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0962 - Der Leichenflur

0962 - Der Leichenflur

Titel: 0962 - Der Leichenflur
Autoren: Jason Dark
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die Hand war. »Und ich wohne tatsächlich nebenan.«
    »Das hörte ich. Hier bleibt nichts geheim.« Plötzlich schauderte sie. »Du weißt, was da passiert ist?«
    »Ja.«
    Ginny schauderte und bekam eine Gänsehaut. »Vier Tote«, flüsterte sie.
    »Vier Tote! Und du traust dich tatsächlich, in diese Mordbüde einzuziehen, John?«
    »Was soll ich machen? Im Parkhaus übernachten?«
    »Stimmt auch wieder, aber…« Sie hob die Schultern. »Nun ja, ist nicht mein Problem. Ich versuche jedenfalls, so schnell wie möglich hier wegzukommen.« Sprunghaft änderte sich ihre Laune. Sie lächelte wieder und musterte mich wie einen Kunden. »Ich mag mutige Männer. Wenn du nichts weiter vorhast, können wir ja bei mir einen Kaffee trinken. Er läuft gerade durch.«
    »Dagegen habe ich nichts.«
    »Gut, dann komm.« Sie drehte sich um und ging vor mir her.
    Ich mußte grinsen. Ginny trug eine helle Strumpfhose und ein sehr kurzes Oberteil. So malte sich unter dem Stoff an ihrem Po der mehr als knappe Slip ab. Das Oberteil bestand aus einem roten Sweatshirt und war weit geschnitten.
    Auch Ginny bewohnte nur einen Raum. Es gab ein Fenster, ähnlich schreckliches Mobiliar, aber in einem unterschied sich die Einrichtung doch. Das Bett war anders. Eine breite Liege mit einer Holzeinfassung, einer roten Tagesdecke. Da die Decke Falten geworfen hatte, wirkte der aufgedruckte Mund ziemlich verzerrt.
    Einen anderen Tisch hatte sie sich ebenfalls besorgt. Es war ein kleiner mit heller Platte und Metallbeinen. Zwei Stühle umstanden ihn, und aus dem Regal holte Ginny noch eine zweite Tasse. Neben ihr stand ein Aschenbecher. Zum Frühstück hatte sie bereits zwei Zigaretten geraucht.
    »Du kannst dich ruhig setzen, John, ich muß mich nur ein wenig frisch machen. Die letzte Nacht war lang.« Sie grinste mich an. »Verstehst du ja - oder?«
    »Klar.«
    Sie schnickte mit den Fingern. »Bis gleich dann.«
    Ich schaute ihr nach, wie sie die schmale Tür zur Dusche öffnete, sie aber nicht ganz schloß. Ich hätte zwar hinschauen können, dafür aber hätte ich mich verrenken müssen, und das wollte ich nicht, denn mich plagten andere Sorgen.
    Bevor ich noch das Rauschen der Dusche mitbekam, hörte ich von draußen her andere Geräusche. Männerstimmen. Dann knallte eine Tür zu, und einen Augenblick später wurde die Techno-Musik so laut aufgedreht, daß ich sie einfach hören mußte.
    Der Freak war also da.
    Das Radio in Ginnys Wohnung lief auch, allerdings so leise, daß ich die Musik nicht hörte. Dafür das Rauschen der Dusche und hin und wieder Ginnys falsches Singen. Anscheinend fühlte sie sich gut.
    Ich schielte auf die Kaffeemaschine. Die braune Brühe war bereits durchgelaufen. Neben der Maschine stand ein Päckchen mit Keksen. Es berührte die leere Schachtel einer Pizza.
    Auf den Tapeten hatte nicht nur Ginny ihre künstlerischen Ambitionen ausgetobt, mit Zeichnungen und Sprüchen. Unwillkürlich mußte ich grinsen, als ich die Worte las.
    Du warst super, Ginny.
    Die Stunde werde ich nie vergessen.
    Mach so weiter, Ginny.
    Da hatte mir die gute Lisa wohl nicht die ganze Wahrheit gesagt. Ginny brachte ihre Freier mit nach Hause. Ihre Kunden mit den Morden in Verbindung zu bringen, wollte ich nicht, konnte ich auch nicht. Die geheimnisvollen Flüsterstimmen waren da schon eher verdächtig.
    Und sie waren keine Einbildung gewesen, ebensowenig wie Ginny, die die Dusche nun verließ, eingepackt in einen weißen Bademantel mit Goldstreifen. Den Gürtel hatte sie nur lässig verknotet. Der Blick auf ihre Brüste war frei. Appetit und Hunger auf mehr sollte ich wohl kriegen.
    Sie sah jetzt frischer aus, auch wenn das Haar noch naß war und als dunkler Lockenwirbel um den Kopf hing.
    »Ah, der Kaffee ist fertig!« Sie nahm die Kanne und schenkte uns ein.
    »Das hättest du auch machen können«, sagte sie.
    »Ich wußte nicht, wann du fertig bist. Dann wäre der Kaffee nachher noch kalt geworden.«
    Sie brachte Kekse mit, lächelte und setzte sich. »So besorgt, John? Himmel, du bist ja ein richtiger Kavalier. Das bin ich gar nicht gewohnt in dieser Bude. - Zucker?«
    »Etwas.«
    Sie holte Würfelzucker. Aus der Dose nahm ich zwei Stücke und ließ sie in den Kaffee plumpsen. Ginny trank, aß Kekse und beobachtete mich dabei. Immer dann, wenn sich unsere Blicke trafen, lächelte sie. Nur war das Lächeln nicht echt, denn die Augen waren nach wie vor prüfend auf mich gerichtet. Ich wich dem Blick nicht aus, sondern ging in die
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