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0788 - Schreckensnacht der weißen Nonne

0788 - Schreckensnacht der weißen Nonne

Titel: 0788 - Schreckensnacht der weißen Nonne
Autoren: Jason Dark
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Reverend Peters fürchtete sich vor dem Unheil, das in der folgenden Nacht oder schon am Abend über ihn hereinbrechen würde. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche, die er zu beschützen hatte. Vom Fenster seiner kleinen Wohnung im Nebenhaus konnte er sie sehen. Er war stolz auf den wuchtigen Turm und die alten Mauern, die all die Jahrhunderte über allen Gefahren getrotzt hatten.
    Weder die Unbilden der Natur noch harte Glaubenskämpfe hatten ihr etwas anhaben können, und der Pfarrer liebte seine Kirche wie er die eigene Mutter geliebt hatte. Nur war sie vor einigen Jahren verstorben, das Bauwerk aber stand da und trutzte den Gefahren. Bisher hatte es das getan. Ob es auch in Zukunft so sein würde, war fraglich, denn die Anzeichen sahen nicht gut aus.
    Der Reverend legte sein Gesicht in Sorgenfalten. Er wollte darüber nachdenken, was er noch besser machen konnte, aber die schlürfenden Geräusche seines Gegenübers ließen es nicht zu. Dort hockte Pinky Eagle und löffelte seinen Eintopf.
    »Ist was, Hochwürden?«, fragte er und kaute auf einem Stück Speck, das er dann schluckte.
    Peters verzog den Mund. »Wie lange kennen wir uns jetzt, Pinky?«
    »Keine Ahnung. Muss eine Ewigkeit her sein.«
    »Eine kleine.«
    »Sie haben Recht, Hochwürden.« Pinky wollte den Löffel wieder in die Bohnensuppe tunken, als der Pfarrer ihn davor abhielt.
    »Was ist denn?«
    »Bevor du anfängst zu essen, denke daran, was ich dir schon vor Jahren gesagt habe, als du deine erste Mahlzeit bei mir bekommen hast.«
    »Was denn?« Pinky Eagle fuhr durch sein langes, fettiges Haar und grinste. Er wusste genau, was der Pfarrer meinte, aber er wollte es eben von ihm hören.
    »Gut, ich wiederhole mich. Ich habe dir gesagt, dass ich es nicht leiden kann, wenn du schmatzt.«
    »Ahhh – ja…« Pinky verdrehte die Augen. »Jetzt erinnere ich mich wieder.« Er tippte gegen seine Stirn. »Klar, Hochwürden, Sie hassen das, wenn ich lauter esse.«
    »Geistliche hassen nicht«, korrigierte der Pfarrer ihn.
    »Auch nicht den Teufel, Hochwürden?«
    Peters verengte die Augen. Es gefiel ihm nicht, dass Pinky davon sprach. »Wie kommst du auf den Teufel? Was soll das?«
    Der Landstreicher schaufelte schnell einige Löffel Suppe in seinen Mund. Er schmatzte nicht, wischte die Lippen am glänzenden Hemdsärmel ab und meinte: »Die Kirche hasst doch den Teufel. Sie sind ein Vertreter der Kirche, also müssen Sie ihn auch hassen, Hochwürden, ist doch logisch, oder nicht?«
    »Vielleicht.«
    Pinky aß weiter. Er schaute Peters dabei an, der gar nicht gut aussah. Er hatte sich in Gedanken verloren, die allerdings nur ihn etwas angingen, denn Pinky wollte er damit auf keinen Fall belästigen. In den letzten beiden Wochen war er um Jahre gealtert. Es war nicht gut gewesen, dass Pinky den Teufel erwähnt hatte. Gut, man musste ihn hassen, auch als Geistlicher, aber bisher war der Teufel für Peters etwas Abstraktes gewesen, eine Figur, die er nicht beschreiben konnte. Das allerdings hatte sich nun geändert. Er wusste, dass es nicht nur den Teufel gab und dass dieser als Gehörnter oder wie auch immer auftrat, es war ihm leider bekannt, dass dieser Teufel oder das Böse praktisch aus vielen kleinen Facetten bestand und diese jeweils für sich wahnsinnig gefährlich waren. Der Teufel oder das Böse konnte sich leicht teilen, und jedes Teil brachte das Grauen auf eine unterschiedliche Art und Weise mit.
    Als der Löffel über die Glasur des schlichten Tellers kratzte, schrak Peters wieder zusammen. Pinky stöhnte satt und zufrieden auf, bevor er den Teller zur Seite schob. »War super, Reverend«, lobte er, »war ganz fantastisch.«
    »Danke.«
    Pinky strich über sein Haar. Es zeigte eine braunblonde Farbe und schimmerte so ähnlich wie sein Bart. »Gönnen Sie mir noch die Zeit, um eine Zigarre zu rauchen, Hochwürden?«
    »Ja, es darf nur nicht zu lange dauern.«
    »Keine Sorge, Sie können dem lieben Gott noch immer eine gute Nacht wünschen.« Pinky grinste und griff in die Tasche seines abgewetzten Jacketts. Er holte dort eine halbe Zigarre hervor und ein altes Sturmfeuerzeug. Es funktionierte noch immer, und Pinky hielt die zuckende Flamme an das eine Ende des Stummels. Er saugte an der Zigarre und ließ den ersten Rauch durch seine Nasenlöcher ausströmen. Dann lehnte er sich zurück und meinte: »Wissen Sie, Hochwürden, ich bin ja nur ein einfacher Mensch, mehr nicht. Ich habe nicht studiert, ich habe keinen festen Wohnsitz, ich treibe
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