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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist
Autoren: Elizabeth George
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Salut. Sie hielt ein schlaftrunkenes Kind mit schreckgeweiteten Augen im Arm, ein zweites hatte die Hand in ihre Hose gekrallt.
    Dann rannte er. Der Kissenbezug schlug ihm bei jedem Schritt gegen den Rücken, und Kimmo lachte in sich hinein. Er bedauerte nur, dass er nicht dazugekommen war, die Rose zu hinterlassen. Als er die Mauer erreichte, hörte er Ronald auf die Terrasse stürmen, aber noch bevor der arme Kerl im Schatten der Bäume ankam, war Kimmo die Mauer hochgeklettert und hinübergesprungen und flüchtete über das unbebaute Grundstück. Wenn die Bullen schließlich kamen - was in einer Stunde oder morgen Mittag sein konnte -, war er längst über alle Berge, nur noch eine verschwommene Erinnerung der Dame des Hauses: ein geschminktes Gesicht unter einer Sweatshirt-Kapuze.
    Gott, das hier war das Leben! Das hier war das Beste! Wenn sich herausstellte, dass die Beute Sterlingsilber war, würde er am Freitagmorgen um ein paar hundert Pfund reicher sein. Konnte irgendetwas besser sein? Kimmo glaubte nicht. Was machte es schon, dass er gesagt hatte, er wolle für ein Weilchen ehrlich werden. Er konnte all die Zeit, die er bereits in diesen Job investiert hatte, nicht einfach so abschreiben. Da war er doch blöd, und wenn es eines gab, was Kimmo Thorne nicht war, dann blöd. Kein bisschen. Keine Chance, meine Herren.
    Er war vielleicht eine Meile weit geradelt, als er merkte, dass ihm jemand folgte. Es war allerhand Verkehr auf den Straßen - wann war in London kein Verkehr? -, und ein paar Autos hatten gehupt, als sie ihn überholten. Zuerst dachte er, sie hupten seinetwegen, so wie Autos es oft taten, wenn sie ein Fahrrad zur Seite drängen wollten, aber dann ging ihm auf, dass ihre Ungeduld einem langsam fahrenden Wagen hinter ihm galt, der keine Anstalten machte, ihn zu überholen.
    Der Schreck fuhr ihm in die Glieder, denn er fragte sich, ob Ronald es irgendwie geschafft hatte, ihm zu folgen. Er bog in eine Seitenstraße, um sich zu vergewissern, dass es keine Einbildung war und er wirklich verfolgt wurde, und tatsächlich: Die Scheinwerfer in seinem Rücken bogen mit ab. Er war im Begriff, einen Spurt einzulegen, als er neben sich das Brummen eines Motors hörte und dann eine freundliche Stimme, die seinen Namen sagte.
    »Kimmo? Bist du's? Was treibst du in diesem Teil der Stadt?«
    Kimmo ließ das Fahrrad ausrollen und bremste. Er wandte den Kopf, um festzustellen, wer ihn angesprochen hatte. Als er den Fahrer erkannte, lächelte er und sagte: »Wieso ich? Das Gleiche könnte ich dich fragen.«
    Der andere erwiderte das Lächeln. »Sieht so aus, als wär ich auf der Suche nach dir. Soll ich dich ein Stück mitnehmen?«
    Das käme gelegen, dachte Kimmo, falls Ronald ihn mit dem Fahrrad hatte flüchten sehen und die Bullen schneller als üblich reagiert hatten. Er wollte jetzt wirklich nicht unbedingt draußen auf der Straße sein. Er hatte außerdem immer noch zwei Meilen vor sich, und es war kalt wie in der Antarktis. Er antwortete: »Aber ich habe das Rad.«
    Der andere lachte leise. »Das ist kein Problem, wenn du keins draus machst.«

1
    Detective Constable Barbara Hävers stellte fest, dass sie ein Glückspilz war: Die Einfahrt war leer. Sie hatte beschlossen, ihre Einkäufe mit dem Wagen und nicht zu Fuß zu erledigen, was immer mit gewissen Risiken verbunden war in dieser Gegend von London, wo ein jeder, der glücklich genug war, einen Parkplatz in der Nähe seines Wohnhauses zu finden, sich mit einer Hingabe daran klammerte wie eine geläuterte Seele an ihren Retter. Doch sie hatte allerhand einzukaufen gehabt, und die Vorstellung, die Sachen in der Kälte vom Lebensmittelladen bis nach Hause tragen zu müssen, hatte sie schaudern lassen. Also hatte sie sich fürs Auto entschieden und das Beste gehofft. Ohne Gewissensbisse belegte sie die Einfahrt des gelben, edwardianischen Wohnhauses, hinter dem ihr winziger Bungalow lag, mit Beschlag. Sie lauschte dem Husten und Röcheln ihres Minis, während sie den Motor abstellte, und nahm sich zum fünfzehnten Mal in diesem Monat vor, einen Mechaniker nach dem Wagen schauen zu lassen, der - so konnte man nur hoffen - nicht ihr letztes Hemd dafür verlangen würde, den Fehler zu reparieren, der dazu führte, dass ihr Auto rülpste wie ein magenkranker Rentner.
    Sie stieg aus und klappte den Sitz nach vorn, um die erste ihrer Einkaufstüten vom Rücksitz zu holen. Sie trug vier Tüten auf dem Arm, als sie ihren Namen hörte.
    Jemand sang: »Barbara!
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