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0949 - Die geronnene Zeit

0949 - Die geronnene Zeit

Titel: 0949 - Die geronnene Zeit
Autoren: Oliver Fröhlich
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Dunkels zu einem akustischen Overkill, der Zamorras Schädel zu sprengen drohte. Er presste die Hände auf die Ohren, nahm eine weitere Schmerzaufwallung seiner gebrochenen Finger in Kauf, doch er konnte den Lärm nicht aussperren. Er toste in seinem Kopf!
    Eine Hitzewelle rollte über sie hinweg, verbrannte sie aber nicht.
    Licht flammte auf. So strahlend grell wie von tausend Sonnen. Die Blitze aller Atomwaffen dieser Welt zusammen nahmen sich daneben aus wie das Flackern einer Kerze. Zamorra presste die Lider aufeinander, nahm die Hände von den Ohren, wo sie ohnehin nutzlos waren, und drückte die Augen in die Armbeuge. Dennoch leuchtete es so hell, dass er glaubte, seine Augäpfel, seine Sehnerven, sein Gehirn, müssten einfach verdorren oder in Flammen aufgehen. So mochte sich Lots Frau gefühlt haben, als sie sich entgegen des Rates von einem, der es besser wusste als sie, doch umdrehte.
    Dann plötzlich war es vorbei.
    Als hätte jemand einen Schalter umgelegt, herrschte mit einem Mal Ruhe. Von der Hitze war nichts mehr zu spüren. Das Licht war erloschen.
    »War's das?«, hörte er Rhetts Stimme.
    Vorsichtig nahm der den Arm von den Augen und blinzelte in die Gegend. Die Hüterin der Quelle stand noch immer am Teichufer. Sie war weder verkohlt noch tot. Offenbar hatten nur sie die magische Explosion als so gewaltig empfunden.
    Die Landschaft hatte sich nicht verändert. Noch immer herrschten verdorrtes Gras und verkrüppelte Bäume vor. Aber das Dunkel war verschwunden. Die Löcher im Himmel schlossen sich. Und eine schwarze Schliere auf der Schulter der Hüterin rann plötzlich an ihrem Arm entlang, tropfte zu Boden und löste sich auf. Als hätte Regen sie weggewaschen.
    Der Seelenkristall existierte nicht mehr. Er hatte sich aufgelöst, nachdem er seine ganze Kraft abgegeben hatte. Der Teich zeigte sich wieder als der trübe Tümpel, als den Zamorra ihn kannte. Nur an der Stelle, an der Rhett den Hort ins Wasser getaucht hatte, war die Flüssigkeit klar.
    Was hätten sie wohl alles erreichen können, wenn sie auch die restlichen sechs Seelenhorte besessen hätten. Aber die waren seit dem Diebstahl durch die Gosh-Dämonen wohl auf ewig verschollen.
    »Ich habe versagt.«
    Zamorra sah wieder zur Hüterin. Ihre Worte klangen traurig, jedoch ohne jede Spur von Selbstmitleid.
    Und ihre Augen! Verzweiflung, Niedergeschlagenheit, Entsetzen, Trotz - so viele Emotionen in einem einzigen Blick. Sie schlurfte am Ufer entlang, griff sich das dort liegende Schwert und stieg in den Teich.
    Und jetzt? Wie sollte es weitergehen?
    Sie hatten die Bedrohung durch die Hölle der Unsterblichen abwenden können, aber die Quelle war dennoch nicht mehr der Ort, den Zamorra kannte. Und er selbst war nicht mehr der Mann, den er kannte.
    Für ihn hatte die Dämonenjagd ein Ende gefunden. Er wusste, dass er im Kampf gegen die Wesen der Schwefelklüfte nicht mehr bestehen konnte. Auch der DYNASTIE DER EWIGEN hatte er nichts mehr entgegenzusetzen. Er fürchtete nur, dass sie alle ihn nicht in Ruhe lassen würden. Wenn sich sein Zustand erst einmal herumsprach, konnten die finsteren Kräfte vermutlich Nummern ziehen, wer sich zuerst an ihm rächen durfte.
    Ein schweres Seufzen entrang sich seiner Kehle. Dabei hatte er noch so viel vorgehabt. Ted Ewigk helfen, wieder ein erwachsenes Bewusstsein in seinem erwachsenen Körper zu erlangen. Anka Crentz helfen, eine Lösung für Anne zu finden. Artimus van Zant, der sich irgendwo in der Weltgeschichte herumtrieb, finden und ihn überreden, vom Aussteigen auszusteigen. Und Nicole finden!
    Nicole! Wie mochte es ihr wohl gehen?
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Er drehte sich um und sah Dylan ins Gesicht. Das sonst stets präsente listige Glitzern war aus seinen Augen gewichen.
    »Ich weiß, es ist kein Trost für dich«, sagte der Schotte. »Aber ich werde deine Aufgabe fortführen, solange ich kann. Mit dem Tattooreif steht mir dafür auch eine gute Waffe zur Verfügung.« Etwas kleinlauter fügte er an: »Wenn ich lerne, damit umzugehen.«
    Auch Rhett gesellte sich zu ihnen.
    Zamorra hob die Hand mit den kreuz und quer abstehenden Fingern. Bei deren Anblick schoss ihm die nächste Schmerzwoge durch den Arm. »Lasst uns gehen. Das hier sollte sich besser mal ein Arzt anschauen.«
    Sie drehten sich um und wollten das Tal verlassen.
    »Wartet!« Die Stimme der Hüterin klang nun erheblich gefasster.
    »Was ist noch?« Zamorra wollte sich auf kein längeres Gespräch mit ihr einlassen.
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