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0949 - Die geronnene Zeit

0949 - Die geronnene Zeit

Titel: 0949 - Die geronnene Zeit
Autoren: Oliver Fröhlich
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Feuer. Nicht nur, dass der Erbfolger nicht länger für das Böse stand. Nein, nun schuf er auch noch in jeder Generation einen unsterblichen Kämpfer für das Gute.
    Eine Entwicklung, die man in Höllenkreisen derzeit eher belächelte als fürchtete, denn sämtliche dieser sogenannten Unsterblichen waren im Kampf gegen die Schwefelklüfte bereits gefallen. Nur beim Ersten war man sich nicht ganz sicher, da man ihn bisher nicht hatte identifizieren können. Das wiederum lag daran, dass er noch keinen Dämon angegriffen oder gar getötet hatte. Insofern interessierte sein Schicksal auch niemanden in der Hölle.
    Deshalb sahen die hohen Mächte der Schwefelklüfte die Beseitigung der Erbfolge als unnötig an. Im Gegenteil bereitete es ihnen viel mehr Spaß, jedem neuen Unsterblichen seine Sterblichkeit zu beweisen.
    Nur Lucifuge Rofocale war die Erbfolge ein Dorn im Auge. Nicht, weil er sie selbst sonderlich fürchtete, sondern weil ihre Existenz das stete Risiko barg, seine Beteiligung daran zu enthüllen. Natürlich hätte er als Ministerpräsident der Hölle jederzeit anordnen können, etwas dagegen zu unternehmen. Aber wieder wollte er vermeiden, die Gründe für sein Interesse darlegen zu müssen. Also knirschte er mit den Zähnen und ließ alles beim Alten.
    Doch nun, so lange Zeit nach der Reinigung, glaubte er keinen Verdacht mehr zu erregen, wenn er sich offen gegen die Erbfolge aussprach. Außerdem verfolgte er noch einen weiteren Plan, der, wenn er gelang, seinen Unmut etwas mildern könnte.
    »Ich will mit dir über die Erbfolge sprechen«, beantwortete er Merlins Frage.
    »Was gibt es da zu besprechen?«
    »Ich fordere dich auf, diesem Treiben ein Ende zu setzen. Schließ die Quelle des Lebens und beende die Erbfolge .«
    Merlin zeigte mit keiner Regung, was er von dieser Forderung hielt. »Warum sollte ich das wohl tun?«
    »Du stehst für die Ausgewogenheit zwischen Gut und Böse. Es kann nicht in deinem Interesse sein, dass die Quelle ständig Streiter für das Licht hervorbringt. Wo bleibt da die Balance der Waagschalen?«
    »Lass mich um meine Aufgaben kümmern. Sorge du dich lieber um deine eigenen. Jemanden wie dich hat das Gleichgewicht doch noch nie interessiert!«
    »Alles hat irgendwann ein erstes Mal. Und du musst zugeben, dass ich nicht Unrecht habe.«
    Für einen Augenblick schien der Magier tatsächlich zu überlegen. Dann sagte er: »Nein, ich glaube, ich werde die Erbfolge nicht beenden. Wer sagt dir überhaupt, dass ich das könnte? Außerdem behaupte ich, dass die Unsterblichen die Ausgewogenheit erst herstellen.«
    Lucifuge Rofocale spuckte aus. »Unsterbliche! Pah! Du siehst doch, wie es um ihre Unsterblichkeit bestellt ist.«
    »Richtig. Deshalb verstehe ich deine Forderung erst recht nicht.« Merlin strich sich durch den Bart und kniff die Augen zusammen. »Gibt es womöglich noch einen anderen Grund für dein Interesse?«
    »Das geht dich nichts an«, brauste der Ministerpräsident auf. »Wie du sagtest: Kümmere dich um deine eigenen Aufgaben.«
    »Das werde ich tun. Ich denke, das Gespräch ist hiermit beendet.«
    Merlin wendete sich ab zum Gehen. Hier im Nirgendwo eine eher symbolische Geste.
    Doch bevor er diesen Nicht-Ort verlassen konnte, zwängte Lucifuge Rofocale ein Wort über seine Lippen: »Bitte!«
    Der Magier blieb tatsächlich stehen und drehte sich wieder um. »Was hast du gesagt?«
    »Du hast mich genau verstanden«, knirschte der Ministerpräsident. »Ich sagte: Bitte!«
    Ein Lächeln schlich sich auf Merlins Lippen und ließ seinen Bart kräuseln. »Wer hätte gedacht, dass ich das noch erlebe. Lucifuge Rofocale bittet mich um etwas. Die Antwort lautet trotzdem nein. Selbst wenn du noch einen Knicks vor mir machen würdest.«
    Da brach es aus dem Dämon heraus. »Fühl dich nicht so sicher, Zauberer! Wenn du die Erbfolge nicht beendest, dann werde ich sie eben vernichten und den Erbfolger töten.«
    Merlin zögerte einen Augenblick, dann winkte er ab. »Ach was. Du weißt doch gar nicht, wo die Quelle liegt und hast keinerlei Zugang zu ihr. Und der Erbfolger weiß sich seiner Haut durchaus zu wehren.«
    Nun war es an Lucifuge Rofocale, zu lächeln. Nur fiel bei ihm diese Geste wesentlich kälter und boshafter aus. »Da täuschst du dich. Ich weiß sehr wohl, wo die Quelle liegt.«
    Der Magier musterte den Ministerpräsidenten von oben bis unten. »Du lügst!«
    »Nein. Warum sollte ich? Lass dir etwas erzählen: Vor Kurzem habe ich festgestellt, dass sich eine…
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