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0627 - Tanz der Kobra

0627 - Tanz der Kobra

Titel: 0627 - Tanz der Kobra
Autoren: Werner Kurt Giesa
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tatsächlich eher vor der Discothek parken, statt sich durch unwegsames Gelände zu wühlen, war dieser Gedanke indessen nicht ganz von der Hand zu weisen…
    Der Mahindra, Lizenzbau des steinalten Willys-Jeep, war bei weitem nicht so komfortabel wie ein G-Mercedes oder gar ein Pajero, aber es stellte sich bald heraus, daß er nicht nur in diesem, sondern auch für dieses Land konstruiert worden war. Unverwüstlich, laut und leicht zu reparieren, was bereits auf den ersten 150 Kilometern zweimal erforderlich war. Allerdings handelte es sich bei den Defekten um Kleinigkeiten, die nicht einmal wirklich störten.
    Das einzige, was wirklich störte, war das Fehlen einer Klimaanlage. Also hatten sie das Planenverdeck abgebaut, die Frontscheibe nach vorn flachgeklappt und genossen den Fahrtwind.
    Unter der Haube nagelte ein 2,5-Liter-Dieselmotor von Peugeot. Mit dem Dreiganggetriebe konnten sich weder Zamorra noch Nicole richtig anfreunden, aber es ließ sich wenigstens schalten, ohne ständig zu häkeln.
    Sie fuhren über die relativ gut ausgebaute und staubige Staatsstraße 1 nordwärts bis Panípat, bogen dann ostwärts nach Kairána ab und weiter nach Muzaffarnagar. Hier war die Straße schmal, holperig und einem recht unordentlich gepflügten Acker ähnlicher als einer Fahrbahn. Zamorra war froh, daß sie nicht gerade in der Regenzeit hier fahren mußten; vermutlich wären sie alle paar Kilometer gründlich im Schlamm steckengeblieben.
    »Ignorieren wir Ssacah, fahren weiter nach Nepal - liegt ja auf der Route«, sagte Nicole träge. »Oder noch ein Stück weiter, nach Tibet hinauf. Ich wollte schon immer mal diese Berge erkunden und den Yeti fragen, ob er Reinhold Messner gesehen hat und für wirklich existent hält…«
    Weit entfernt, kaum mehr als weiße Schatten am Horizont, erhoben sich die Massive des Himalaja Shan. »Außerdem ist es da oben vermutlich etwas kühler«, fuhr Nicole fort.
    Sie liebte die Wärme, aber was Indien ihnen derzeit bot, war fast zuviel des Guten. Die Monsunzeit mit den großen Regenfällen würde erst in ein paar Wochen einsetzen; die Hitze war trocken und brütend, und selbst nachts sank die Temperatur selten unter 30°. Während Zamorra in T-Shirt und Shorts den Mahindra lenkte, hatte Nicole ihrer Kleidung bis auf einen winzigen Tanga-Slip, eine offene, hauchdünne Bluse und einen breitrandigen, schattenspendenden Cowboyhut hitzefrei gegeben. Beide hatten sie sich mit einer anrüchigen Substanz eingerieben, die lästige Stechinsekten fernhielt, und fragten sich, was, um Himmels willen, die Engländer dazu gebracht hatte, Indien mehr als ein Jahrhundert lang besetzt gehalten zu haben - eine solche Heldenhaftigkeit trauten sie sich beide nicht zu.
    Der Fahrtwind brachte nur wenig Linderung, weil er ebenfalls heiß war und der Mahindra nur langsam vorankam.
    »Ein Königreich für eine deutsche Autobahn ohne Tempolimit«, seufzte Nicole.
    »Eine französische mit Tempolimit würde schon reichen«, murmelte Zamorra. »Da würde ich sogar gern die Maut bezahlen.«
    Nicole raffte sich zu einem wilden Grinsen auf. »An diesen Ausspruch werde ich dich erinnern, wenn du wieder mal neben der Autobahn her über die Landstraße zuckelst und auf die LKW-Kolonnen und Traktoren schimpfst, nur um die Maut zu sparen.«
    Zamorra bohrte sich mit dem Zeigefinger im Ohr. »Hattest du etwas gesagt, cherie ? Die Telefonverbindung ist gerade ziemlich schlecht, glaube ich.«
    Er wich einer Schlaglochsammlung aus. »Langsam müßten wir unserem Ziel doch näherkommen.«
    Nicole warf einen Blick nach hinten, wo sich die Benzinkanister stapelten. Links die vollen, rechts einer, der bereits leer war.
    »Sicher noch nicht«, sagte sie. »Nach vier Tagen oder drei Kanistern biegen wir rechts ab, und dann fünf Wochen geradeaus - haben wir Macheten, Motorsägen und einen Kranwagen dabei, um uns den Weg durch den Regenwald zu bahnen?«
    »Nicht mal einen Elefanten«, brummte Zamorra.
    Er verlangsamte das Tempo. »Da drüben sieht es so aus, als wär's 'ne Abzweigung… ob wir die mal ausprobieren sollten, ohne daß wir steckenbleiben?«
    Nicole zuckte mit den Schultern. »Hinter Muzaffarnagar rechts ab über einen schmalen Pfad, hat er gesagt. Wo hinter Muzadingsbums, hat er nicht gesagt. Ich erwürge den Typen mit seinem eigenen Turban.«
    »Was, wenn er keinen trägt?« fragte Zamorra trocken und bog ab. »Nicht alle Inder sind Turbanträger.«
    »Dann schicke ich ihn eben dahin, wo der Pfeffer wächst«,
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