir durch den Kopf. Puff! Vollkommene Leere.
    Leider hält dieser Zustand nicht ewig an. Im gleichen Maße wie meine Essensvorräte abnehmen, werden mir die Fakten immer bewusster.
    Wie konnte ich Roman nur einfach so mit einem zuckersüßen Lächeln gehen lassen! Hat mein Gehirn zu wenig Sauerstoff abbekommen oder haben die Glückshormone meine Urteilsfähigkeit außer Kraft gesetzt? Ich frage mich das nicht zum ersten Mal, aber vielleicht fällt ja irgendwann eine Antwort vom Himmel?
    Es ist Mittwoch. Roman ist seit gut 24 Stunden verreist. Und mit zunehmender Panik begreife ich, dass mir die Süßigkeiten langsam aber sicher ausgehen.
    Ich dachte immer, es wäre toll, frisch verliebt zu sein. Rosa Brille, Flugzeuge im Bauch, Songs von Nena und love is in the air und so. Von wegen! Tomaten auf den Augen und Steine im Magen. Alleine ist es sich verdammt schlecht verliebt.
    Drei Monate wird Roman weg sein. Ein Viertel des ganzen Jahres! Fast 100 Tage, rotieren meine grauen Zellen. In der Zeit könnte man weit mehr als 1.000 Runden mit der S-Bahn auf dem Stadtring drehen! Man könnte locker 1.600 Bäume pflanzen, das ist bestimmt der halbe Tiergarten, 20 Windräder aufstellen oder sogar ein gesamtes neues Forschungsprojekt mit allem Drum und Dran starten. Sprich: Das ist verdammt lange!
    »Kathi, wo steckst du? Ich bin hier
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