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Meine Seele gehoert dir - Angelfire ; Bd. 1

Meine Seele gehoert dir - Angelfire ; Bd. 1

Titel: Meine Seele gehoert dir - Angelfire ; Bd. 1
Autoren: Courtney Allison Moulton
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EINS
     
    I ch starrte aus dem Fenster des Klassenzimmers und träumte davon, frei zu sein, aber ich saß hier fest. Überall hätte ich sein wollen, nur nicht hier, wo ich wie alle anderen die Ausführungen meines Wirtschaftskundelehrers über mich ergehen lassen musste. Als ich ihm noch zugehört hatte, hatte er über Finanzpolitik gesprochen, und das war auch schon der Moment gewesen, in dem er mich verloren hatte. Mein Blick wanderte zu meiner besten Freundin, Kate Green, die selbstvergessen ihre Notizen mit einem kunstvollen Blumenmuster verzierte. Dann starrte ich auf die grauen Brusthaare, die wie Stahlwolle aus dem Kragen von Mr Meyers Polohemd hervorquollen, und fragte mich, ob er jemals über Enthaarung nachgedacht hatte.
    Nach weiteren einschläfernden zwanzig Minuten weckte der erlösende Gong meine Lebensgeister und ließ mich erleichtert aufspringen. Kate schob ihre Arbeitsblätter in ihren Ordner und folgte mir durch den Gang zwischen den Tischen. Die anderen Zwölftklässler stürmten wie von der Tarantel gestochen zur Tür.
    »Ms Monroe?«, rief Mr Meyer mir nach, als ich gerade hinausgehen wollte.
    Ich drehte mich zu Kate um: »In fünf Minuten an deinem Schließfach?«
    Sie nickte und folgte den anderen Schülern auf den Flur, bis ich mit unserem Lehrer allein zurückblieb. Mr Meyer schaute mich durch seine dicken Brillengläser freundlich an und winkte mich zu sich.
    Ich holte tief Luft, denn ich ahnte, worüber er mit mir reden wollte. »Ja, Sir?«
    Sein Lächeln war warmherzig und nett, sein grauer Bart kräuselte sich um seine schmalen Lippen. Er schob die Brille hoch. »Der Test letzte Woche ist wohl nicht so gut gelaufen?«
    Ich wappnete mich. »Nein, Sir.«
    Er blickte zu mir auf. »Letztes Jahr in meinem Politikkurs haben Sie anfangs sehr gut mitgearbeitet, aber in den letzten Monaten des Schuljahrs wurden Ihre Noten schlechter. Nach den Sommerferien sind sie noch weiter in den Keller gegangen. Ich möchte, dass Sie wieder besser werden, Ellie.«
    »Ich weiß, Mr Meyer«, erwiderte ich zerknirscht. Tausend Entschuldigungen kamen mir in den Sinn. Ich war abgelenkt. Abgelenkt durch die College-Bewerbungen, die ständigen Streitereien meiner Eltern, die Albträume, die mich Nacht für Nacht quälten. Natürlich wollte ich mit meinem Wirtschaftskundelehrer nicht über meine Probleme reden. Sie gingen ihn nichts an. Also entschied ich mich für eine vage Antwort. »Es tut mir leid. Ich war abgelenkt. Im letzten Jahr war so viel los.«
    Er stützte die Ellbogen auf seinen vollgepackten Tisch und beugte sich vor. »Ich weiß, es steht eine Menge an in der Abschlussklasse. College, Freunde, Homecoming, Jungs … Es gibt so vieles, das Sie beschäftigt. Aber Sie müssen sich auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist.«
    »Ich weiß«, sagte ich schuldbewusst. »Danke.«
    »Und ich spreche nicht nur von der Schule«, fuhr er fort. »Das Leben hält Prüfungen für Sie bereit, von denen Sie noch nichts ahnen. Lassen Sie nicht zu, dass die künftigen Herausforderungen das Gute, das Sie in sich tragen, verändern oder Sie vergessen lassen, wer Sie sind. Sie sind ein nettes Mädchen, Ellie. Ich hatte Sie immer gern in meinen Kursen.«
    »Danke, Mr Meyer«, sagte ich mit aufrichtigem Lächeln.
    Er lehnte sich zurück. »Dieser Kurs ist nicht besonders schwierig. Ich bin mir ganz sicher, wenn Sie sich ein bisschen mehr Mühe geben, werden Sie ihn bestimmt schaffen. Mein Kurs ist nichts im Vergleich zu dem, was da draußen in der realen Welt vor sich geht. Ich weiß, dass Sie das hinkriegen.«
    Ich nickte, obwohl er diese kleine Ansprache sicher für jeden parat hatte, der bei einem Test mit zwanzig Fragen ein »Ausreichend« bekommen hatte, aber seine Worte klangen so ehrlich, dass ich sie ihm abkaufen wollte. »Danke, dass Sie an mich glauben.«
    »Ich sage das nicht zu jedem, dessen Noten schlechter werden«, erwiderte er, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Ich meine es ernst. Ich glaube an Sie. Aber Sie müssen auch an sich selbst glauben, versprochen?«
    Mein Lächeln wurde breiter. »Danke. Bis morgen.«
    »Ich werde hier sein«, sagte er und erhob sich mühevoll von seinem Stuhl. Seit dem ersten Schultag nach den Ferien benutzte er einen Stock. »Sie haben bald Geburtstag, stimmt’s?«
    Ich sah ihn erstaunt an. »Ja, woher wissen Sie das? Soll ich selbstgebackene Muffins für alle mitbringen, oder so?«
    Er lachte. »Nein, nein. Es sei denn, Sie möchten es gern. Ich hätte nichts
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