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Duell auf offener Straße

Duell auf offener Straße

Titel: Duell auf offener Straße
Autoren: Nadin Matthews
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Vorwort
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    Vorwort
     
    Tja, da sitze ich nun. Es ist 9:45 Uhr und mein Buch ist eigentlich fertig. Was fehlt, ist das Vorwort. Ich habe schon mehrfach angesetzt, es zu schreiben. Mal lustig, mal ernst, mal wahnsinnig fachlich, dann wieder lustig. Weitergekommen bin ich nicht. Da schreibe ich das Buch in einem Rutsch durch, habe sogar schon die Bildauswahl getroffen, und nun das. Um 14:00 Uhr bin ich mit Freunden zum gemeinsamen Spaziergang verabredet. Sie haben einen neuen Hund und ich möchte ihnen nicht absagen müssen – schließlich bin ich neugierig.
    Bevor wir Freunde wurden, waren die beiden meine Kunden und kamen mit ihrem einjährigen Podengo Portugueso Medio zu mir in die Erziehungsberatung. Den jungen Rüden namens Bolt hatten sie direkt aus dem portugiesischen Tierschutz, quasi als „Überraschungspaket“, übernommen. Und das war er auch.
    Beschrieben war Bolt als verträglicher Hund, doch dem war leider nicht ganz so. Er rastete zuverlässig bei jedem ihm entgegenkommenden Hund an der Leine aus und seine umgelenkte Aggression traf das eine oder andere Mal auch den Oberschenkel seiner Besitzer. Wenn er den anderen Hund erreichen konnte, biss er ihn sofort. Die wenigen Freilaufversuche verliefen je-weils ähnlich ungünstig für den anderen Hund. In Bezug auf seine Artgenossen hatte er keine andere Verhaltensidee.
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    Die Beratung zog sich in Intervallen insgesamt über einen Zeitraum von einem Jahr hin – eine ziemlich lange Zeit. Es gab Verbesserungen, es gab Rückschritte, und am Ende konnte sich Bolt durch die Hilfe seiner Menschen stabil verändern. Mittlerweile läuft er ruhig an anderen Hunden vorbei und kann auch im Freilauf adäquat kommunizieren. Eigentlich ein guter Moment, um endlich die gemeinsamen Spaziergänge zu genießen.
    Doch je besser es mit Bolt lief, desto größer wurde der Wunsch seiner Besitzer nach einem zweiten Hund. Ein häufiger Effekt bei Menschen. Als wir mal wieder darüber sprachen, empfahl ich ihnen eine ältere, ruhige und souveräne Hündin, an der sich Bolt orientieren kann und die selbst nur wenige Schwierigkeiten macht. Ich bot mich an, ihnen bei der Auswahl zu helfen, schlug sogar die eine oder andere zu vermittelnde Hündin vor. Aber es tat sich nichts.
    Auf unserem letzten gemeinsamen Spaziergang, wir waren bereits zwei Stunden im Wald unterwegs, kam es dann ganz beiläufig zu folgendem Satz: „Wir schaffen es am Samstag wahrscheinlich nicht zum Osterfeuer, weil wir an dem Tag in Portugal sind.“ Als ich die beiden fragend ansah, fügten sie fast verlegen hinzu: „Wir schauen uns einen Hund an. Sie heißt Tita, ist ein Podengo Portugueso Medio, sechs Monate alt, sitzt dort im Tierheim und sieht genauso aus wie Bolt.“ Ich musste lächeln, fast lachen. Das ist genau das, weshalb ich Menschen so mag.
    Ich weiß nicht, ob die beiden erwartet haben, dass ich ihnen daraufhin einen fachlichen Vortrag zum Thema „Sinnvolle Auswahl eines Zweithundes“ halte. Es war doch klar: Natürlich würden sie dorthin fliegen; natürlich würden sie die Hündin mitnehmen; natürlich würde es unendlich anstrengend mit ihr werden; natürlich würden sie diese Entscheidung das ein oder andere Mal verfluchen; natürlich würden sie die Kleine lieben und viele glückliche Momente gemeinsam erleben.
    Menschen suchen sich Hunde nicht aus Vernunftgründen aus, sondern weil sie bestimmte Eigenschaften mit ihnen verbinden. Wären wir alle vernünftig, so hätten wir keine Hunde und wahrscheinlich auch keine Kinder, und das wäre schade. Wieso sollte ich darüber urteilen können, was richtig und was falsch ist? Weil ich Hundetrainerin bin? Dann hätte ich meine Aufgabe nicht verstanden. Das Leben ist zu bunt, als dass es sich berechnen ließe. Und gerade Entscheidungen, die nicht nachvollziehbar sind, kann ich gut verstehen.
    Also werde ich mich als Freundin für die beiden freuen. Und ich werde sie als Beraterin bei der Erziehung unterstützen. Das ist mein Job und ich mag ihn.
    Und deshalb kann ich mich nur bedanken. Für die Menschen, ihre Hunde und ihre Einzigartigkeit, die meine Arbeit bedeuten und mir ganz nebenher auch noch ein Vorwort liefern.
     
     
    Nadin Matthews

Das Problem und die Erklärung

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    Die Intensität, in der Bolt seine Aggression an der Leine zeigte, ist sicherlich eine Ausnahme. Das Problem an sich hingegen nicht. Neben jagdlichen Schwierigkeiten gehört das aggressive Verhalten an der Leine zu den häufigsten Gründen, eine Einzelberatung aufzusuchen.
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