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Alien Earth - Phase 3

Titel: Alien Earth - Phase 3
Autoren: Frank Borsch
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KAPITEL 1
    Der 2. November 2066. François würde diese Nacht niemals vergessen. Sie war der Anfang des Endes.
    Eustace kam wie immer nach Einbruch der Dunkelheit zu ihm. Und wie immer war seine erste Frage: »Hast du zu essen?«
    »Ja.« François zeigte auf den gedeckten Tisch an der Seite der Halle, die das gesamte Obergeschoss der Villa einnahm. Eustace legte Gewehr und Rucksack ab, und François beeilte sich, seinem Leibwächter, der zu seinem Liebhaber geworden war, den Weg freizugeben. In seiner Hast streifte Eustace ihn mit dem Armstumpf, als er an ihm vorbei zum Tisch rannte, der im Halbdunkel lag.
    Das Wenige an Helligkeit, das in die Halle fiel, stammte von den Lichtern Freetowns, das sich unter ihnen über die Hügel bis zum Meer erstreckte. François hatte bald gelernt, dass sein Liebhaber so am ungezwungensten war: Eustace war ein Mann, der in der Dunkelheit gedieh, das Halbdunkel ertrug und das Licht mied.
    Der Leibwächter verneigte sich und flüsterte seinen Dank. Die Akustik der Halle trug seine Worte an François’ Ohren: »Gepriesen seist du, großer Jan de Hart. Dir und deiner Human Company verdanke ich diesen Genuss!«
    Einen Augenblick lang verharrte Eustace in Ehrfurcht. Dann machte er sich über das Essen her, das der große Jan de Hart zu Lebzeiten nicht angerührt hätte, selbst wenn er kurz vor dem Verhungern gestanden hätte. Er hatte das Gute gewollt. Und wer Gutes wollte, musste auch Gutes essen, so Jan. Die Fertigmahlzeiten auf dem Tisch, in schreiend bunte Plastikverpackungen
gepresst - Importe aus den USAA, der einzigen Nation der Welt, die noch glaubte, sie könne sich eine solche Ölverschwendung leisten -, hätten ihn in einen Wutanfall getrieben. Es war ungefähr das Letzte, was Jan unter einer guten Mahlzeit verstanden hätte - und für Eustace die Erfüllung eines Traums, für den sich François nicht zu schade war. Er war nicht Jan. Außerdem war Jan tot. Er selbst musste weiterleben, irgendwie.
    François ging an den Tisch, setzte sich auf den freien Stuhl und beobachtete seinen Liebhaber. Anfangs hatte es ihn verletzt, dass Eustace ihn über einen mit Junkfood überladenen Tisch einfach vergaß, aber nachdem seine erste, trotzige Wut abgeklungen war, hatte er erkannt, dass der Leibwächter ihn damit nicht kränken wollte. Sein Verhalten war einfach eine Folge dessen, was Eustace ausmachte: Leidenschaft.
    Grenzenlose Leidenschaft, die blind machte für alles, was nicht das augenblickliche Objekt ihrer Begierde darstellte.
    Es knisterte, als Eustace die Verpackungen aufriss und mit seinem gesunden Arm den Inhalt herausstülpte. Er griff in eine Plastikschale. Seine Finger schlossen sich um ein halbes Dutzend Schokoladenkekse und stopften sie in den Mund. Brösel und Keksstücke, an denen Schokolade haftete, regneten auf die Tischdecke herab, als er den übergroßen Bissen kaute. Eustace wischte die Hand am Hemd seiner Uniform ab und griff sich einen Hotdog. Die Wurst war zusammen mit Senf, Ketchup und Mayonnaise in den Teig eingebacken. Er schob den Hotdog gegen den Stumpf, in dem sein linker Arm endete, und versuchte ihn mit den Fingern der verbliebenen Hand zu öffnen. Es gelang ihm. Aber nicht so, wie er es gewollt hatte: Der Hotdog schnellte aus der Verpackung, als bestünde er aus Gummi, schoss davon und rollte über den Hallenboden. Eustace sah ihm nach. Er beugte sich vor, um sich den Hotdog mit einem langen Satz zu sichern. Dann entsann er sich, wo er war, warf François einen ebenso dankbaren wie lauernden Blick zu, grunzte und griff nach der nächsten Packung.

    François machte keine Anstalten, ihm zu helfen. Einmal hatte er vor dem Eintreffen seines Liebhabers alle Verpackungen geöffnet, um es dem Einhändigen leichter zu machen. Es hatte nicht viel gefehlt, und Eustace hätte auf François angelegt und das Magazin seines TAR-21 in den Mann gejagt, den unter allen Umständen zu beschützen er geschworen hatte. So, als hätte François ihn mit dem Aufreißen der Verpackungen in einem Akt unnötiger Grausamkeit um den besten Teil des Abendessens betrogen. Eustace war weder willens, sich in seinem Wirklichkeit gewordenen Traum der Völlerei stören zu lassen, noch war er erbaut darüber, daran erinnert zu werden, dass er eigentlich ein einarmiger Bürgerkriegskrüppel war, der es nur dem großen Herzen und der Menschenkenntnis Jan de Harts zu verdanken hatte, zum Leibwächter aufgestiegen zu sein. Seitdem hielt sich François zurück und stellte fest, dass er es auf
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