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1173 - Computerwelten

Titel: 1173 - Computerwelten
Autoren: Unbekannt
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verlassene Land und suchte nach Anzeichen, die ihr Eingreifen erforderlich gemacht hätten. Aber noch blieb alles ruhig. Nur ganz allmählich würde der Prozeß in Gang kommen. Bis dahin hatte sie Zeit, sich mit ihrer Ausrüstung vertraut zu machen.
    Sie bückte sich und griff nach dem Gewand, das vor ihr auf dem Boden lag. Mit einer Hand strich sie über das seidige, flexible Material. Es bestand aus einer Unzahl von Viren und verschluckte in seiner absoluten Schwärze jegliches Licht, das darauf fiel. Shyrea wiegte es auf den Armen und neigte den Kopf, um den Blickwinkel zu verändern, aber nirgendwo vermochte sie Konturen oder auch nur eine winzige Falte in dem geheimnisvollen Stoff zu erkennen. Rings um das Gewebe schimmerte eine verwaschene Aura aus tiefem Grau.
    Sie streifte das Gebilde über und merkte, wie es sich eng an sie schmiegte. Im ersten Moment wirkte es störend, aber nach einigen Bewegungen legte sich dieses Gefühl wieder. Mehr noch: Der Stoff verlieh ihr die Sicherheit, allen künftigen Gefahren zu trotzen.
    Sie nannte ihn eine Rüstung.
    Behutsam konzentrierte sich Shyrea auf einen ersten Test. Auf ihren mentalen Befehl hin schossen feine, rot schillernde Energiefäden aus der Rüstung. Schnell verwoben sie miteinander zu einem engmaschigen Netz, das leicht gewellt in der Luft schwebte. Mit der Kraft ihres Geistes konnte sie das Netz steuern und seine Ausdehnung verändern. Sie beobachtete, wie es flink davonjagte, abwechselnd größer und kleiner wurde und in einem weiten Bogen zu ihr zurückkehrte. Schließlich vereinigte es sich wieder mit dem seidigen Gewebe des Anzugs und verschmolz in tiefer Schwärze.
    Shyrea nickte zufrieden. Wenn auch das dritte Element der Ausrüstung so komplikationslos funktionierte, konnte sie ihrer Aufgabe tatsächlich gelassen entgegensehen.
    Sie ging in die Hocke und musterte den Jet. An sich, dachte sie in einem Anflug von Humor, verdiente er diese Bezeichnung überhaupt nicht. Dennoch war sie zutreffend, solange man sie an der Funktion und nicht am Aussehen maß. Optisch stellte er nicht mehr als ein flaches Brett dar, mit einer Länge von höchstens fünf und einer Breite von knapp zwei Metern. Die beiden Enden waren sanft gerundet, und das gesamte Gebilde bestand ebenfalls aus schwarzen Viren. Es absorbierte das einfallende Licht und erzeugte eine ebensolche graue Aura wie die Rüstung. Allerdings besaß es eine andere Konsistenz. Es war stabil und massiv.
    Shyrea legte sich bäuchlings auf das Brett und hielt sich an zwei Streben fest. Ein kurzer gedanklicher Befehl genügte, um das Ding in Bewegung zu setzen. Sanft hob der Jet vom Boden ab und glitt mit mäßiger Geschwindigkeit über die kahle Landschaft.
    Einen Moment labte sich Shyrea an dem kühlen Wind, der ihr ums Gesicht wehte. Dann beschleunigte sie. Lautlos stob der Jet davon, akustisch begleitet nur vom leisen Zischen verdrängter Luft. Jetzt schnitt der Wind schmerzhaft in die Haut, und Shyreas Augen begannen zu tränen. Hastig zog sie die Kapuze der Rüstung über den Kopf, die sie vor allen äußeren Einflüssen schützte. Daß das schwarze Material von innen durchsichtig war, begriff sie als eine Selbstverständlichkeit.
    Vor ihr jagte die Stadt heran. Sie steuerte den Jet nach oben, damit sie nicht mit einem Gebäude kollidierte. Ihr Blick wanderte an hoch aufstrebenden Häuserfronten entlang und über verlassene Straßenschluchten. Überall entdeckte sie parkende Gleiter und Bodenfahrzeuge. Die Kontrolltürme des kommunalen Flugleitsystems stachen wie stählerne Finger in einen unwirklichen Himmel. Früher hatten Baumreihen und Parkanlagen die Stadt in mehreren Grüngürteln durchzogen. Jetzt herrschte sterile Leere zwischen den kahlen Burgen aus Beton.
    Shyrea kümmerte das nicht. Sie kannte ihre Welt nicht anders. Voller Begeisterung zog sie den Jet in eine weite Schleife, ließ ihn steil nach unten rasen und fing ihn nur wenige Meter über dem Boden wieder ab. Mehrmals wechselte sie den Kurs, während sie in flachen Wellenbewegungen dahinschoß.
    Schließlich erreichte sie den Ausgangspunkt ihres Testflugs. Der Virenjet führte jeden ihrer Gedankenbefehle verzögerungsfrei und exakt aus. Shyrea drosselte die rasende Fahrt und lenkte das Fluggerät sicher hinab. Sanft setzte sie auf, verließ das schwarze Brett und reckte sich.
    Am Horizont schien die Luft in goldenem Glanz zu flimmern. Irgendwo schwoll ein hohles Brausen an und schnitt dröhnend durch die Stille. Undeutliche Bilder zogen
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