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0788 - Schreckensnacht der weißen Nonne

0788 - Schreckensnacht der weißen Nonne

Titel: 0788 - Schreckensnacht der weißen Nonne
Autoren: Jason Dark
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kannst du nicht lügen!«
    Anina schwieg. Sie bewegte ihre Augen, in denen ich plötzlich ein Funkeln sah. Hatte ich durch meine schon lästige Fragerei den Punkt erreicht, wo sie mir zustimmen würde?
    Ich hoffte es und schaute dann zu, wie sie mit einer ruckartigen Bewegung von ihrem Platz aufstand. Damit hatte sie mich überrascht, denn diese Geste war keine Erklärung für das, was ich gern von ihr gehört hätte.
    »Ich warte noch auf eine Antwort, Anina.«
    »Zu spät«, sagte sie und drückte mich zur Seite, als sie vorging.
    »Ich weiß nicht, ob du es gespürt hast, ich aber habe es genau. Virginia kommt, und sie ist bereits in der Nähe.« Anina senkte die Stimme. »Ich spüre ihren Hass, denn sie befindet sich in einer Verfassung, in der sie alles vernichten will.«
    Nach diesen Worten schaute ich gegen ihren Rücken und verfolgte ihren Weg zum Fenster. Sie stellte sich links neben der Tür auf, stützte sich auf dem Fensterbrett ab und schaute in den dunklen Klosterhof, den eine Mauer umgab.
    Ich ging langsamer und suchte mir ein anderes Fenster aus. Dass die Äbtissin unterwegs war, daran gab es für mich keinen Zweifel, nur machte es mich weniger glücklich, dass sie ausgerechnet in dem Augenblick erschien, als Anina sich zu einer Erklärung entschlossen hatte, was ihre Person anging. Die Rätsel waren leider geblieben, und ich musste mich vorerst damit abfinden.
    Die Scheibe war beschlagen. Ich wischte sie trocken, hatte wieder freie Sicht, und meine Blicke wanderten über den Klosterhof, in dem sich die Schatten verdichtet hatten und so wirkten, als hätte ein gewaltiger Füller tiefblaue Tinte verspritzt.
    Es gab eigentlich keinen Grund, von einer anderen Nacht zu sprechen, diese aber kam mir schon unheimlich vor, denn die Dunkelheit schien mir noch dichter zu sein und war ineinander verwoben wie ein monströses Schattengebilde.
    »Ich sehe sie nicht.«
    »Sie ist aber auf dem Weg«, erklärte Anina flüsternd.
    Ich atmete tief ein, stellte mich auf die Zehenspitzen, um über die Klostermauer schauen zu können. Da ich ziemlich groß war, gelang es mir auch. Ich sah einen Teil des Himmels und darauf oder darunter ein zuckendes Licht.
    Es war grellweiß, zog wie die scharfe Klinge eines großen, angeleuchteten Messers seine Bahnen und schien die Wolken zerschneiden zu wollen.
    Ein Licht, das dann in einen grellen Kreis auslief, und da wusste ich, dass Anina Recht behalten hatte. Die mörderische Äbtissin befand sich auf dem Weg.
    Ich hörte, wie sich Anina bewegte. Als ich mich umdrehte, da sah ich, wie sie vom Fenster zurücktrat. Ohne mir eine Erklärung zu geben, schritt sie auf die Tür zu.
    »Du willst hinaus?«
    Sie blieb stehen. Für einen Moment wartete sie. Dann räusperte sie sich. »Ja, ich werde nach draußen gehen.«
    »Und sie erwarten?«
    »Auch das.«
    Mehr sagte sie nicht. Mit einer heftigen Bewegung öffnete sie die Tür. Ein Schwall kalter Luft fuhr in die kleine Halle und streifte auch uns.
    Ich sah den Körper der jungen Frau als Schattenriss, und ich sah, wie er sich nach vorn bewegte. Um den Hof zu erreichen, musste Anina die Treppe hinter sich lassen.
    Sicherheitshalber hatte ich mir mein Kreuz wieder um den Hals gehängt. Keine Kleidung verbarg es. Frei baumelte es vor meiner Brust und gab mir Sicherheit.
    Anina war rechts neben der Treppe stehengeblieben. Wenn ich ihre Haltung beschreiben sollte, dann war sie alles andere als kampfbereit. Sie machte den Eindruck einer Person, die sich in ein bestimmtes Schicksal ergeben hatte. Der Wind fuhr gegen uns, er kämmte ihr Haar zur Seite und ließ es wenig später wieder zusammenfallen.
    Anina sprach kein einziges Wort. Schweigend lauerte sie auf die Gefahr. Ihr Blick war auf das Tor gerichtet, denn dort musste die Äbtissin jeden Augenblick erscheinen.
    Das Licht über dem Rand der Mauer war greller geworden. Er bewegte sich wie ein glänzender Deckel. Die Reiterin musste ihre Waffe hochgeschwungen haben, die mich zudem an ein Lasso aus Licht erinnerte, mit dem die Beute eingefangen werden sollte.
    Ich wollte keine Beute sein.
    Dann hörte ich das dumpfe Grollen, da die Hufe des Pferdes hart auf den Boden trommelten. Das Geräusch blieb nicht gleich, es verstärkte sich, ich stellte mich so hin, dass ich auf das offene Tor schauen konnte. Ich sah die Reiterin, wie sie aus einem schrägen Winkel auftauchte, um direkt auf den Klosterhof zureiten zu können.
    Ich sah sie ganz!
    Mein Herz schlug schneller, was auch Einbildung sein
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