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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist
Autoren: Elizabeth George
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Patschuli bis Fish and Chips. Hier hatten die Geschäfte Logos in Gestalt riesiger Katzen oder einer gigantischen unteren Torsohälfte in Blue Jeans und Riesenstiefeln oder eines Flugzeugs mit der Nase nach unten ... Diese Firmenschilder hatten meistens nur einen marginalen Bezug zu den angebotenen Waren in den jeweiligen Läden, die hauptsächlich Dinge in Schwarz und aus Leder verkauften. Schwarzes Leder. Schwarzes Kunstleder. Schwarzer Webpelz auf schwarzem Kunstleder.
    Hadiyyah nahm all dies mit dem Gesichtsausdruck einer Novizin in sich auf, was Barbara zum ersten Mal auf den Gedanken brachte, dass das kleine Mädchen nie zuvor auf der Camden High Street gewesen war, obwohl diese doch gar nicht weit von ihrem Haus entfernt lag. Hadiyyah folgte ihr, die Augen groß wie Radkappen, die Lippen geöffnet, das Gesicht verzückt. Barbara musste sie zwischen den Menschen hindurchführen und legte eine Hand auf ihre Schulter, um zu verhindern, dass sie beide im Gedränge getrennt wurden.
    »Toll, toll!«, flüsterte Hadiyyah. »O Barbara, das ist viel besser als eine Überraschung.«
    »Ich freu mich, dass es dir gefällt«, erwiderte Barbara.
    »Gehen wir in die Läden?«
    »Sobald ich deine Bildung aufgebessert habe.«
    Sie brachte sie in die Abteilung »Classic Rock 'n' Roll« des Megastores. »Das hier«, klärte Barbara sie auf, »ist Musik. Also ... womit fängst du am besten an ...? Ach, eigentlich ist das doch gar keine Frage. Denn letzten Endes gibt es nur einen Meister und dann den ganzen Rest. Also ...«
    Sie suchte die Abteilung »H« und dann innerhalb der Abteilung das einzige »H«, das zählte. Sie ging die CDs durch, schaute die Listen der Songs auf den Rückseiten an, während Hadiyyah neben ihr stand und die Fotos von Buddy Holly auf den Covern studierte.
    »Sieht ein bisschen komisch aus«, bemerkte sie.
    »Pass auf, was du sagst. Hier. Das ist das Richtige. Da ist ›Raining in My Heart‹ drauf, wovon du garantiert in Ohnmacht fällst, und wenn du ›Rave On‹ hörst, wirst du auf der Küchenanrichte tanzen wollen. Das, Herzchen, ist Rock 'n' Roll. Noch in hundert Jahren werden die Menschen Buddy Holly hören, das schwör ich dir. Nobuki hingegen ...«
    »Nobanzi«, verbesserte Hadiyyah geduldig.
    »... werden nächste Woche Schnee von gestern sein. Verschwunden und vergessen, während der Meister bis in alle Ewigkeit weiter rockt. Dies hier, mein Kind, ist Musik. «
    Hadiyyahs Gesichtsausdruck verriet ihre Zweifel. »Aber er hat so eine merkwürdige Brille«, wandte sie ein.
    »Na ja, schon. Aber so war damals eben die Mode. Er ist seit Ewigkeiten tot. Flugzeugabsturz. Schlechtes Wetter. Wollte unbedingt nach Hause zu seiner schwangeren Frau.« Zu jung, dachte Barbara. Zu sehr in Eile.
    »Wie traurig.« Hadiyyah sah das Foto von Buddy Holly nun mit anderen Augen.
    Barbara bezahlte die CD und riss die Plastikfolie ab, holte die CD aus der Hülle heraus und legte sie an Stelle von Nobanzi in den Discman ein. Dann sagte sie: »Tu deinen Ohren mal was Gutes«, und als die Musik einsetzte, führte sie Hadiyyah zurück auf die Straße.
    Wie versprochen brachte Barbara sie in einige der Läden, wo die »Heute in, morgen out«-Mode auf überfüllten Ständern und an den Wänden hing. Dutzende Teenager warfen mit Geld um sich, als sei eben in den Nachrichten der Weltuntergang angekündigt worden, und sie alle wirkten so uniform, dass Barbara ihre kleine Begleiterin anschaute und betete, Hadiyyah möge sich ihre Arglosigkeit, die sie zu einem so liebenswerten Menschen machte, für immer bewahren. Barbara konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sie sich je in einen Londoner Teenager verwandeln würde, der es nicht erwarten konnte, erwachsen zu werden, das Handy ans Ohr gepresst, angemalt mit Lippenstift und Lidschatten, ihr kleiner Arsch in enge Blue Jeans gezwängt; und hochhackige Stiefel, die ihre Füße ruinierten. Und ganz sicher konnte Barbara sich nicht vorstellen, dass der Vater des kleinen Mädchens seine Tochter in solch einer Montur je auf die Straße lassen würde.
    Hier und heute nahm Hadiyyah alles mit der Hingabe eines Kindes in sich auf, das zum ersten Mal im Leben auf der Kirmes ist, während Buddy Holly in ihr Herz rieselte. Erst als sie schon wieder auf der Chalk Farm Road waren, wo die Menschen womöglich noch lauter und bunter waren, nahm Hadiyyah die Kopfhörer ab und sagte schließlich: »Von jetzt an will ich jede Woche hierher. Kommst du mit mir, Barbara? Ich könnte mein
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