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0962 - Der Leichenflur

0962 - Der Leichenflur

Titel: 0962 - Der Leichenflur
Autoren: Jason Dark
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er sich auf, steckte die Klinge aber nicht weg. Der lange, schmale Stahl des Schnappmessers funkelte mich an. Ich hasse Messer, denn ich habe oft genug erlebt, was sie anrichten können. Auch diese Klinge würde, wenn sie traf, tief in den Körper eindringen.
    Aber mich interessierte im Moment mehr der Mann. Inzwischen war ich davon überzeugt, es mit Steve Cochran zu tun zu haben. Wie ein Zuhälter war er nicht gerade gekleidet. Viele aus dieser Gilde legen ja Wert auf teure Designer-Klamotten und einen entsprechenden Schmuck, nicht aber Steve Cochran. Er sah völlig normal aus, trug blaue Jeans, Turnschuhe und das beige Hemd über der Hose.
    Seine dunklen Haare wirkten ungepflegt. Sie wuchsen weit über die Ohren und umrahmten ein Gesicht, in dem die gebogene Nase eine rote Narbe aufwies. Wahrscheinlich ein Andenken an eine Messerklinge. Die Augen waren klein. Sie blickten böse. Ansonsten zeigten die Wangen des ungefähr Dreißigjährigen dunkle Bartschatten.
    »Sie hat mich nicht eingeladen«, erklärte ich.
    Die Klinge zuckte für einen Moment vor. Ich spannte mich schon, aber die Klinge glitt wieder zurück in die Ausgangsposition und bedrohte mich nicht mehr so unmittelbar. »Hör zu, Herr Nachbar, du hast Glück, daß ich dich heute zum erstenmal sehe. Ich will dir mein Autogramm nicht in das Gesicht schnitzen. Außerdem wohnst du in einer Bude, in der du sowieso nicht lange überlebst. Da wirst du gekillt. Andere nehmen mir die Arbeit ab. Und da ich heute gut drauf bin, rate ich dir, jetzt aufzustehen und von hier zu verschwinden. Ich gebe dir fünf Sekunden, dann bist du weg und läßt mich mit Ginny allein.«
    Sie hatte alles mitbekommen. Ich hörte ihr Schluchzen und fragte Cochran. »Dürfen es auch sechs sein?«
    Er war so überrascht, daß er nicht wußte, was er sagen sollte. Darauf hatte ich spekuliert. Mit der rechten Hand hielt ich bereits die Tasse umklammert, die noch halb mit Kaffee gefüllt war.
    Einen Moment später nicht mehr. Da flog die braune Brühe dem Hundesohn bereits entgegen und klatschte ihm ins Gesicht. Er schrie auf, ging zurück, taumelte dabei und fuhr mit der freien Hand durch sein kaffeenasses Gesicht.
    Wieder bekam ich meine Chance. Ich war vom Stuhl hochgeschnellt, schnappte mir das Sitzmöbel, holte kurz aus und lief dabei auf den Kerl zu. Dann krachte der Stuhl gegen seinen Kopf, gegen die Schulter und wuchtete ihn zu Boden.
    Cochran fluchte. Das Messer hielt er noch immer fest, aber sein Arm lag günstig für mich.
    Ich brauchte einen Schritt, um das Ziel zu erwischen. Es war sein rechtes Gelenk, auf das ich meinen Fuß stellte und ihn somit am Boden festnagelte.
    Er lag auf dem Rücken. Sein Gesicht zeigte einen fremden Ausdruck, so verzerrt war es. Er atmete nicht, sondern keuchte und stöhnte. Der Stuhl hatte ihn zudem unglücklich an der Stirn erwischt und die Haut aufgerissen. Aus der Platzwunde sickerte Blut.
    Ich verstärkte den Druck. »Laß deinen Zahnstocher los, Cochran!«
    »Hund, verfluchter! Ich…«
    Ich erhöhte den Druck. Das war zuviel für ihn. Die Schmerzen ließen sich nicht mehr aushalten. Seine Finger streckten sich, und ich kickte ihm das Messer aus der Hand. Es rutschte aus seiner Reichweite.
    Dann trat ich zurück, während Cochran noch am Boden liegenblieb. Den rechten Arm hatte er angewinkelt, und mit der linken Hand rieb er sein Gelenk. »Ich mach dich fertig, du Drecksack! Ich schneide dich in Stücke!«
    »Androhen kann man viel, Cochran. - Hoch mit dir! Komm auf die Füße, du Held!«
    Er tat noch nichts, sondern schaute mich verschlagen an. Natürlich hätte ich meine Beretta ziehen können, aber welch normaler Mieter lief schon mit einer Kanone durch die Gegend? So etwas hätte nur Mißtrauen gesät, und das wollte ich nicht. Noch hielt ich meine Rolle durch, und das wollte ich so lange wie möglich.
    Cochran drehte sich auf die Seite, damit ich gegen seinen Rücken schauen konnte. Den Trick kannte ich. Auf keinen Fall sollte ich seine Hände unter Kontrolle haben, aber mit der rechten konnte er nicht mehr viel anstellen. Wenn er etwas versuchte, dann mit der linken, und das würde schwierig werden.
    Ginny sagte etwas, das ich nicht verstand, weil ich mich auf Cochran konzentrierte. Er fummelte tatsächlich unter seinem Hemd herum, und ich gab ihm auch die Zeit.
    Die Kanone hatte in seinem Gürtel gesteckt. Er holte sie hervor, aber er war kein Linkshänder und entsprechend langsam. Als er sich mit ihr in der Hand herumwerfen wollte, war
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