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07 Von fremder Hand

07 Von fremder Hand

Titel: 07 Von fremder Hand
Autoren: Deborah Crombie
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vernünftig.
      »Nein. Jacks Verdacht war sehr begründet. Jemand hat Winnie an diesem Abend absichtlich angefahren. Es war eine kühne Tat, eine tollkühne vielmehr, aber es ging auch um enorm viel. Sehen Sie, Winnie hatte herausgefunden, dass dieser Choral« - Kincaid deutete auf das Manuskript - »in der Tat etwas ganz Besonderes war. Und sie hatte diese Erkenntnis nur einem einzigen Menschen anvertraut.
      Finden Sie es nicht ziemlich merkwürdig, Simon, dass Sie es versäumt haben, irgendjemandem gegenüber zu erwähnen, dass Winnie Sie an jenem Nachmittag aufgesucht hatte?«
      »Warum hätte ich das erwähnen sollen?« Simon schien verdutzt. »Sie war gekommen, um in der Nachbarschaft einen Besuch zu machen, und danach ist sie auf eine Tasse Tee zu mir gekommen. Was ist daran so merkwürdig?«
      »Wir haben uns über den Choral unterhalten, Simon.« Winnie trat näher. »Über den zwölfteiligen, immer währenden Choral.«
      »Was um alles in der Welt geht hier vor?«, fragte Jack. »Wovon redet ihr alle? Winnie -«
      »Ich sagte Simon, dass ich glaube, der Choral gehöre zu den Riten, die Teil des Grals waren -«
      »Aber der Gral ist ein Mythos«, protestierte Jack. »Und selbst wenn die Legende wahr wäre, wie kann ein Choral ein Kelch sein?«
      »Ich glaube nicht, dass der Gral ein Kelch war. Ich glaube, er war - und ist - ein Zustand der Gnade, und dieser Choral gehörte zu den Mitteln, die benutzt wurden, um diesen Zustand herbeizuführen. Als ich Simon, der ja auch Priester gewesen ist, fragte, was das für uns und für die Kirche bedeuten würde, sagte er« - Winnie schloss die Augen, als ob sie sich an den genauen Wortlaut zu erinnern suchte -, »es sei >kein stichhaltiges Konstrukt, da wir nicht mehr in einer theozentrischen Gesellschaft leben.< Und dann deutete er an, ich litte vielleicht an einer Art hysterischer Gefühlsverwirrung, nach dem Motto: >Frauen in mittleren Jahren tendieren dazu, den Verstand zu verlieren, wenn sie sich verlieben.<«
      Den Blick fest auf Simon gerichtet, fügte sie leise hinzu: »O ja,jetzt fällt mir alles wieder ein. Du dachtest, du könntest mich davon abbringen, aber nachdem ich gegangen war, muss dir klar geworden sein, dass das nicht genügte. Also bist du mir nachgefahren. Du hast auf eine Gelegenheit gewartet, dafür zu sorgen, dass ich meine Theorien nicht weiter verbreiten würde.«
      Fitzstephen hob die Hände zu einer hilflosen Geste. »Winifred, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Wir haben über den Choral gesprochen, das stimmt, aber ich hätte nicht im Traum daran gedacht, dass es sich um etwas anderes als eine abgehobene Idee von dir handeln könnte. Ich kann nicht glauben, dass du denkst, ich würde -«
      »Hast du nicht gedacht, wenn diese Sache bekannt würde, wäre dein Ruf als Gralsforscher ruiniert? Dass dann all deine gründlich recherchierten Theorien zerplatzen würden wie eine Seifenblase? Oder dachtest du, es würde dir irgendwie gelingen, die Entdeckung für dich selbst in Anspruch zu nehmen? Du warst schon immer skrupellos, Simon, wenn es darum ging, die Arbeit anderer so zu benutzen, wie es dir gerade passte, aber -«
      »Denkt denn keiner mehr an Garnet Todd?«, fragte Kincaid. »Sie und Garnet kannten einander schon sehr lange, nicht wahr, Simon? Sie waren befreundet - vielleicht sogar irgendwann mehr als nur das?«
      »Was hat meine Beziehung zu Garnet damit zu tun?«
      »Ich bin davon überzeugt, dass Garnet wusste - oder zumindest ahnte -, dass Ihre Motive nicht mit denen der anderen in der Gruppe übereinstimmten. Vielleicht war sie Winnie an jenem Abend gefolgt, weil sie mit ihr über Faith sprechen wollte, oder vielleicht sah sie nur zufällig, wie Sie von der Lypatt Lane her kamen, und nachdem sie von Winnies Unfall erfahren hatte, musste sie nur noch zwei und zwei zusammenzählen.
      Ist sie am folgenden Tag zu Ihnen gekommen, entschlossen, Sie wegen des Anschlags auf Winnies Leben zur Rede zu stellen? Haben Sie im Garten zusammen etwas getrunken? Und nachdem Ihnen klar war, dass sie etwas wusste, haben Sie sie dann vielleicht gebeten, sich irgendetwas im Bachbett anzusehen? Haben Sie -«
      »Nein, warte«, unterbrach ihn Jack. »Gerade ist mir etwas eingefallen! Wir waren auf der Suche nach Faith an diesem Abend. Ich rief Sie an und bat Sie, im Bauernhaus nachzusehen, weil Garnet kein Telefon hatte, und Sie sagten, Sie würden hinfahren.«
      »Richtig,und das tat ich auch.« Simon
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