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Ein kleiner Ritter um halb vier

Ein kleiner Ritter um halb vier

Titel: Ein kleiner Ritter um halb vier
Autoren: dtv
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Drachen entronnen, wartet neue Unbill! Dieses Loch war auf meiner Karte nicht verzeichnet.«
    Theo ging in die Knie und spähte hinunter. Der kleine Kerl trug einen verbeulten, viel zu kleinen Helm und eine Rüstung, die sich über seinemBauch ziemlich rund wölbte. Umständlich rappelte er sich auf und packte sein Schwert mit beiden Händen.

    »Wes Land ist dieses finstre Loch?«, rief er herausfordernd, wobei ihm sein Helm vom Kopf rutschte. »Welch Herrscher herrscht und regiert über diese Falle? – Ha! Keine Antwort, nirgends. Wie unhöflich. Doch dort, sieh an! Zwei Ohren!«
    Theo schluckte wieder. Das waren seine Ohren, die der kleine Kerl meinte!
    Der kleine, verbeulte, erdige Ritter, dessen Backen vor Aufregung rot glühten, hob drohend sein Schwert. »Rosalinde, jetzt gilt’s! Stelle sich, wer immer dort oben zwei Ohren hat, dem offenen Kampf! Zeig dich, Kerl, und lass mich aus diesem Loch heraus, bevor ich dich aufspieße!«
    Theo sprang auf, denn das Schwert sah spitz aus.
    Doch es fiel dem Ritter vor Schreck beinah aus der Hand, als er Theo in seiner vollen fastneunjährigen Größe sah. »Oh! Oh! O weh! Wie sind die Leute groß hier. Dem Drachen entkommen, den Riesen in die Arme gelaufen! Gnade uns Gott! Welch ungleicher Kampf!«
    Theo räusperte sich. »Du – du brauchst keine Angst zu haben!«, sagte er. (Er hatte keine Ahnung,ob man Ritter duzen darf.) »Und du brauchst auch nicht so herumzufuchteln, ich tu dir nichts!«
    Der kleine dicke Ritter sah scharf zu ihm hinauf. »Wisse: Ich habe keine Angst! Niemals nicht! Und wisse auch: Ich fuchtle nicht, ich kämpfe nach allen Regeln der Kunst. Sag mir deinen Namen, dann werde ich auch meinen kundtun!«
    »Theo«, sagte Theo. »Eigentlich Theobald. Theobald Herzig.«
    »Theo Eigentlich Theobald«, wiederholte der kleine Ritter und wurde plötzlich ganz andächtig. »Welche Ehre! Ein Herzog! Theo Eigentlich Theo bald Herzog herrscht über dieses Loch!«
    »Herzig!«, verbesserte ihn Theo, doch der kleine Kerl hörte nicht auf ihn.
    »Durchlaucht, der du bald Herzog wirst, Kasimir mein Name. Freunde nennen mich Kasimir mit dem gebrochenen Herzen.« Der kleine Ritter rappelte sich auf, verbeugte sich, legte sein Schwert zur Seite und zog eine kleine silberne Taschenuhr aus seiner Rüstung. »Ah! Halb vier!«, sagte er zufrieden, als er sie aufgeklappt hatte. »Gerade noch rechtzeitig angekommen! Dieses Scheusal hat mich über die Maßen aufgehalten …«
    Der kleine Ritter, der sich Kasimir mit dem gebrochenen Herzen nannte, hielt inne, stellte sich auf die Zehenspitzen und deutete besorgt aufs Gartentor hinter Theos Rücken. »Ist es fest versperrt und verriegelt? Bewacht und verschlossen? Nicht, dass dieses Drachenscheusal hereinkommt. Es reicht, dass es mit seinem Feueratem Rosalindes Schwanz und mein halbes Hinterteil versengt hat.«
    »Drachenscheusal?« Mit einem Mal bemerkte Theo den strengen Geruch, der in der Luft lag. Der Ritter oder das Meerschwein mit dem rosa Sattel oder beide stanken ganz erbärmlich angebrannt.
    Theo schaute übers Gartentor, aber er sah nur den 9er-Bus, der gerade vorbeifuhr. »Da gibt’s keinen Drachen, da ist die Straße«, sagte er.
    Der kleine Ritter kletterte mühsam aus dem Loch und stellte sich neben Theo. Er war nicht mal so groß wie Theos Gummistiefel.
    »Was ist das dann da für ein Lärm?«, fragte er herausfordernd. »Na? Dieses Fauchen? Dieses Rauchen? Dieses Stinken?«
    »Das sind Autos!«, erwiderte Theo. Vor ihrem Haus war immer viel Verkehr.
    »Dann achte eben darauf, dass diese Autos nicht hereinkommen!«, befahl der Ritter. »Und jetzt zur Sache! Her mit dem Schatz!«

Das würde ihm kein Mensch glauben, dachte Theo. Außer vielleicht Berta aus seiner Klasse, die hatte schon mal ein Ufo gesehen. Hatte sie zumindest behauptet.
    Aber ein kleiner, verbeulter, halb angebrannter Ritter auf einem Meerschwein! Und was sollte das heißen: Her mit dem Schatz?
    Theo war sich sicher, dass ihn jeder aus seiner Klasse, außer vielleicht Berta, für verrückt erklären würde, wenn er es jemals wagen sollte, zu erzählen, wer an diesem Freitag um halb vier bei ihm aufgetaucht war!
    Jetzt zog der kleine Ritter eine Pergamentrolle aus seiner Rüstung. »Zum Glück ist meine Schatzkarte nicht verbrannt. Mal sehen. Hier der Berg. Danach dieser reißende Fluss ohne Brücke. Dann das Drachental. Dann das Herzogtum nach dem Drachental, am besten zu betreten um halb vier! Dort liegt der Schatz. Stimmt alles.«
    »Ein
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