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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)
Autoren: Sabine Ebert
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Bernadotte, ehemaliger Marschall der Grande Armée.
    Nun war Blücher also nicht mehr sein Gegner, sondern sein Verbündeter. Und sein einstiger Freund und Kaiser der Feind. Wie ein Stachel im Fleisch wühlten in Bernadotte immer noch die beleidigenden Worte, mit denen Napoleon ihm die Schuld an den Verlusten in den Schlachten bei Aspern und Wagram im Mai und Juni 1809 gegeben hatte. Und abermals lebte die Erinnerung auf, mit wie viel Sturheit und Stolz der alte Haudegen Blücher noch nach der preußischen Niederlage bei Jena und Auerstedt Widerstand geleistet und für seine Truppen Kapitulationsbedingungen erzwungen hatte. Das nötigte ihm, Bernadotte, damals so viel Respekt ab, dass er dem Besiegten den Degen zurückgab.
    Doch als Adoptivsohn des Königs von Schweden hatte er zuallererst schwedische Interessen zu wahren. Also mitzukämpfen, wofür Schweden Norwegen bekommen würde, das noch zum napoleonischen Dänemark gehörte, und dafür zu sorgen, dass möglichst viele seiner Soldaten überlebten. Mit zusammengezogenen Augenbrauen wies er deshalb seinen Stabschef an: »Unsere Truppen sollen nicht zu schnell marschieren. Wir lassen die Preußen, Österreicher und Russen den ersten Angriff führen.«
     
    Napoleon Bonaparte, Kaiser der Franzosen und Herrscher über nahezu ganz Europa, zeigte sich nicht im Geringsten beunruhigt, als ihm sein Generalstab von den Truppenbewegungen der feindlichen Armeen berichtete.
    »Der König von Preußen ist ein Holzkopf und Schwächling, selbst seine Luise hatte mehr Schneid!«, rief er und schnaubte verächtlich. »Der Zar ist ein Weiberheld und ein Träumer, dessen einzig tauglicher Marschall begraben liegt, und der Kaiser von Österreich mein Schwiegervater. Der wird nicht gegen mich kämpfen. Und was Bernadotte angeht – der Verräter hat nicht die Courage, gegen mich anzutreten.
Keiner
von denen hat sie.
Niemand
bezwingt Napoleon!«
    Wütend hieb er mit der Faust auf den Kartentisch, dann streckte er das Kreuz durch und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
    »Wir ziehen alle Truppen zusammen, die wir aufbieten können. Diesmal schicken wir auch die Garden ins Feuer. Und bringt mir umgehend den sächsischen König! Ich muss dem ängstlichen alten Mann noch einmal einschärfen, dass uns der Sieg sicher ist, damit er treu bei Fuß bleibt.«
     
    Ohne zu ahnen, dass die anderen Herrscher gerade Gleiches taten, schritten der Kaiser von Frankreich, der König von Preußen, der Zar von Russland, der Kaiser von Österreich und der Thronerbe von Schweden an einen Tisch mit ausgebreiteten Karten. Unabhängig voneinander suchte jeder von ihnen den Ort, an dem die entscheidende Schlacht stattfinden würde. Fast zur gleichen Zeit stießen sie mit dem Zeigefinger auf einen Punkt, der die logische Wahl für den Austragungsort dieser Schlacht war – die Tiefebene um Leipzig, flussreich und mit guten Straßen in alle Richtungen.
    Unabhängig voneinander berechneten sie auch den wahrscheinlichsten Tag für den Beginn der Schlacht: den 16 . Oktober 1813 .
    Mehr als eine halbe Million Männer würden sich dort gegenüberstehen und kämpfen, mehr als je zuvor in der Geschichte der Menschheit. Diese Schlacht sollte vier Tage andauern und hunderttausend Leben kosten.
    Eine neue, schreckliche Dimension des Tötens.

ERSTER TEIL
    FRÜHLING DES KRIEGES –
ZEIT DER ENTSCHEIDUNGEN

Unerwarteter Besuch
    Freiberg, 3 . Mai 1813 , Haus des Buchdruckers Gerlach am Untermarkt
    D as war ein merkwürdiges Klopfen an der Tür. Beharrlich und dennoch viel zu schwach, als dass dort Militärs Einlass fordern könnten. Aber so aufdringlich würde auch kein Bettler klopfen.
    Von dem leisen Hämmern mit jäher Sorge erfüllt, entschied die etwas füllige Hausherrin, selbst nachzuschauen, wer dort vor der Tür stand, obwohl sie schon auf halbem Weg nach oben war und ihr die Füße in den zu engen Schuhen schmerzten. Johanna Christiana Charisius, jung verwitwete Barthel und seit zweiundzwanzig Jahren Ehefrau des angesehenen Buchdruckers Friedrich Gerlach, rückte die mit Spitzen verzierte Haube zurecht, raffte den Rock des blau-weiß gestreiften Kleides und hastete die Treppe wieder hinab.
    Auch wenn die Sonne noch so strahlte und alles friedlich schien an diesem Montagmorgen – dies waren unruhige, gefährliche Zeiten, Zeiten des Krieges, und man tat gut daran, sich zu vergewissern, wem man die Tür mehr als nur einen Spalt weit öffnete.
    Doch als Johanna die Besucher erkannte, ließ sie vor Schreck die
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