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Der Zeitsprung

Der Zeitsprung

Titel: Der Zeitsprung
Autoren: Inka Loreen Minden
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Der Zeitsprung
     

     
    Lisa wollte vor dem Schlafengehen noch schnell einen kleinen Joint rauchen, um den Alltag hinter sich zu lassen. Sie ging hinaus in den Garten, nur mit einem Nachthemd bekleidet, zündete die gedrehte Tüte an und nahm einen tiefen Zug. Groß und geheimnisvoll lächelte der Mond zu ihr herunter und beleuchtete den Garten schemenhaft. Ein grünlich funkelnder Stein, der zwischen den Rosenbüschen lag, sprang ihr sprichwörtlich ins Auge. Lisa liebte besondere Steine. Der hier würde sich gut in meinem Aquarium machen , dachte sie, während sie ihn aufhob und die Haschzigarette in der Erde ausdrückte.
    Das münzgroße Mineral umgab plötzlich ein seltsames Fluoreszieren. Es fühlte sich an, als würde es immer heißer werden und ihre Handfläche verbrennen. Sie wollte die Steinscheibe fallen lassen, doch es war zu spät …
    Zu spät wofür? , fragte ihr überrumpeltes Hirn, doch dann begann der Boden unter ihren Füßen zu wackeln. Eigentlich verschwand er sogar, und es wirbelte sie wie in einem Strudel herum.
    »Hey, das geht ja cool ab!« Lisa schaute staunend um sich, nachdem sie unsanft auf dem Hosenboden gelandet war. Sie saß auf den Planken eines großen Schiffes, die heftig bebten – und das aus gutem Grund: Um sie herum tobte ein Kampf, Schwerter pfiffen durch die Luft und sie hörte lautes Scheppern und Klirren. Geistesgegenwärtig kroch sie in einen Spalt zwischen zwei großen Fässern, der ihr Schutz gab und sie halbwegs vor neugierigen Blicken verbarg.
    Aus ihrem Versteck heraus, in dem es fürchterlich nach Schwefel stank, versuchte sie, die Szenerie zu überblicken. Lisa linste über den Fassdeckel und kicherte, als sie einen Mann entdeckte, von dem sie die Augen nicht abwenden konnte. Es war also kein Albtraum: Hier ging es um Sex! So ein wunderschöner riesiger Kämpfer konnte nicht in der realen Welt existieren, er musste ihrer überspannten Fantasie entsprungen sein. Wahrscheinlich brauchte sie etwas regelmäßigeren Verkehr, wenn ihre Libido derart übersprudelte.
    Was haben die nur in den Stoff getan? Ich sollte demnächst lieber reines Gras rauchen, das können sie nicht panschen , ging es ihr durch den Kopf, und es perlte erneut ein Kichern in ihrer Brust.
    Genießerisch lächelnd beobachtete sie das Spiel seiner Muskeln unter dem hochgekrempelten Hemd, während der mächtige Krieger einen gegnerischen Hieb parierte und sich dabei ungeduldig das lange Haar über die Schulter warf. Es flatterte wie ein Banner im Wind und gab ihm das wilde Aussehen eines Racheengels. Hier und da konnte sie einige Zöpfe mit aufgefädelten Holzperlen zwischen den schwarzen Strähnen ausmachen. Das ist ein Sahneschnittchen, ein richtiger Mann! , dachte sie und ließ ihre Zungenspitze über die Lippen huschen. Warum habe ich meine Kamera nicht dabei?
    Lisa war Profifotografin und hatte immer ein offenes Auge für lohnende Motive – es wäre eine Herausforderung, diesen Prachtburschen mit seiner erotischen Aura in einem Bild einzufangen. Sie betrachtete ihn durch den »Rahmen«, den sie mit den Händen formte, und bewunderte die Geschicklichkeit, mit der er sein Schwert gegen die britischen Soldaten führte.
    Klar, die Engländer … Wie schön, dass ich genug Piratenfilme gesehen habe, um zu wissen, dass sie meist die Waffen mit den Handelsmarinisten ‚Ihrer Majestät’ gekreuzt haben. Immerhin braucht auch ein feuchter Traum ein wenig Hintergrund, damit er realistisch wirkt.
    Aber es reichte Lisa langsam; das Gemetzel konnte aufhören. Sie hatte sich genug Appetit geholt, während sie die geschmeidigen Bewegungen ihres Lustobjekts beobachtete. Jetzt konnten sie ruhig zum handfesteren Teil übergehen. Das sehnsüchtige Pochen in ihrem Unterleib war ein sicheres Zeichen dafür, dass sie bereit dazu war.
    Ob ich in meinen Traum eingreifen kann, um ihn zu steuern? Probehalber wackelte sie erst mit ihren bloßen Zehen und hob dann die Hand. Das schien kein Problem zu sein, also stand sie inmitten der tobenden Schlacht einfach auf, damit ihr Held die Gelegenheit bekam, sie aus höchster Not zu retten. Ist das geil, wenn ich Regie in meiner eigenen Schnulze führe , sinnierte Lisa übermütig.
    Zu ihrer Verwirrung fing sie auch einen kurzen Blick aus den hellen Augen des Piraten auf, aber er schaute nicht besorgt, sondern eher ärgerlich in ihre Richtung. Sofort wurde er wieder vom Kampf abgelenkt, weil zwei Gegner zugleich auf ihn eindrangen.
    Doch sie hatte sehr wohl Aufmerksamkeit erregt
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