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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)
Autoren: Sabine Ebert
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Unterernährung, kräftezehrenden Märschen sowie fehlenden festen Quartieren geprägt war. So starben auch ohne die Schlacht Hunderttausende, und die Gefahr, als Soldat abseits des Schlachtfeldes sein Leben zu verlieren, war mindestens genauso groß wie die, im Kampf tödlich verletzt zu werden.
     
    Ein Name ist für das Lazarettwesen um 1813 von besonderer Bedeutung: Jean Dominique Larrey. Zur Zeit der Völkerschlacht bei Leipzig war er Erster Heereschirurg der Armee Napoleons und diente auch danach Napoleon weiter als Oberwundarzt in der Armee. Larrey nahm an allen Feldzügen Napoleons teil und kümmerte sich auch an vorderster Front um das Leid der Verwundeten. Seine Prinzipien und Neuerungen machten das französische Militärsanitätswesen zum fortschrittlichsten seiner Zeit, gefolgt von dem Preußens. Die von ihm entwickelten fliegenden Lazarette (»ambulance volante«) ermöglichten eine Erstversorgung der Verwundeten direkt auf dem Schlachtfeld.
    Ein ausgeklügeltes logistisches System erlaubte den Transport der Verletzten bis in die französischen Heimatlazarette. Allerdings geriet dieses System mit zunehmender Dauer eines Feldzuges immer mehr in Auflösung, und insbesondere nach großen Schlachten überstieg die Zahl der Verwundeten die vorhandenen Transportmöglichkeiten.
    Larrey legte höchsten Wert auf eine schnelle Operation. Damit ist nicht nur der Zeitraum zwischen Verwundung und Erstbehandlung gemeint, sondern auch die Operation selbst. Der Chirurg führte zudem die Exartikulation des Beines im Hüftgelenk als neuartige Operationstechnik ein. Dabei wurde die Extremität nicht mehr komplett mit dem Knochen abgesägt, sondern nur noch das entsprechende Gelenk herausgelöst. Die Operationszeit verkürzte sich damit, und die Überlebenschancen stiegen. Die Wunde konnte zudem wesentlich sauberer verheilen.
    Zur Verbesserung der Ausbildung veranstaltete Larrey regelmäßig Operationskurse. Nach seinen humanistischen Vorstellungen sollte jeder einzelne Verwundete Hilfe erhalten; dabei entschied die Schwere der Verwundung über die Dringlichkeit der Bergung und Behandlung, nicht der Rang oder die nationale Zugehörigkeit der Betroffenen.
    Trotzdem reichten die Möglichkeiten der Versorgung und des Transportes im andauernden Kriegsfall, und so auch 1813 , nicht annähernd aus. Die beschriebenen Neuerungen und Prinzipien hatten daher nur eine begrenzte Wirkung. Das Rote Kreuz wurde erst 50 Jahre später ins Leben gerufen.
     
    Die Feldlazarette als Ort der Erstversorgung boten ein erbärmliches Bild. Sie waren in Schlössern, Kirchen, öffentlichen Gebäuden oder auch nur in Scheunen eingerichtet und schnell überfüllt. Oft standen nicht einmal feste Gebäude zur Verfügung, so dass die Chirurgen ihre Arbeit letztlich unter einer einfachen Zeltbahn verrichten mussten. Die Verwundeten und Kranken lagen dabei inmitten von Ungeziefer auf dem Boden, im günstigsten Fall auf Stroh, oft gar auch nur im Freien ohne jegliche Unterlage. Ihre Überlebenschancen, ob schon behandelt oder nicht, standen angesichts dieser Zustände äußerst schlecht.
     
    Die häufigste und oftmals einzige Behandlungsform war die Amputation der betroffenen Gliedmaßen. Allerdings standen für die Behandlungen zu dieser Zeit noch keine Narkosemittel zur Verfügung. Die Masse an Verwundeten in den großen Schlachten war so groß, dass es keine Seltenheit war, wenn ein einzelner Chirurg in den ersten Tagen nach der Schlacht mehrere hundert Amputationen durchführte. Selbst Knochenbrüche, meist offene, wurden mittels Amputation »behoben«. Wenngleich viele Patienten diese Prozedur überlebten – die mangelnde Hygiene, Wundbrand und Starrkrampf verursachten unter den Behandelten die höchste Sterblichkeitsrate.
     
    Für jene, die das Glück hatten, all das, wenngleich invalid, zu überleben, gab es die Möglichkeit, in der Heimat in Invalidenheimen versorgt zu werden. Für die überwiegende Mehrzahl der Schwerverwundeten blieb das aber nur ein Traum.
     
     
     
    Besonders eindrucksvoll beschrieben Augenzeugen die Ereignisse rund um die Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 . Dabei zeigen sie die chaotischen Umstände, unter denen Kranke und Verwundete ihr Dasein fristen mussten:
    »Sterbende krochen nach irgendeinem Ruheplatz, um dort ihren Geist aufzugeben; Halbtote wurden noch von den Russen ausgezogen, und so mußten diese Armen bei der kalten Jahreszeit nackend in Nässe und Schlamm elendiglich umkommen.« (Johann Daniel
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