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Wenn die Würfel fallen

Wenn die Würfel fallen

Titel: Wenn die Würfel fallen
Autoren: Carter Brown
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ERSTES KAPITEL
     
    Z wei Dienstfahrzeuge und eine
Anzahl Polizisten verunzierten die Auffahrt zum Hause des Sheriffs, ganz zu
schweigen von der Leiche auf der obersten Stufe der kleinen Treppe, die zur
Vorveranda hinaufführte. Ich parkte meinen Austin Healy hinter dem letzten der
beiden Wagen und bahnte mir einen Weg durch die Gruppe.
    »Leutnant«, meldete Sergeant
Polnik stolz, »eben habe ich ein Frauenzimmer gekriegt!«
    »Weiß Ihre Alte das schon?«
fragte ich ihn. »Das könnte ihre Pläne für die zweiten Flitterwochen über den
Haufen werfen.«
    »’ne Leiche von ’nem
Frauenzimmer, meine ich«, verbesserte er sich hastig. »Über ausreichend Ärger
mit meiner Alten kann ich mich auch so nicht beklagen.«
    Ich sah mir die Leiche näher
an. Es war ein Mädchen, brünett, dem Aussehen nach Mitte Zwanzig, aber
heutzutage kann man so etwas nicht mehr mit Bestimmtheit feststellen. Bis
plötzlich Großmütter aus ihnen werden, bleiben sie alle Mädchen. Nachdem ich
eine Weile hingesehen hatte, kam ich zu dem Schluß, daß diese hier wirklich ein
Mädchen war.
    Sie trug einen rosa Pulli und
einen schwarzen Rock. Jemand hatte sie sauber in den Rücken geschossen und
dabei den Pullover ruiniert. Selbst unter dem kalten, unpersönlichen Licht des
Scheinwerfers sah ihr Gesicht schön aus.
    »Der Sheriff erwartet Sie im
Haus, Leutnant«, sagte Polnik. »Er hat gesagt, er wollte mit Ihnen sprechen,
sobald Sie ankommen.«
    Die Haustür stand offen. Ich
betrat das Haus und fand Sheriff Lavers im Wohnzimmer. Sein sonst immer
rötliches Gesicht war weiß wie Kalk und verriet die innere Spannung. »Ich bin
froh, daß Sie es so schnell geschafft haben, Wheeler«, sagte er. »Die Leiche
schon gesehen?«
    »Ja, Sir«, antwortete ich. »Ist
es jemand, den Sie kennen?«
    »Meine Nichte«, sagte er
gepreßt.
    Ich zündete eine Zigarette an
und wartete, daß er mir mehr darüber erzählte. Ein kleiner Muskel an der Seite
seines Mundes zuckte nervös, als er zu sprechen begann.
    »Sie hieß Linda Scott und war
die Tochter meiner Schwester. Ich habe sie zwanzig Jahre lang nicht gesehen,
bis sie plötzlich vor einem Monat in Pine City auftauchte.«
    »Kam sie nur, um Sie zu
besuchen?«
    Lavers zuckte mit den
Schultern.
    »Ich bezweifle es. Ich habe nie
herausbekommen, warum sie wirklich hierherkam. Sie mietete eine sehr
kostspielige Wohnung, trug teure Kleider, und an Geld schien es ihr nie zu
fehlen.«
    »Arbeitete sie?«
    »Nein. Und das Geld stammte
auch nicht von ihren Eltern. In den ersten beiden Wochen nach ihrer Ankunft
luden wir sie ein paarmal zum Essen ein. Sie war freundlich, aber das war auch
alles. Sie war sehr schweigsam und zurückhaltend, Sie verstehen, was ich sagen
möchte.«
    »Aber da muß doch noch mehr
dahinterstecken, Sheriff«, meinte ich.
    »Natürlich«, sagte er düster.
»Nämlich Howard Fletcher!«
    »Der Spielsalonfritze aus Las
Vegas?« fragte ich. »Ich wußte gar nicht, daß er in der Stadt ist.«
    »Es bestand kein Grund, es
Ihnen auf die Nase zu binden«, sagte Lavers kurz. »Er kam um dieselbe Zeit hier
an wie Linda.«
    »Was veranlaßte ihn,
herzukommen?«
    »Ich wünschte, ich wüßte es.
Dem Commissioner geht es ebenso. Er hat die ganze Zeit Fletcher nicht aus den
Augen gelassen, aber der Bursche hat sich nichts zuschulden kommen lassen.«
    »Hatte denn Ihre Nichte
irgendwelche Beziehungen zu ihm?«
    »Sie war seine Freundin«,
erklärte Lavers. »Ich glaube, das ist die seriöse Bezeichnung dafür.«
    »Glauben Sie, daß das Geld von
Fletcher stammte — daß er für die Wohnung und alles andere zahlte?«
    »Meiner Meinung nach, ja«,
sagte der Sheriff düster. »Als Linda das letztemal hier war, versuchte ich, mit
ihr darüber zu sprechen. Das Ergebnis war, daß sie mich stehenließ. Sie wollte
einfach nicht zuhören. Ich versuchte, ihr klarzumachen, was für ein Mann dieser
Fletcher ist. Es war zwecklos.«
    »War dies das letztemal, daß
Sie sie sahen?«
    Lavers nickte. »Das letztemal,
daß ich sie lebend sah.«
    »Und was ist mit Fletcher?«
fragte ich vorsichtig.
    Er grinste bösartig. »Ihnen
entgeht aber auch gar nichts, Wheeler. Ich sprach mit ihm vor einer Woche. Es
war das, was man ein Interview in gesetzten Worten nennen kann. Er hatte einen
Vorschlag.«
    »Kann ich mir denken«, sagte
ich. »Er will hier mit derselben Masche ins Geschäft einsteigen wie in Las
Vegas.«
    »Ich glaube, seine
Unternehmungen in Vegas gehören der Vergangenheit an«, brummte Lavers. »Er war
der letzte
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