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0861 - Gefangene der Namenlosen

0861 - Gefangene der Namenlosen

Titel: 0861 - Gefangene der Namenlosen
Autoren: Jason Dark
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es ein idealer Ort gewesen. Wer hätte ihn dort schon vermutet?«
    »Kaum jemand – bis auf Malcolm Worriner.«
    »Ist er mal dort gewesen?«
    »Nein, Mr. Sinclair. Zumindest konnte ich das seinen Berichten nicht entnehmen. Wie er herausgefunden hat, daß Josephiel sich dieses Dorf namens Trivino als Basis aussuchte, ist mir unbekannt. Ich kann auch für nichts garantieren, aber es ist eine Spur. Daß Sie die Sense gefunden haben, erhärtet den Hinweis noch.«
    »Das meine ich auch«, sagte der Abbé.
    »Ja, wir müssen hin«, murmelte Suko. »Und wir werden bestimmt auf uns allein gestellt sein, denn Josephiel wird seine Spuren hinterlassen haben. Ich kann mir vorstellen, daß er mächtig genug war, um die Bewohner dieses Bergdorfs unter seine Kontrolle zu bekommen.«
    »Gehen Sie davon aus«, sagte der Bischof, »daß es abergläubische Menschen sind. Ich beneide Sie nicht um Ihre Aufgabe, und Sie werden auch auf mich verzichten müssen, aber ich mußte Ihnen diese Hinweise einfach geben. Er wurde bei mir sehr konkret, als ich die Sense bei Ihnen entdeckte. Da erst fiel mir der Bericht des Toten wieder ein.«
    Ich lehnte mich zurück und hielt mein Bierglas dabei in der rechten Hand. Wie sich die Verhältnisse doch ändern konnten. Vor einer knappen Stunde noch hatten wir auf dem Friedhof gestanden und nicht gewußt, wie es weitergehen sollte, und plötzlich lagen neue Perspektiven vor uns. Auch wenn nicht hundertprozentig feststand, daß wir recht behalten würden, es war immerhin so etwas wie ein neuer Beginn.
    »Wann werden Sie reisen?« erkundigte sich der Bischof.
    »So früh wie möglich«, sagte ich.
    Bischof Morgan nickte über den Tisch hinweg. »Dann wünsche ich Ihnen ein gutes Gelingen. Josephiel, den Abtrünnigen, haben Sie vernichten können, jetzt müssen Sie sich mit seinen Erben beschäftigen, und ich glaube nicht, daß es einfacher werden wird. Rechnen Sie damit, daß Sie die Bewohner eines ganzen Dorfes gegen sich haben. Es ist leicht vorstellbar, daß Josephiels Einfluß auch noch über seinen Tod hinaus existiert.«
    »Wir werden schon die Augen offenhalten!« versprach ich.
    »Und Sie, Abbé, sind mit dabei?«
    »Das lasse ich mir nicht nehmen«, erklärte Bloch mit fester Stimme. »Ich hatte zwar gedacht, daß eine Spur direkt zu den Templern hinführt, das allerdings scheint mir nicht der Fall zu sein. Trotzdem bleibe ich bei meinen Freunden.«
    »Ich werde für Sie beten.« Der pensionierte Bischof schüttelte den Kopf. »Da habe ich mein ganzes Leben der Kirche gedient, aber ich habe mich erst später mit Dingen beschäftigt, die ich früher einfach zu lange habe schleifen lassen. Christliche Mystik, Engel, Dämonen, wie auch immer. Ein Randgebiet, das in der letzten Zeit immer stärker in den Vordergrund rückt. Man spürt es irgendwie. Ich habe den Eindruck, daß wir vor einem großen Umbruch stehen, bevor wir wieder zurück zu den alten Werten finden.« Er lächelte.
    »Lassen Sie sich von den Worten eines alten Mannes nicht beeinflussen, gehen Sie Ihren Weg.«
    Wir dachten uns unser Teil. Zumindest ich glaubte nicht daran, daß die Worte so schlecht waren. Dieser pensionierte Bischof dachte moderner als mancher, der sich dafür hielt.
    ***
    Man hatte Naomi in einen anderen Raum gelegt, und es ging ihr auch besser. Zwei Nonnen hatten sich sehr intensiv um sie gekümmert, sie gewaschen, die Platzwunden behandelt und sie mit einer Kräuterpaste bestrichen, die einen scharfen Geruch abgab, aber für ihre Wunden das beste Mittel war. Wahrscheinlich hatte man ihr auch einen Schlaftrunk eingeflößt, denn sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals so lange und auch so intensiv geschlafen zu haben.
    Als sie dann erwachte, war sich Naomi vorgekommen, als hätten starke Angelhaken sie aus einem tiefen See an die Oberfläche hervorgeholt. Noch schwamm ihr Bewußtsein, noch kam sie sich vor wie auf Wolken liegend, und nur allmählich stieg die Realität in ihr hoch. Naomi schlug die Augen auf.
    Ein langer, tiefer Atemzug folgte.
    Er tat ihr gut, denn sie spürte, wie die kühle Luft in ihre Lungen strömte. Auf ihren Lippen erschien ein erstes scheues Lächeln, wobei sie sich fragte, weshalb sie lächelte.
    Es gab nichts zu lachen, es gab keine Freude, denn sie befand sich noch bei ihnen.
    Aber sie lag in einem fast schon normalen Bett und nicht mehr auf einer Pritsche. Die Unterlage war für sie beinahe himmlisch weich, und wenn sie die Augen verdrehte und nach links blickte, da entdeckte sie
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