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FebruarNachtsTraum

FebruarNachtsTraum

Titel: FebruarNachtsTraum
Autoren: Nicole Sowade
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das Herz, wenn ich an ihn denke. Genau jetzt zum Beispiel. Aber diese seltsame Panik, die mich eben noch erfasst hat, ist weg. Ich fühle mich einfach wie ich selbst. Das gibt es doch nicht!
    »Es hat geklappt!« Ich bin völlig aus dem Häuschen. »Kathi, wie kann das sein? Ich hab doch die ganze Zeit auf deine Zahlen gehört und dann hast du einfach nach der Eins wieder mit 100 begonnen, ohne das mit mir abzusprechen und das wars!«
    »Sicher?« Katharina grinst und reicht mir einen weiteren Kinder-Riegel. Aus einer zweiten Schachtel.
    Moment mal! Warum liegt so viel Papier um mich herum? Das kann nur bedeuten, dass ich mehr Schokolade gegessen habe, als mir meine Erinnerung weismachen will. Entweder leide ich unter Alzheimer oder die Hypnose hat gewirkt. Sprachlos begreife ich, dass fast eine halbe Stunde vergangen sein muss. So lange benötigt man, um diese Menge Riegel zu futtern, aber nie im Leben, um 100 Zahlen aufzusagen.
    »Versuch mal aufzustehen, Lizzy!«
    Unsicher erhebe ich mich und wanke so, als würde ich nach einem langen Seegang wieder an Land sein und noch Matrosenbeine haben. Wehe, meine beste Freundin hat mir irgendeinen Tick anhypnotisiert!
    Doch ich stehe auf meinen Beinen und es passiert nichts. Fasziniert drehe ich eine Runde durch meine Wohnung, mache zweimal Kniebeugen und einmal Mädchenliegestütz. Puh, das sollte reichen. Mein Körper ist genauso schlecht in Form wie eh und je.
    Dann weiht mich Katharina stolz wie Oskar in die Geschehnisse der vergangenen Minuten ein. Sie hat die Zahlen eintönig eine nach der anderen aufgesagt und ich bin superleicht in einen tranceartigen Zustand verfallen. Dann hat sie mir suggeriert, dass ich ein ganz tolles Leben führe und einen ganz wunderbaren Freund habe. Und dass kein Grund besteht, traurig zu sein oder ihn zu vermissen, weil die drei Monate im Nu vorbeigehen werden. Ich bin platt, dass das so einfach geht und wirkt.
    Katharina als Berufsanfängerin mit begrenzter Erfahrung im Hypnotisieren von Menschen offensichtlich auch. »Und du fühlst dich wirklich normal, Lizzy?«
    Gedanklich checke ich meine Körperfunktionen. Hmm … wenn sie es genau wissen will … meine Haut prickelt. So, als wäre sie eingeschlafen. In den Fingerspitzen ist das Gefühl am stärksten, aber es tritt langsam den Rückzug an. Das ist nun wirklich nicht der Rede wert. Ich werfe mich Katharina um den Hals. »Danke, danke, danke!« Eindeutig normal.
    Dann verfalle ich in meinen typischen Aktionismus. Die Wohnung muss dringend gelüftet werden. Kuchenkrümel liegen herum, die ich schnellstens beseitigen sollte. Ich muss den Müll herausbringen. Und wenn ich schon einen ganzen Tag freihabe, könnte ich ja noch bummeln gehen, bevor ich ab morgen wieder mit voller Kraft für eine bessere Zukunft ackern werde. Das eine ist es, die Welt zu retten, das andere, dabei auch gut auszusehen. Katharina ist echt die Beste.
    »Und wie kann man die Hypnose wieder auflösen?«
    Katharinas Augen strahlen und sie klatscht begeistert in die Hände »Indem du jemanden küsst, den du wirklich liebst!«
    Perfekt! Ich liebe Hollywood-Romantik!

- 3 -
     
    I never pretend to be something I'm not …
    Huch? Was ist denn das für ein Klingelton? Katharina muss ihr Handy vergessen haben. Ich lasse es dudeln und sinke selig seufzend tiefer in die Badewannenschaumberge.
    … You get what you see, when you see what I've got …
    Oder vielleicht ist es meins? Aber meine Familie ertrage ich heute nicht. Die Shoppingtour durch den Prenzlauer Berg über den Alexanderplatz bis hin zur Friedrichstraße hat mich richtig geschlaucht und vom Tragen der zig Tüten sind meine eiskalten Winterfinger immer noch taub, trotz Handschuhen.
    … we live in the real world, I'm just a real girl …
    Der Anrufer ist penetrant und mir fällt ein, dass ich ja erst letzten Monat diese telefonischen Morddrohungen erhalten habe. Ich lausche auf die Geräusche in der Wohnung … I know exactly where I stand …
    Dann siegt die Neugierde und schließlich, als ich mein Handy als Quelle der Melodie ausmache, die Erkenntnis: Das ist mein Telefon! Stopp! Nicht auflegen! Ich schlittere auf nassen Füßen übers Parkett und verteile jede Menge Schaum.
    »Lizzy? Meine liebe, durchgeknallte Elizabeth …« Das ist Romans Stimme! Das bedeutet … ich fasse es nicht … etwas blechern … und ich höre jemanden im Hintergrund tief lachen. Vlad!
    »Da bin ich!«, keuche ich, angle mir das Telefon und wiederhole langsamer: »Da bin ich
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