Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0627 - Tanz der Kobra

0627 - Tanz der Kobra

Titel: 0627 - Tanz der Kobra
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Tegore und Bishop gegangen?«
    Der Alte hatte die Rupiah-Scheine zusammengeknüllt und in einer Tasche seiner schmutzigen und fast nur aus Flicken bestehenden Hose verschwinden lassen. Jetzt deutete er mit der Krücke nach Nordosten.
    »Dorthin«, sagte er.
    »Da ist keine Straße«, murmelte Nicole leise.
    »Dorthin«, wiederholte der Einbeinige. »Es gibt einen Weg. Fahren Sie.«
    »Wie weit? Und wohin führt der Weg?« wollte Zamorra wissen.
    »Zum Ziel«, sagte der Alte. »Für Ihr Almosen haben Sie genug erfahren.«
    Das Almosen bestand aus umgerechnet fünfzig Dollar - für die Menschen hier ein ganzes Jahreseinkommen. Aber vielleicht gefiel es dem Alten nicht, in der Landeswährung bezahlt worden zu sein statt in US-Dollars.
    Zamorra verdoppelte den Betrag noch einmal. »Dollars habe ich leider nicht bei mir.«
    »Einen Tag von hier ist ein anderes Dorf. Dorthin gingen auch die Schlangenbändiger«, sagte der Alte. »Das ist alles, was ich weiß.«
    »Ziemlich wenig für so viel Geld. Teilen Sie den Nachschlag auch mit den Kindern?«
    »Natürlich. Sie werden alles bekommen«, sagte der Alte. »Ich brauche nichts. Ich werde bald sterben.« Er deutete auf den Beinstumpf. »Ich habe genug Jahrzehnte gelebt. Meine Zeit ist vorbei. Die nach mir kommen, sollen es besser machen.«
    »Krokodil oder Tiger?« fragte Nicole.
    Der Alte schüttelte grinsend den Kopf. »Kolonialoffizier. Ich war bei denen, die von den Engländern zusammengeschossen wurden, als der Mahatma Gandhi Frieden und Freiheit predigte.« Er wandte sich ab und humpelte davon.
    »Das ist aber schon verdammt lange her«, murmelte Nicole.
    Der Alte hatte es noch gehört.
    »Ich war damals auch noch verdammt jung«, sagte er im Davongehen. »Fünf Jahre, wenn ich mich richtig erinnere.«
    Er verschwand in einer der Hütten.
    »Was machen wir jetzt?« fragte Nicole.
    »Ganz einfach. Wir fahren dorthin.« Wie der Alte deutete auch er jetzt nach Nordosten. »Verdammt, ausgerechnet Bishop. Hoffentlich hat er unseren Informanten nicht schon zu einem Ssacah-Diener gemacht.«
    »Der alte Mann sprach von Schlangenbändigern«, sage Nicole. »Das andere Dorf, einen Tag von hier - einen Tag zu Fuß, hoffe ich.«
    »Wer weiß, wie der Weg aussieht«, brummte Zamorra düster. »Vielleicht werden wir zu Fuß gehen müssen. Schlangenbändiger, Gaukler… soso. Davon hat unser Informant am Telefon nichts gesagt.«
    Sie stiegen wieder in den Wagen. Zamorra startete den Motor. In der Tat befand sich dort ein schmaler Weg, der rechts und links von Bäumen und Unterholz umgeben und überschattet war. Er war zwar sehr eng, aber nicht einmal holperiger als der breitere Weg, über den sie das Dorf erreicht hatten.
    Als sie außer Sichtweite der Hütten waren, löste Nicole den Blusenknoten wieder und streifte Stiefel und Jeans ab. Weil die so knackeng saß, erklärte der Tangaslip sich mit der Jeans solidarisch und verabschiedete sich gleich mit in Richtung Erdmittelpunkt.
    Nicole störte sich nicht weiter daran.
    Zamorra schmunzelte bei dem für ihn erfreulichen Anblick. »Bedeutet dies, daß du mich zu sündhaftem Tun verführen möchtest?«
    Nicole, die daran gerade nicht mal gedacht hatte, fand spontan Gefallen an der Idee. »Wäre nicht schlecht. Wir könnten ein schattiges Plätzchen suchen, frei von Skorpionen und Schlangen, und…«
    Unwillkürlich drehte sie den Kopf, sah in die Runde, um die Umgebung zu taxieren, und schaute dabei auch nach hinten.
    »…und erst mal diesen Voyeur ’rausschmeißen«, beendete sie ihren Satz.
    Zamorra sah in den Rückspiegel -und trat ruckartig auf die Bremse.
    Hinten im Wagen, nur mit einem Lendenschurz und einem Turban bekleidet, hockte ein dürrer Mann. Wie und wann er in den Geländewagen geklettert war, hatte keiner von ihnen mitbekommen.
    Nicole fahndete nach Jeans oder wenigstens Tanga, nur hatten die Klamotten sich hoffnungslos ineinander verheddert. Schulterzuckend gab sie erst mal auf. Was der Turbanträger sehen konnte, hatte er längst gesehen.
    »Wer sind Sie, und was wollen Sie von uns?« fragte Zamorra.
    Der Inder lächelte.
    »In Shivas Namen nehmt nicht diesen Weg«, sagte er trocken.
    ***
    Zamorra zog den Handbremshebel fest und sprang aus dem Wagen, um nach hinten zu gehen. Er sah zu dem Inder hinauf, der wie selbstverständlich auf ihren Gepäckstücken thronte.
    »Wer sind Sie, und was wollen Sie von uns?« wiederholte er seine Frage.
    »Ich bin hier, um euch zu warnen«, sagte der Dürre mit geradezu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher