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0804 - Die Frau mit den Totenaugen

0804 - Die Frau mit den Totenaugen

Titel: 0804 - Die Frau mit den Totenaugen
Autoren: Jason Dark
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dass das Licht aus dem Fenster verschwand. Es war plötzlich weg, als hätte man es ausgepustet.
    Nur mehr die helle Fassade des Hauses schimmerte in einem matten Knochenglanz in der Dunkelheit des Abends. Auch das Rauschen der Wellen hörte sie jetzt überdeutlich, und sie kam sich so schrecklich und verlassen vor.
    Allein mit einem toten Kind!
    Sie ballte die Hände zu Fäusten. Dabei drangen die Nägel in das Fleisch ein. Der leichte Schmerz riss sie aus ihrer Erstarrung. Sie fing an, über ihre Lage nachzudenken.
    Die Polizei musste eingeschaltet werden. Aber gab es überhaupt eine Polizei in diesem Kaff? Fiona überlegte. Sie war schon des Öfteren durch die Straßen gegangen, doch eine Polizeistation war ihr dabei nicht aufgefallen.
    Vielleicht mussten die Beamten dann aus einem Nachbarort kommen. Besonders weit waren sie nicht.
    Fiona wollte weg.
    Einen letzten Blick warf sie noch auf das tote Kind, dann gab sie sich einen Ruck und ging.
    Sie lief den Weg nicht mehr weiter, sondern bewegte sich auf die Strandböschung zu, und zwar dort, wo auch das Haus seinen einsamen Platz gefunden hatte. Zwar fürchtete sie sich davor, sie hatte das Licht und die Erscheinung nicht vergessen, aber es war der kürzeste Weg, den sie nehmen konnte.
    Die Frau lief nicht mehr so locker über den Sand. Es sah aus, als würde ihr jeder Schritt schwer fallen, und mit der Spitze ihrer Schuhe wirbelte sie bei jeder Berührung den Sand auf. Ihre Gedanken drehten sich ausschließlich um das tote Kind. Sie konnte sich überhaupt nicht vorstellen, wie die Kleine gestorben war. Zwar war ihr der Tod schon des Öfteren begegnet, nur als eine Fachfrau wollte sie sich nicht ansehen. Sie tippte auf Herzschlag.
    Aber in dem Alter?
    Das Gesicht hatte sich Fiona genau eingeprägt. Während sie durch den tiefen Sand schritt und erste karge Büsche sie flankierten, dachte sie darüber nach, ob ihr die Kleine schon mal in Harrings-on-Sea, so hieß der Ort, begegnet war. Das war nicht der Fall.
    Durch die Dünen führten Holzstege zum Strand. Auf diese Weise würde die Natur geschont. Treppen überwanden die Böschung.
    Fiona ging in die entgegengesetzte Richtung. Das Haus lag links von ihr. Sie kam einfach nicht davon los, drehte den Kopf und schaute gegen die seitliche Front.
    Dort tat sich nichts.
    Zwar befanden sich da auch einige Fenster, aber Licht schimmerte hinter keiner Scheibe. Im Haus war es stockdunkel.
    Die lauten Laufgeräusche auf dem Holz störten Fiona Finley nicht. Sie wollte so rasch wie möglich der Polizei Bescheid geben und war froh, die Treppe hinter sich gelassen zu haben. Dennoch drehte sie sich an deren Ende um. Noch einmal wollte sie zurückschauen, und sie sah trotz der Dunkelheit die kleine Gestalt auf dem Boden liegen.
    Der Sand schien sie bedeckt zu haben, denn der Wind trieb die feinen Körner in langen Fahnen heran und würde sie bald zugedeckt haben.
    Fiona fror, als sie daran dachte. Dieser Gedanke war für sie einfach zu makaber, und wieder hatte sie Mühe, die Fassung zu bewahren. Sie zog den Kopf ein, und ging auf den Holzplanken weiter durch die Dünenlandschaft.
    Unter ihr und etwas entfernt liegend zeichnete sich die Kulisse des Dorfs ab. Zahlreiche Häuser, der Kirchturm…
    Dann der Schrei!
    So heftig und grell, dass Fiona erschrak. Sie blieb für einen Moment stehen, erst dann drehte sich die Frau um, denn der Schrei war dort aufgeklungen, wo das Haus lag.
    Dann sah sie die Wolke. Eine flatternde Masse Vögel hatte sich über dem Haus zu einem runden Pulk zusammengefunden.
    Sie schaute nicht hin, sondern rannte los. Instinktiv spürte Fiona, dass die Vögel ihre Feinde waren und ihr ans Leben wollten. Als sie losrannte, zog sie den Kopf ein. Sie war jetzt froh, die Turnschuhe an den Füßen zu wissen, denn die Planken waren nicht nur feucht, auf ihnen lag auch feiner Sand, der regelrecht Fallen bildete. Es bestand Rutschgefahr.
    Weiter, nur weiter…
    Dem Grauen entkommen, den Feinden entwischen, aber das war eine Täuschung. Vögel sind immer schneller als Menschen, wenn sie fliegen. Fiona schrie auf, als sie erkannte, wie nahe ihr die ersten Möwen bereits gekommen waren. Sie flatterten mit wilden Bewegungen heran. Für Fiona waren es keine Tiere mehr, sondern Geschöpfe der Hölle, von einem mächtigen Dämon geschickt.
    Die Frau rannte.
    Zu spät.
    Plötzlich waren sie über ihr. Die Luftwirbel der flatternden Schwingen peitschten ihr die Haare durcheinander. Fiona duckte sich tief, dass sie nicht mehr
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