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0627 - Tanz der Kobra

0627 - Tanz der Kobra

Titel: 0627 - Tanz der Kobra
Autoren: Werner Kurt Giesa
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unnatürlich tiefer Stimme. Der magere Leib war als Resonanzkörper für diesen Superbaß völlig ungeeignet.
    »Vor wem?«
    »Hinter wem oder was seid ihr denn her?« fragte der Inder zurück. Er kletterte vom Wagen und tat sich damit sichtlich schwer; um so erstaunlicher, daß er es unbemerkt geschafft hatte, hinauf zu kommen.
    »Sie waren im Dorf«, vermutete Zamorra. »Also wissen Sie es. Warum warnen Sie uns?«
    »Shiva gefällt nicht, was geschieht«, sagte der Dürre. »Deshalb geht nicht diesen Weg.«
    »Weil er eine Falle ist?« riet Zamorra. Er wurde aus dem Inder nicht schlau. Und er fragte sich, warum er selbst momentan so konfus reagierte. Es konnte nicht die Überraschung sein, einen ungebetenen Gast im Auto zu haben. Mit so was wurde er fertig. Aber jetzt schaffte er es nicht, Ordnung in seine Gedanken zu bringen und den mageren Turbanträger mit gezielten, logisch aufeinander aufbauenden Fragen dazu zu bringen, ihm verständliche Antworten zu liefern.
    Der Inder gefiel sich in orakelhaften Andeutungen.
    »Du bist der Meister des Übersinnlichen«, sagte er. »Du bist der Aus erwählte. Denke nach, und sieh den richtigen Weg. Dieser ist falsch.«
    Er wandte sich ab und schritt davon.
    Nicole war jetzt auch ausgestiegen. »Einen Moment noch«, rief sie und wollte dem Inder folgen. Aber Zamorra hielt sie zurück. »Stiefel!« verlangte er energisch. »Wer weiß, auf was du trittst! Fuß und Schlange bewegen sich auf dem Boden, sie werden sich daher nicht verfehlen«, zitierte er ein afrikanisches, aber weltweit gültiges Sprichwort.
    Nicole zuckte zusammen und stellte fest, daß sie immer noch nur die offene Bluse und den Hut trug. »Verflixt, ja«, fauchte sie und griff in den Wagen, um in ihre handgearbeiteten Stiefel zu steigen; die Schäfte waren hoch und das Leder fest genug, einem Schlangenbiß und sogar einem Skorpionstich standzuhalten.
    Der Inder schien entsprechende Vorsicht für überflüssig zu halten und verschwand seitwärts im Dickicht. Zamorra folgte ihm, Nicole schloß zu ihm auf. Dann sahen die beiden sich verblüfft um.
    Von dem Turbanträger war nichts mehr zu sehen.
    Es war, als habe er sich in Luft aufgelöst. In jenem kurzen Augenblick, in dem er den Blicken der beiden Verfolger vorübergehend entzogen gewesen war.
    Zamorra sah sich um. Auf einem dünnen Ast lag eine ebenso dünne, gerade handspannenlange Schlange und sah ihn aufmerksam an. Nicht giftig, entschied Zamorra und ignorierte das Tier.
    Nicole sah nach oben, zu den überhängenden Ästen der Bäume.
    Zamorras Blick folgte ihrem. Aber von oben drohte keine Gefahr.
    »Ssacahs Ableger bewegen sich gern hoch über den Menschen«, erinnerte Nicole leise. Es war ein alter Trick der Messing-Kobras, sich von oben auf ihre Opfer fallen zu lassen und sie durch einen schnellen Biß mit dem Ssacah-Keim zu infizieren. In freier Natur von Bäumen herab, in Häusern von Lampen oder Schränken. Wobei der Teufel wissen mochte, wie die unterarmlangen Messing-Kobras an Schränken und Wänden emporklimmen konnten.
    »Du meinst, er wäre ein Ssacah-Diener?« überlegte Zamorra.
    Nicole schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Dann hätte er zugebissen. Die Gelegenheit dazu hatte er, so still und heimlich, wie er unser Auto geentert hat. Diese Chance hätte er sich ganz bestimmt nicht entgehen lassen. Aber ich konnte seine Gedanken nicht lesen.«
    Zamorra sah sie überrascht an. »Eine mentale Sperre?«
    »Mehr als das«, sagte sie. »Da war etwas, das mich zurückschleuderte, als ich nach seinem Bewußtsein tasten wollte. Deshalb war ich auch ein wenig durcheinander und unvorsichtig.« Sie deutete auf ihre Stiefel.
    »Ich bin nicht sicher, ob er ein Mensch ist, aber frage mich lieber nicht, was er statt dessen darstellt.«
    »Ein Silbermond-Druide, der per zeitlosem Sprung kommt und geht? Oder ein Dämon?«
    Nicole schüttelte den Kopf. »Auf einen Dämon hätte dein Amulett reagiert, und Silbermond-Druiden haben schockgrüne Augen. Dieser Bursche nicht.«
    »Unser alter Freund Charr Takkar in einer neuen Körperhülle?«
    »Der hätte keine Veranlassung, uns zu warnen«, erwiderte sie. »Er hat geschworen, sich an dir zu rächen. Warum sollte er dich vor einer Falle warnen?«
    »Vielleicht, um mich in eine Falle laufen zu lassen. Vielleicht ist der Weg, den wir eingeschlagen haben, harmlos, und er möchte uns lieber woanders sehen.«
    »Ich glaube auch nicht, daß der Sauroide sein jetziges Erscheinungsbild als Humanoider nach Belieben
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