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0804 - Die Frau mit den Totenaugen

0804 - Die Frau mit den Totenaugen

Titel: 0804 - Die Frau mit den Totenaugen
Autoren: Jason Dark
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weiter. Langsamer, sie lief aus, Schritt für Schritt.
    Dann stolperte sie über einen Gegenstand.
    Damit hatte sie nicht gerechnet, sie hatte ihn wegen ihres erhobenen Kopfes auch nicht gesehen, doch dieser Gegenstand war so gewichtig und stark, dass sie das Stolpern nur mühsam ausgleichen konnte, etwas rutschte, dann doch stehen blieb.
    Sie keuchte und dachte daran, dass sie den Gegenstand schon passiert hatte.
    Zwei Schritte musste sie zurück. Vor ihm blieb sie stehen, und Fiona senkte den Kopf.
    Da sah sie das tote Kind!
    ***
    Es wollte ihr zuerst nicht in den Sinn, dass es so etwas überhaupt gab. Irgendetwas sperrte sich in ihr. Sie rechnete damit, einen Traum zu erleben, aber die kleine reglose Gestalt mit dem blonden Haar wollte einfach nicht verschwinden.
    Sie war da!
    »Nein«, keuchte Fiona, »nein, das ist nicht wahr. Das darf nicht möglich sein. Das ist einfach verrückt. Ich… ich drehe noch durch. So etwas kann niemals stimmen…«
    Das Kind rührte sich nicht.
    Die Frau rieb über ihre Augen. Erst jetzt erkannte sie, dass sie es mit einem Mädchen zu tun hatte. Das Alter war schwer zu schätzen, es spielte auch keine Rolle, es war eben nur so schrecklich, dass sich dieses Kind nicht bewegte. Die Frau war verzweifelt.
    »Nein… du … du bist nicht tot. Du kannst nicht tot sein. Du hast dich hierher gelegt, um zu schlafen. Du … du …«
    Ihre Stimme versickerte, denn sie wusste plötzlich, dass es nicht stimmte. Das Mädchen lag nicht im Sand und schlief. Eine Schlafende hätte geatmet, sich irgendwie bewegt oder anders gelegen, wie auch immer, aber dieses Kind sah einfach so schrecklich steif aus, und allmählich begriff Fiona, wer da vor ihr lag.
    »Mein Gott«, sagte sie nur, »mein Gott, lass es bitte nicht wahr sein. Nein, nicht…« Ihre Stimme versickerte. Das Rauschen der Wellen war für sie zu einer Todesmelodie geworden. Steif sackte sie in die Knie, und sie hörte die krächzenden Schreie der Möwen wie ein wildes Triumphgeheul hoch über sich.
    Die Furcht und das Wissen hatten sie wie ein brutaler Faustschlag erwischt. Ihre Knie berührten die weiche Erde und sanken in den Sand ein. Sie kniete direkt neben der Kleinen, noch immer einen Funken Hoffnung im Herzen, dass sie leben würde, und sie selbst strich mit zitternder Hand über das bleiche Gesicht.
    »Nichts…«, flüsterte sie, als sie den Puls fühlen wollte, und plötzlich begann sie zu weinen. Die Tränen hinterließen warme Spuren auf ihrer Haut.
    Sie wischte die Tränen fort, und sie drehte dabei ihren Kopf nach rechts. Dort lag das Haus. Es stand wie ein schauriger Beobachter auf den Klippen oder Dünen, die mit hartem Gras bewachsen waren. Ein weißes Haus im Schatten der anbrechenden Nacht. Licht brannte darin. Hinter einem Fenster sah sie einen gelben Schein.
    War dort jemand?
    Soviel sie wusste, stand das Haus leer. Niemand ging hinein. Es sollte sogar verbarrikadiert worden sein, und es kursierten bereits Geistergeschichten über das Gebäude. Das war auf den Britischen Inseln nichts Ungewöhnliches.
    Wer lauerte dort?
    Das tote Kind hatte sie für einen Moment vergessen, denn sie konzentrierte sich einzig und allein auf das Licht. Und dabei lief ihr ein Schauer über den Rücken.
    Fiona Finley konnte nicht genau erkennen, was in dem Licht auftauchte, jedenfalls war es rot.
    Rot war die Farbe des Blutes. Daran musste die Frau denken, und sie wandte ihren Kopf wieder ab, weil sie nachschauen wollte, ob das Kind vor ihr geblutet hatte.
    Es waren keine Verletzungen zu erkennen. Es konnte auch an den schlechten Lichtverhältnissen liegen, und eine Taschenlampe trug die Joggerin nicht bei sich. Selbst ein Feuerzeug nicht, denn sie gehörte zu den überzeugten Nichtrauchern.
    Fiona stand auf. Sie bewegte sich sehr langsam und kam sich dabei selbst fremd vor. Etwas hatte brutal in ihr Leben eingegriffen, sie würde ihren Urlaub nicht so fortsetzen können, wie sie ihn vor einigen Tagen begonnen hatte.
    Wie unter Zwang drehte sie den Kopf und blickte wieder zum Haus hinüber.
    Nichts hatte sich verändert.
    Das Licht lag wie ein starrer Schleier im Fenster, dahinter schimmerte der rötliche Gegenstand. Ein Mensch war es wohl nicht.
    Was soll ich tun?, fragte sich Fiona.
    Wäre das Gleiche einer Joggerin im Film passiert, dann hätte sie schon gewusst, was zu tun gewesen wäre, sie aber befand sich nicht im Film und handelte auch nicht nach einem Drehbuch.
    Fiona musste allein entscheiden.
    Zunächst einmal bekam sie mit,
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