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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist
Autoren: Elizabeth George
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konnte, war die Luft rein.
    Glastüren führten auf die Terrasse, und Kimmo ging darauf zu. Ein kurzer Schlag mit dem Nothammer - eigentlich dafür vorgesehen, im Notfall eine Autoscheibe zu zertrümmern - reichte aus, um ihm Zugang zur Klinke zu verschaffen. Er öffnete die Tür und betrat das Haus. Die Alarmanlage heulte los wie eine Feuersirene.
    Der Lärm war ohrenbetäubend, aber Kimmo ignorierte ihn. Er hatte fünf Minuten, vielleicht sogar länger, ehe die Sicherheitsfirma anrief, um hoffnungsvoll nachzufragen, ob der Alarm vielleicht nur versehentlich ausgelöst worden sei.
    Wenn niemand abhob, riefen sie die Kontaktnummern an, die man ihnen gegeben hatte. Führte auch das nicht dazu, das unablässige Geheul zum Verstummen zu bringen, riefen sie vielleicht die Polizei, die dann vielleicht vorbeischaute, um nach dem Rechten zu sehen, vielleicht aber auch nicht. Auf jeden Fall lag diese Eventualität mindestens zwanzig Minuten in der Zukunft, was wiederum zehn Minuten länger war, als Kimmo brauchen würde, um zu finden, wonach er in diesem Haus suchte.
    Er war Spezialist auf diesem Gebiet. Die Computer, Laptops, CD-und DVD-Player, Fernseher, Schmuckstücke, Digitalkameras, Palm Pilots und Videorekorder überließ er anderen. Er suchte nach etwas Bestimmtem in den Häusern, in die er einstieg, und das Wunderbare daran war, dass die Gegenstände, die er suchte, immer offen sichtbar und meistens in den Räumen des Erdgeschosses standen. Kimmo ließ den Lichtstrahl seiner Taschenlampe herumwandern. Er befand sich im Esszimmer, und hier gab es nichts abzuräumen. Doch im Wohnzimmer sah er schon vier Stück auf einem Klavier funkeln. Er ging sie holen: Silberrahmen, die er von ihren Fotos befreite - man sollte schließlich rücksichtsvoll sein -, ehe er sie behutsam in seinem Kissenbezug verstaute. Ein weiterer Rahmen fand sich auf einem der Beistelltische. Er steckte ihn ein und begab sich auf die Vorderseite des Hauses, wo in der Diele auf einem Halbmondtisch unter einem Spiegel zwei weitere Silberrahmen aufgestellt waren, zusammen mit einer Porzellandose und einem Blumenarrangement, die er ließ, wo sie waren.
    Die Erfahrung lehrte, dass er gute Chancen hatte, den Rest seiner Beute im Elternschlafzimmer zu finden, also lief er eilig die Treppe hinauf, während die Alarmsirene weiter in seinen Ohren gellte. Das Zimmer, das er suchte, war in der obersten Etage, nach hinten gelegen, mit Blick auf den Garten, und er hatte gerade die Taschenlampe eingeschaltet, um sich zu orientieren, als die Sirene abrupt verstummte und das Telefon zu klingeln begann.
    Kimmo erstarrte, die eine Hand um die Taschenlampe gelegt, die andere halb nach einem Bilderrahmen ausgestreckt, der das Foto eines Paares in Hochzeitsstaat präsentierte, das sich unter blühenden Zweigen küsste. Nach einem Moment brach das Telefonklingeln ebenso abrupt ab wie der Alarm zuvor, unten ging das Licht an und jemand rief: »Hallo?«, und dann: »Nein. Wir kommen gerade erst nach Hause ... Ja. Ja. Die Sirene heulte, aber ich hatte noch keine Gelegenheit ... O mein Gott! Gail, lass die Finger von dem Glas!«
    Dies reichte aus, um Kimmo klar zu machen, dass die Dinge eine unerwartete Wendung genommen hatten. Er hielt sich nicht damit auf, zu rätseln, was die Familie zu Hause zu suchen hatte, obwohl sie doch eigentlich bei Gran sein sollte oder in der Kirche, beim Yoga, in der Therapie oder wohin sie auch immer gehen mochten, wenn sie das Haus verließen. Stattdessen hastete er zum Fenster links neben dem Bett, während unten eine Frau schrie: »Ronald, es ist jemand im Haus!«
    Kimmo brauchte nicht Ronalds polternde Schritte auf der Treppe zu hören oder Gails Rufe: »Nein! Warte!«, um zu begreifen, dass er sich schleunigst verdrücken sollte. Er kämpfte kurz mit dem Schloss des Fensters, schob es dann hoch und stieg mit dem Kissenbezug hindurch, als Ronald gerade in das Schlafzimmer stürmte, bewaffnet mit einem Gegenstand, der wie eine Grillgabel aussah.
    Kimmo landete mit einem gewaltigen, dumpfen Aufprall und einem Stöhnen auf dem Vordach zweieinhalb Meter tiefer und verfluchte den Umstand, dass kein Blauregen die Fassade emporrankte, an dem er sich wie Tarzan hätte in die Freiheit schwingen können. Er hörte Gail rufen: »Hier ist er! Hier ist er!« und Ronald von oben am Fenster schreien. Ehe er den Garten zur rückwärtigen Mauer durchquerte, wandte er sich noch einmal zum Haus um und schenkte der Frau im Esszimmer ein Grinsen und einen frechen
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