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Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman

Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman

Titel: Kein Anschluss unter dieser Nummer - Roman
Autoren: Lucy Hepburn
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1. Kapitel

    Christy
9.00 Uhr
     
    9.00 Uhr
Penn Station - im Zeitplan
     
     
    C hristy Davies hastete hinunter zum Bahnsteig der Penn Station. Fluchend fragte sie sich, ob sich ihre Schwester Annie in einem früheren Leben mit Graham Bell, dem Gründer der Telefongesellschaft überworfen hatte. Wie konnte es sonst sein, dass auf Annies Handy ständig nur die Mailbox erreichbar war? Ausgerechnet heute! Christy probierte es jetzt schon zum dritten Mal innerhalb einer Stunde. Wie würde sich Annie dieses Mal herausreden? Vielleicht war ihr Handy tief in ihrer Handtasche vergraben und sie hörte das Klingeln nicht? Oder das Klingeln hörte sich in Annies kleiner Seifenblase wie Vogelgezwitscher an. Vielleicht war auch einfach nur der Akku leer … mal wieder! Annie glaubte nämlich, dass der Strom auf wundersame Weise durch die Luft geflogen kam. Wie konnte ihre eigene Schwester so weltfremd sein? Und so verantwortungslos?

    Workin’ 9 to 5
What a way to make a livin’
Barely gettin’ by
It’s all takin’ and no givin’
    Der Refrain des Dolly-Parton-Hits. Der Klingelton von Christys iPhone stach sogar aus dem Lärm des morgendlichen Pendlerstroms hervor. Noch so etwas, das sie ihrer Schwester zu verdanken hatte. Einer ihrer kleinen Scherze. Aber vielleicht war das Annie, die endlich zurückrief. Christy kämpfte sich durchs Gewühl bis zu einem freien Platz neben einem Zeitungsstand. Sie fischte ihr Handy aus der Handtasche und sah auf das Display.
    »Nein!« Als sie die unbekannte Nummer sah, sank ihre Laune sofort wieder. »Komm schon, Annie! Wo steckst du?«
    Mit der freien Hand hielt sie sich das andere Ohr zu und setzte ein Lächeln auf. Falls ein Kunde dran war, würde er durchs Telefon merken, ob sie lächelte oder nicht. »Doorman dot com, Sie sprechen mit Christy Davies. Was kann ich für Sie tun?«
    »Hallo, Chriseee«, raunte ihr eine heisere, tiefe Stimme ins Ohr. »Was für ein hübscher Name. Was hast du an, Chriseee? Erzähl mir doch mal, welche Extras du draufhast. Bietest du auch Zimmerservice an?«
    »Oh, bitte !« Christy legte auf und verdrehte die Augen. Spinner! Aber wenn man eine Firma hatte, die »persönliche Dienstleistungen« anbietet, gehörten solche Anrufe zum Berufsrisiko.
    Christy blickte hoch zur Anzeigentafel mit den Abfahrtszeiten.
Ihr Zug ging in zwei Minuten. Sie hängte sich die graue weiche Lederhandtasche um und schob sich durch den Fluss der Passanten in Richtung Bahnsteig. Der Zug zum Newark International Airport wartete bereits und war rappelvoll. Christy quetschte sich gerade noch rechtzeitig hinein, bevor die Türen schlossen. Ihr Kopf steckte in der Achselhöhle eines großen, schwitzenden Mannes in einem schlecht sitzenden Jogginganzug aus Nylon.
    Warum hatte ihr iPhone keine satellitengestützte Navigationsfunktion zum Lokalisieren freier Sitzplätze? Und was war in sie gefahren, Annie schon wieder einen Gefallen zu tun? Aber wem wollte sie etwas vormachen? Sie hatte sich nicht einverstanden erklärt - sie hatte darauf bestanden , Annies Verlobten am Flughafen abzuholen. Schließlich wusste sie, dass man ihre Schwester niemals etwas allein erledigen lassen durfte - nicht einmal, wenn es dabei um die Liebe ihres Lebens ging. Nein, Annie würde entweder zum falschen Flughafen fahren oder sich in der Zeit vertun. Oder es schlichtweg vergessen.
     
    Vorsichtig wand sie den Kopf aus der Achselhöhle des Mannes und arbeitete sich durch den Waggon. Die anderen Fahrgäste schienen sich mit ihrem Elend abgefunden zu haben. Einige wenige Glückliche waren in ihre Laptops vertieft, wieder andere lasen Bücher oder Zeitung. Aber die Mehrheit stand oder saß auf ihrem Weg zur Arbeit einfach nur da und träumte vor sich hin.
    Plötzlich erspähte Christy einen freien Sitzplatz. So höflich wie möglich drängelte sie sich durch.

    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte sie, »würde es Ihnen etwas ausmachen, die Tasche vom Sitz zu nehmen, damit ich mich setzen kann?«
    Die Frau, deren Tasche einen gepolsterten Sitzplatz für sich beanspruchte, war elegant gekleidet, perfekt frisiert und strahlte eine vernichtende Aura professioneller Bissigkeit aus. Christy schluckte und verstand, weshalb niemand gewagt hatte, der Tasche ihren Sitzplatz streitig zu machen.
    Aber der eisige Blick der Frau bekam ein paar Risse und sie zwang sich zu einem knappen Lächeln. »Aber sicher.«
    Christy lächelte zurück. Natürlich würde die Frau nicht auf den freien Platz rüberrutschen. Christy musste
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