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Nur noch diese Nacht

Nur noch diese Nacht

Titel: Nur noch diese Nacht
Autoren: Kelly Mira Lyn
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1. KAPITEL
    „Ach du meine Güte ist das dort drüben nicht dein Mann?“
    Das eindringliche Flüstern ihrer Freundin ließ Claire Brady zusammenzucken. Eben noch hatte sie sich stolz in dem Gefühl gesonnt, einen tollen Vertrag unter Dach und Fach gebracht zu haben und den Rest der Woche ruhig angehen lassen zu können. Die Galerie gehörte so untrennbar zu ihrem Leben, dass sie sie nie ganz aus ihren Gedanken verbannen konnte, nicht einmal für einen Tag.
    Doch gerade schwieg das Handy, sie hatte entspannt die sanfte Brise auf der belebten Piazza Navona genossen, während der attraktive junge Römer neben ihr mit sanft kreisenden Bewegungen ihre Handfläche streichelte.
    Es fühlte sich gut an. Sie fühlte sich gut. Gerade hatte sie sich gefragt, ob sie nicht doch einmal …
    Aber so viel dazu.
    Claire warf Paulo, dem attraktiven Typen, um den gerade ihre Gedanken gekreist hatten, einen entschuldigenden Blick zu und antwortete Sally, ihrer besten Freundin und Assistentin, mit einem entschiedenen Nein.
    Als sie ihrer Freundin das Geheimnis um ihren Ex anvertraute, war Claire bewusst gewesen, dass sie das irgendwann einholen würde. Doch Claire hatte es sattgehabt, alles für sich zu behalten – jahrelang hatte sie sich deshalb isoliert gefühlt. Das war zum Glück vorbei. Dass Sally nun gelegentlich falschen Alarm schlug, nahm sie gern in Kauf dafür. Allerdings war das bereits das dritte Mal diesen Monat, dass Sally angeblich Ryan sichtete.
    „Der Mann lebt in Kalifornien. In den Vereinigten Staaten. Außerdem wüssten wir es, wenn er irgendwo im Ausland unterwegs wäre.“ Mit einer Kopfbewegung deutete sie zu einem Zeitungskiosk in einer Ecke der Piazza.
    Wenn schon auf sonst nichts, auf eins hatte Claire sich in den vergangenen Jahren in ihrer Ehe mit Ryan Brady unweigerlich verlassen können. Die Medien berichteten stets genüsslich und bis ins Kleinste über Ryans erotische Eroberungen, seine finanziellen Abenteuer und Firmenerwerbungen. Sie hatte ihren Gatten nie mit einem Begrüßungscocktail an der Tür empfangen müssen, um zu hören, wie sein Tag gewesen war. Dank der Nachrichten war sie stets bestens auf dem Laufenden, was er geschäftlich machte und mit wem er die Nacht verbracht hatte.
    Und heute wusste sie aus zuverlässiger Quelle, dass Ryan sich vor fünfzehn Stunden im Zentrum von Los Angeles mit seinem Anwalt getroffen hatte.
    Zweifelnd verzog Sally den Mund und blickte bedeutsam vom Zeitungsstand zum berühmtesten Brunnen Roms auf der anderen Seite der Piazza. „Hm. Aber der Typ dort drüben sieht wirklich wie Ryan aus.“
    „Wie der Obdachlose am Bahnhof diesem Schauspieler ähnelte, diesem Gerard Bu…“
    „He, er hätte ja verkleidet sein können.“
    „Und sich Essensreste aus dem Abfalleimer fischen?“ Claire gab sich Mühe, nicht allzu laut loszuprusten, aber dann lachte sie doch schallend.
    Ihre Freundin reagierte mit einer versteinerten Miene. Beschwichtigend legte Claire den Arm um Sally, die sich mit einem Knuff revanchierte.
    „Au!“
    „He, vielleicht ist der Kerl dort ein Double oder so was.“
    Claire hatte sich von ihrem Lachanfall erholt und räumte heiter ein: „Tja, vielleicht.“ Genüsslich nippte sie an ihrem Espresso und stellte dann die winzige Tasse auf die weiße Papiertischdecke zurück.
    Ihre Reise nach Rom hätte sich nicht besser entwickeln können. Einmal aus allem herauszukommen, tat ihnen beiden gut – ihr selbst, weil sie endlich einmal etwas anderes sah, als das ganze Jahr über nur die Galerie, und für Sally war der Zeitpunkt der Reise genau richtig gewesen, weil sie dringend Urlaub brauchte.
    Unauffällig blickte Claire über die Schulter zur Fontana dei Quattro Fiumi hinüber, wo der ägyptische Obelisk sich in den verwaschenen blauen Himmel aufreckte – nicht, weil sie hoffte, zwischen den Touristenscharen Ryan zu entdecken –, sie wollte einfach nur einen Blick auf den Fremden werfen, der ihm angeblich so ähnlich sah. Doch dann verwarf sie diesen Gedanken gleich wieder.
    Hier im Schatten der Kirche Sant’Agnese in Agone, inmitten der prächtigsten römischen Bauwerke und Skulpturen, war es wirklich das Letzte, nach einem Mann Ausschau zu halten, der wie ihr von ihr getrennt lebender Ehemann aussah. Idiotischer könnte sie ihre freie Zeit kaum vergeuden. Das wäre ja fast noch dümmer und selbstzerstörerischer, als Männer mit Babys auf dem Arm zu mustern, die Ryan ähnelten.
    Sie hatte sich ein eigenes Leben aufgebaut. Schon vor
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