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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist
Autoren: Elizabeth George
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weder Gran noch Tante Sally ein Auto besaßen und er selbst keinen Führerschein hatte, den er einem Polizisten bei einer Kontrolle mit einem einnehmenden Lächeln hätte unter die Nase halten können, blieb ihm nichts anderes übrig, als zu radeln. Den Bus zu nehmen stand mehr oder minder außer Frage.
    Seine Route führte die Southwark Street entlang, dann durch den dichteren Verkehr der Blackfriars Road, bis er nach mehrmaligem Abbiegen Kennington Park erreichte. Von dort - Verkehr oder nicht - ging es praktisch schnurgerade nach Clapham Common und zu seinem Ziel: Ein frei stehendes, zweigeschossiges Wohnhaus aus rotem Backstein, das für seine Zwecke günstig gelegen war und das er in den vergangenen Monaten sorgfältig ausgekundschaftet hatte.
    Inzwischen kannte er den Tagesablauf der Familienmitglieder so genau, als lebte er selbst dort. Er wusste, die Leute hatten zwei Kinder. Mum hielt sich fit, indem sie jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhr, Dad nahm den Zug von der Clapham Station. Sie hatten ein Aupair-Mädchen, das an zwei festgelegten Wochentagen seine freien Abende hatte, und an einem dieser Abende - immer am gleichen - verließen Mum, Dad und die Kinder das Haus gemeinsam und fuhren zu ... Kimmo hatte keine Ahnung. Zum Abendessen bei der Großmutter, nahm Kimmo an, aber es konnte genauso gut ein langer Gottesdienst sein, eine Familientherapie oder Yogaunterricht. Entscheidend war, dass sie den Abend nicht zu Hause verbrachten und lange wegblieben. Wenn sie heimkamen, mussten die Eltern die Kleinen jedes Mal ins Haus tragen, weil sie im Auto eingeschlafen waren. Und das Aupair-Mädchen verbrachte den Abend mit zwei anderen Mädchen. Sie verließen zusammen das Haus und schnatterten auf Bulgarisch, oder was immer sie sprachen, und falls sie je vor Sonnenaufgang zurückkamen, so weit nach Mitternacht.
    Die Vorzeichen schienen günstig bei diesem Haus. Die Familienkutsche war der größte Wagen aus der Range-Rover-Reihe, ein Mal in der Woche kam ein Gärtner. Sie benutzten auch einen Wäschereiservice, der ihre Laken und Kissenbezüge gewaschen und gebügelt zurückbrachte. Dieses Haus, hatte Kimmo gedacht, war reif und wartete förmlich auf ihn.
    Das Sahnehäubchen war das Haus nebenan, vor dem ein einsames »Zu vermieten«-Schild an einem Pfosten im Wind schaukelte. Und um das Ganze perfekt zu machen, gab es auch noch einen einfachen Zugang von der Rückseite. Da erstreckte sich nämlich eine Ziegelmauer, die den Garten von einer unbebauten Wildnis trennte.
    Dorthin radelte Kimmo, nachdem er die Vorderseite des Hauses passiert hatte, um sich zu vergewissern, dass die Familie sich auch an ihren strikten Tagesablauf hielt. Dann fuhr er durch die Wildnis und lehnte sein Rad gegen die Mauer. Er benutzte den Kissenbezug, um seine Ausrüstung und die Rose zu transportieren, stieg auf den Fahrradsattel und kletterte mühelos über die Mauer.
    Der rückwärtige Garten war schwärzer als die Zunge des Teufels, aber Kimmo hatte früher schon einmal über die Mauer gespäht und wusste, was vor ihm lag. Gleich unterhalb der Mauer war ein Komposthaufen, dahinter stand eine Gruppe von Obstbäumen, die sich in dekorativer Unordnung über einen gepflegten Rasen verteilten. Breite Blumenbeete links und rechts davon bildeten die Rabatte. Eins der Beete zog sich um einen Pavillon, das andere zierte ein Gartenhäuschen. Vor dem Haus drüben gab es eine Terrasse mit ungleichmäßigen Pflastersteinen, auf welcher der Regen des letzten Gewitters Pfützen gebildet hatte, dann kam ein Vordach, an dem die Gartenbeleuchtung hing.
    Sie schaltete sich automatisch ein, als Kimmo näher trat. Er nickte ihr dankbar zu. Bewegungsmelder, hatte er schon vor langer Zeit erkannt, mussten die geistreiche Erfindung eines Einbrechers sein, denn wann immer sie sich einschalteten, schienen alle anzunehmen, dass nur eine Katze durch den Garten lief. Er hatte jedenfalls noch nie gehört, dass ein Nachbar die Polizei alarmierte, weil irgendwo ein Licht anging. Andererseits hatte er von Einbrecherkollegen gehört, wie viel einfacher der Zugang zur Rückseite eines Hauses durch diese von Bewegungsmeldern gesteuerten Lichter war.
    In diesem Fall waren die Lichter bedeutungslos. Die leeren Fenster und das »Zu vermieten«-Schild sagten ihm, dass niemand im Haus zur Rechten wohnte, und das linke Haus hatte weder Fenster zu dieser Seite noch einen Hund, der die eisige Nacht plötzlich mit wildem Gebell erfüllen würde. Soweit Kimmo es beurteilen
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