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Ein kleiner Ritter um halb vier

Ein kleiner Ritter um halb vier

Titel: Ein kleiner Ritter um halb vier
Autoren: dtv
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Es war halb vier, als der der kleine Ritter in Theos Leben polterte, nach Drachenatem stinkend, und natürlich mit seinem Meerschweinchen. Mama war gerade seit zwei Tagen abgehauen, mit Ragnar, ihrer Freundin. Obwohl man das vor Papa natürlich nicht sagen durfte, dass Mama abgehauen war, weil er dann komisch schaute. Aber sie war nun mal abgehauen, weil sie das alles nicht mehr ausgehalten hatte mit Papa und seiner ganzen Arbeit und mit Milli und Theo, das hatte Theo selbst gehört.
    Zuerst war es allerdings noch nicht halb vier, sondern erst halb zwei, und Theo kam aus der Schule. Papa hatte lauter kleine schwarze Bällchen auf die Teller gelegt. Und Spargel. Die kleinen schwarzen Bällchen sollten Frikadellen sein. Und der Spargel war einfach Spargel und das war schlimm genug.
    Theo verzog das Gesicht. Er kannte keinen fast neunjährigen Jungen, dem Spargel schmeckte. Außer vielleicht Bernd aus seiner Klasse, aber der war insgesamt etwas seltsam und mochte auch Oliven. Dass Milli Spargel verabscheute, war ja sowieso klar. Sie war ja erst vier.
    »Papa«, fing Theo an und überlegte, wie er es ihm am besten beibringen sollte.
    »Na, da hab ich euch was Feines gekocht!«, rief Papa betont fröhlich und steckte sich einen Spargel in den Mund. »Das Spargelglas stand schon zwei Jahre in der Speisekammer! Da wurde es mal Zeit!«
    »Papa«, versuchte es Theo noch einmal, aber in diesem Moment klingelte Papas Handy, und während er Theo und Milli freundliche Zeichen gab, doch bitte kräftig zuzugreifen, ging Papa dran. »Hallo? – Ah, Reinhard.«
    Theo seufzte und saugte eine glibberige Spargelstange auf, während Papa mit Reinhard, wer immer das war, telefonierte. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Milli sich voller Hoffnung nach etwas umschaute, was aussah wie das Feine, das Papa gekocht haben wollte. Das Spargelstück in Theos Mund wurde zäher und zäher und fühlte sich schließlich an wie ein altes Kaugummi.
    »Entschuldigung, Kinder, das war die Arbeit«, sagte Papa, als er wieder aufgelegt hatte.
    »Mir ist schlecht«, sagte Theo und spuckte das Spargelkaugummi aus. »Ich hab keinen Hunger.«
    Wenn er daran dachte, dass heute Freitag war und Mama am Freitag Pfannkuchen mit Erdbeermarmelade gemacht hätte, so wie immer, wurde ihm ganz schwummrig. Aber Mama war abgehauen, auch wenn man das nicht sagen durfte.
    »Schlecht? Mensch, Theo, hoffentlich kein Virus?«, fragte Papa sorgenvoll. »Das hätte mir gerade noch gefehlt, jetzt wo Mama – wo Mama sich erholt.«
    »Wann kommt sie endlich wieder?«, schrie Milli, die immer noch nichts Feines gefunden hatte. Herausfordernd warf sie eines der kleinen schwarzen Bällchen, die Frikadellen sein sollten, gegen das Fenster. Es schepperte recht bedenklich.
    »Nicht so fest«, rief Papa und sah ganz erschrocken aus, »so eine Fensterscheibe kann kaputtgehen. Die sind ziemlich hart, die Dinger!«
    »Das sind Kanonenkugeln«, sagte Milli. »Ich will keine Kanonenkugeln.«
    »Heute ist Freitag«, murmelte Theo.
    »Heute ist Freitag, genau, Freitag«, wiederholte Milli. »Freitags gibt’s Pfannkuchen!«
    Theo hörte Papa laut ein- und laut ausatmen, und beinah hätte er Mitleid mit ihm bekommen. Doch dann fiel ihm ein, dass Papa selbst schuld war, denn schließlich hätte er ja wissen können,dass weder Theo noch Milli noch sonst ein Kind (außer vielleicht Bernd aus seiner Klasse) Spargel mit verbrannten Kanonenkugel-Frikadellen mochte. Und schließlich hätte Papa auf den Kalender schauen können, dann hätte er auch sehen können, welcher Tag heute war, Pfannkuchentag nämlich.

    »Niemand muss essen, wenn er keine Lust hat«, sagte Papa, nachdem er ausgeschnauft hatte. »Ihr könnt euch ja Mäuse fangen, wenn ihr wollt. Und wer das auch nicht will, der kann einfach seine Hausaufgaben machen!«
    Theo sprang auf, denn an Tagen wie diesen war es eindeutig besser, Hausaufgaben zu machen, als weiter am Tisch sitzen zu bleiben. Mit einem Ohr hörte er noch, wie Milli Papa darüber aufklärte, dass sie übrigens ein Kindergartenkind sei und überhaupt keine Hausaufgaben machen müsse.
    Inzwischen war es zwei Uhr geworden, aber darauf achtete Theo natürlich nicht, weil er ja nicht ahnen konnte, was um halb vier passieren würde.
    Theo schaute aus dem Fenster, denn heute hatte er eine besondere Hausaufgabe auf, für die man rausgehen musste. Er stutzte kurz und sein Herz machte einen kleinen Hopser, denn für einenMoment meinte er, Mama zu sehen, wie sie weit hinten die Straße
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