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Susanne Barden 06 - Heiter bis bewölkt

Susanne Barden 06 - Heiter bis bewölkt

Titel: Susanne Barden 06 - Heiter bis bewölkt
Autoren: Helen D. Boylston
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Erinnerungen
    Das große Krankenhaus mit seinen zahlreichen Gebäuden aus roten Ziegelsteinen und grauem Granit, zwischen denen sich weite Rasenflächen mit hohen Ulmen ausbreiteten, lag mitten im Armenviertel der großen Stadt. Rings um seine Mauern brandete der Verkehr. Krankenwagen mit schrillen Signalglocken und Wagen von Ärzten rollten durch das große Eingangstor. Nun fuhr ein Taxi hindurch und hielt vor den breiten Steinstufen des Verwaltungsgebäudes an.
    Kit und Susy stiegen aus. Nachdem das Taxi fortgefahren war, blieben sie vor dem Haus stehen und betrachteten es sinnend. Susys Augen blieben an der Drehtür haften. »Ich hoffe, das verflixte Ding hat sich mit den Jahren etwas beruhigt«, sagte sie. »Als ich zum erstenmal herkam, hat es mich buchstäblich ins Haus hineingewirbelt.«
    Kit lachte. »Ich war damals so verschüchtert, daß ich die Tür überhaupt nicht bemerkt habe. Mein erster Eindruck waren vier weißgekleidete Inspektorinnen, die mich prüfend ansahen.«
    »Daran erinnere ich mich auch noch. Laß uns zuerst zu Fräulein Matthes gehen, Kit. Falls sie nicht in ihrem Zimmer ist, können wir es nachher noch einmal versuchen.«
    Langsam stiegen sie die Steinstufen hinauf. »Es hat doch etwas für sich, alt und erfahren zu sein«, meinte Kit. »Die Oberschwestern und Inspektorinnen, denen wir jetzt begegnen werden, waren wahrscheinlich Probeschwestern, als wir hier lernten. He, Susy, so paß doch auf! Kannst du denn noch immer nicht mit der Tür fertigwerden?«
    Susy hatte der Drehtür einen solchen Schwung gegeben, daß Kit fast die Handtasche aus der Hand gerissen worden wäre. Kopfschüttelnd wartete Kit, bis die Tür sich langsamer drehte, und ging dann ebenfalls hindurch.
    Die junge Pförtnerin im Vorraum telefonierte gerade. Als sie die beiden Fremden auf eine Glastür zugehen sah, brach sie ihr Gespräch ab und rief: »Wo wollen Sie denn hin?«
    Susy drehte sich um. »Zu Fräulein Matthes. Wir sind ehemalige Schülerinnen.«
    »Ach so!« Die Pförtnerin nickte und nahm den Hörer wieder auf. Kit und Susy traten in eine hohe Halle, durchquerten sie und steuerten auf eine offene Tür mit der Aufschrift »Schulleitung« zu.
    Fräulein Matthes saß vor ihrem mit Papieren bedeckten Schreibtisch und las gerade einen Brief. Auf das Pochen am Türrahmen hin hob sie den Kopf. »Herein!« Als sie ihre Besucherinnen erkannte, stand sie auf und ging ihnen mit einem warmen Lächeln entgegen. »Katharina van Dyke! Und Susanne Barden! Nett, daß Sie sich einmal bei uns sehen lassen! Setzen Sie sich und erzählen Sie mir, wie es Ihnen geht.«
    Kit und Susy freuten sich über den herzlichen Empfang, bemerkten jedoch mit leichtem Schreck, daß das Haar ihrer früheren Schulleiterin schneeweiß geworden war.
    »Sie heißen jetzt natürlich Frau Barry und nicht mehr Barden«, sagte Fräulein Matthes zu Susy. »Es fällt mir schwer, die Namen verheirateter Schwestern zu behalten, aber Ihren Namen kann ich gar nicht vergessen. Dr. Barry war ja einer unserer besten Ärzte. Von Ihnen habe ich übrigens auch allerlei Gutes gehört.«
    »Was denn?« fragte Susy.
    »Sie haben doch einen Kursus zur Ausbildung ländlicher Fürsorgeschwestern in Springdale eingerichtet. Wir sind stolz auf Sie. Arbeiten Sie immer noch?«
    »Nicht viel«, antwortete Susy etwas kleinlaut. »Von Zeit zu Zeit vertrete ich die Gemeindeschwester. Außerdem springe ich bei Unglücksfällen in der Nachbarschaft ein. Aber da ich drei kleine Kinder zu Hause habe, bleibt mir nicht viel Zeit für anderes übrig.«
    »Kinder aufzuziehen ist die schönste und höchste Aufgabe einer Frau«, erwiderte Fräulein Matthes. »Und eine gute Krankenschwester bringt die besten Voraussetzungen für diese Aufgabe mit.«
    Susy wußte das selber am besten, freute sich jedoch, daß Fräulein Matthes es sagte. Seitdem sie durch die Drehtür gegangen war, hatte sie ein leises Schuldgefühl gequält. Wieviel Mühe war doch auf ihre Ausbildung verwendet worden! Man hatte sie mit den neuesten Errungenschaften der Wissenschaft bekanntgemacht und ein Handwerk gelehrt, das so alt wie das Mitleid war. Und was tat sie mit all diesen mühsam erworbenen Kenntnissen? Sie zog drei Kinder auf - wahrscheinlich nicht besser und nicht schlechter, als es jede Frau getan hätte, die mit Ach und Krach die Schule durchgemacht hatte. Die Worte von Fräulein Matthes beruhigten sie und gaben ihr das Gefühl, daß ihre Ausbildung doch nicht ganz umsonst gewesen war. Nun wandte sich
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