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0962 - Der Leichenflur

0962 - Der Leichenflur

Titel: 0962 - Der Leichenflur
Autoren: Jason Dark
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Bewohnern einen Whisky oder ein Bier.
    Besonders mit Justin Oldman, dem Eisenbahner. Nicht, daß sie ihn besonders gemocht hätte, aber er war ein Typ, auf den man sich verlassen konnte. Etwas knorrig, auch machohaft, trank er gern einen Schluck und konnte auch Witze erzählen.
    Ein paarmal hatte er versucht, die vierzigjährige Lisa in sein Bett zu bekommen, das war ihm nicht gelungen. Lisa war ihm immer wieder ausgewichen und hatte ihn auf später vertröstet.
    Und doch hielten die beiden zusammen. Ohne es jemals ausgesprochen zu haben, fühlten sie sich wie verwandte Seelen, und wenn Oldman Probleme hatte, wandte er sich vertrauensvoll an Lisa.
    In dieser Woche - seine Schicht fing erst am Mittag an - hatte er Lisa gebeten, ihm morgens ein Frühstück zu machen und es ihm gegen zehn Uhr ins Zimmer zu bringen. Natürlich bezahlte er dafür und legte immer noch etwas Geld drauf.
    So war es auch an diesem Morgen. Lisa hatte zuerst selbst etwas gegessen und sich danach mit dem anderen Frühstück beschäftigt. Sie wußte, daß Oldman gern Eier aß, die sie ihm mit Speck briet. Dazu bekam er Kaffee, zwei Toastscheiben und einen Becher Joghurt als Nachtisch.
    Lisa stellte alles auf dem Tablett zusammen und war bereit, ihre Wohnung zu verlassen. Mit dem Ellbogen drückte sie die Klinke nach unten und stieß die Tür mit dem rechten Fuß nach außen.
    Dann betrat sie den Flur!
    Lisa Fox wohnte ganz vorn, dem Eingang beinahe gegenüber. Oldmans Wohnung war die zweitletzte auf der linken Seite. Um diese Zeit war es ruhig. Die meisten Mieter hatten das Haus verlassen, um zur Arbeit zu gehen oder sich irgendwo herumzutreiben. Wie die beiden jungen Leute, die ebenfalls hier wohnten und aussahen, als würde es ihnen nichts ausmachen, einen Menschen umzubringen.
    Sie hatten das Haus nicht verlassen, denn selbst durch die verschlossene Tür hörte Lisa ihr Schnarchen.
    Tief holte sie Luft und schaute in den Flur hinein. Und wie immer in der letzten Zeit überkam sie dabei ein seltsames Gefühl. Eine gewisse Kälte drückte sich in ihr hoch. Lisa hatte den Eindruck, am Beginn einer Gruft zu stehen. Dieses Gefühl vermittelte ihr der lange und auch zumeist leere Flur.
    Er war eigentlich immer düster, denn es gab keine Fenster. Wer das Haus durch den normalen Eingang betrat, der mußte erst einige Stufen hochgehen und eine Tür aufstoßen, die in der oberen Hälfte kleine Glasfenster aufwies, wobei seltsamerweise noch alle Scheiben vorhanden waren. Die Tür stand offen, das hatte Lisa schon kurz nach dem Aufstehen getan, da sie sich bei geschlossener Tür immer eingesperrt fühlte wie in einem großen Grab.
    Die Kälte blieb.
    Leer lag der Flur vor ihr. Niemand war zu sehen. Trotzdem glaubte Lisa daran, daß er auf eine Art und Weise besetzt war, mit der sie nicht zurechtkam.
    Aber von wem?
    Sie wußte es nicht. Sie ging einzig und allein davon aus, daß dieser Flur und auch das Haus ein Geheimnis bargen. Warum hätte es sonst in der letzten Zeit drei Tote geben sollen, deren Ableben mehr als rätselhaft gewesen war? Die Polizei hatte es nicht feststellen können und keinen Mörder gefunden.
    Seit dieser Zeit regierte im Haus die Angst. Aber kein Mieter war ausgezogen, zu knapp waren in London bezahlbare Wohnungen. Die Leute hatten etwas anderes getan, auch wenn sie es nicht zugaben. Sie hatten sich bewaffnet. Pistolen, Schlagstöcke, Sprays, wie auch immer.
    Nach außen hin gab das niemand zu, aber Lisa war eine Frau, die auch zwischen den Zeilen oder Sätzen las. Sie wußte Bescheid. Überhaupt war sie das Auge des Hauses mit dem langen Flur. Heute machte er ihr Angst. Sie ärgerte sich darüber, daß das Tablett in ihren Händen zitterte.
    Zudem wurde ihr kalt. Sie war froh, eine Strickjacke übergezogen zu haben.
    Der Flur war zu einem Eiskeller geworden. Dazu herrschte eine Stille wie in einer Leichenhalle. Und versteckt in den Wänden schien der Tod zu lauern.
    Es war kein guter Morgen, beileibe nicht. Ob gut oder schlecht, Justin Oldman mußte sein Frühstück bekommen. So war es abgemacht, und daran wollte sich Lisa Fox auch halten.
    Der Fußboden war mit Steinen belegt, die aussahen wie glattes, poliertes Holz. Die Frau ging langsam. Einmal war sie schon mit dem Tablett ausgerutscht, und dabei hatte sie sich den Arm böse geprellt.
    Das sollte ihr nicht noch einmal widerfahren.
    Sie bewegte sich an den Türen vorbei. Jeden Mieter kannte sie. Die ruhigen ebenso wie die verzweifelten. Oft genug hatte es Zoff gegeben, weil
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