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Mohrenwäsche

Mohrenwäsche

Titel: Mohrenwäsche
Autoren: Tom Sharpe
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    Heldengedenktag feierte man in Piemburg, und wie üblich war die kleine Hauptstadt von Zululand ganz unerlaubt heiter gestimmt. In den Straßen blühten pflichtvergessen die Jacarandabäume neben Gärten voller leuchtender Azaleen, während von hundert Fahnenstangen Briten und Buren sich ihre gegenseitige Feindschaft unter die Nase rieben, indem sie den Union Jack oder den Vierkleur hißten, jene Embleme aus dem Burenkrieg, die keine der beiden Seiten je vergessen konnte. Auf getrennten Feiern in der ganzen Stadt gedachten die beiden weißen Parteien der Siege von einst. In der Anglikanischen Kathedrale führte der Bischof von Piemburg seiner ungewöhnlich großen Gemeinde vor Augen, daß ihre Vorfahren sich die Freiheit gegen so erlesene Feinde wie Napoleon, Präsident Krüger, den Kaiser und Adolf Hitler bewahrt hätten, und in der Holländischen Reformiertenkirche in der Verwoerd Street beschwor Hochwürden Schlachbals seine Herde, niemals zu vergessen, daß die Engländer die Konzentrationslager erfunden und fünfundzwanzigtausend Burenfrauen und -kinder darin umgebracht hätten. Kurz, der Heldengedenktag gab jedermann Gelegenheit, die Gegenwart zu vergessen und alte Haßgefühle wieder aufleben zu lassen. Nur den Zulus war verboten, der Ereignisse zu gedenken, teils mit der Begründung, sie hätten keine berühmten Helden zu ehren, vor allem aber deshalb, weil man der Ansicht war, ihre Teilnahme würde lediglich zu einem Anwachsen der Rassenspannungen führen.
    Für Kommandant van Heerden, den Piemburger Polizeichef, war die ganze Angelegenheit höchst lästig. Von ihm als einem der wenigen Afrikaander in Piemburg, die, wenn auch nur entfernt, mit einem Helden verwandt waren (sein Großvater war nach der Schlacht von Paardeberg von den Briten erschossen worden, weil er den Feuereinstellungsbefehl mißachtet hatte), erwartete man, daß er auf der Kundgebung der Nationalistischen Partei im Voortrekker-Stadion über das Thema Heldentum spreche, außerdem war er als einer der führenden Beamten der Stadt verpflichtet, an der Feier im Settlers Park teilzunehmen, auf der die Söhne Englands zu Ehren der vor einigen hundert Jahren in den Zulukriegen Gefallenen wieder mal feierlich eine hölzerne Ruhebank einweihen wollten.
    Früher hatte der Kommandant allen diesen Verpflichtungen mit dem Hinweis aus dem Weg gehen können, daß er unmöglich zur selben Zeit an zwei verschiedenen Orten sein könne, aber nachdem die Polizei kürzlich einen Hubschrauber zugeteilt bekommen hatte, konnte er sich dieses Jahr nicht in diese Ausrede flüchten. Den ganzen Tag konnte man immer wieder den Hubschrauber über die Stadt wegrattern sehen, während der Kommandant, dem große Höhen fast ebenso zuwider waren wie öffentliche Reden, in seinen Notizen nach irgendwas herumstöberte, was er sagen könne, sobald er gelandet war. Aber da er seine Notizen seit der Kongokrise vor vielen Jahren jedes Jahr benutzt hatte, riefen ihre Unleserlichkeit und der Umstand, daß sie so oder so mit den aktuellen Ereignissen nichts zu tun hatten, einige Verwirrung hervor. Im Voortrekker-Stadion enthielt die Rede Kommandant van Heerdens über das Heldentum die Versicherung, daß die Bürger Piemburgs keinen Zweifel daran zu haben brauchten, daß die Polizei Südafrikas alles tun werde, damit nichts den ruhigen Gang des bürgerlichen Lebens störe, während die Eloquenz, die er im Settlers Park im Namen der Nonnen entfaltete, die im Kongo vergewaltigt worden waren, als nicht gerade sehr geschmackvoll angesehen wurde, zumal vor ihm ein Methodistenmissionar gerade einen leidenschaftlichen Appell zur Rassenverständigung losgelassen hatte.
    Um schließlich die Aufgaben des Tages abzurunden, fand vor der Kaserne der berittenen Polizei eine Parade seiner Truppe statt, bei der der Bürgermeister einen Preis für hervorragenden Mut und Pflichteifer zu überreichen zugesagt hatte.
    »Interessant, was Sie über diese Nonnen zu sagen hatten«, sagte der Bürgermeister, als sich der Hubschrauber im Settlers Park vom Boden erhob, »die hatte ich schon fast vergessen. Muß zwölf Jahre her sein, seitdem das passiert ist.«
    »Ich meine, wir sollten uns immer sagen, es hätte genauso gut auch hier passieren können«, sagte der Kommandant.
    »Möglich. Ulkig, daß die Kaffern es offenbar immer auf Nonnen abgesehen haben. Man sollte doch denken, sie würden eher ‘n bißchen was Muntereres mögen.«
    »Das liegt vielleicht daran, daß das Jungfrauen sind«, sagte der
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