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0585 - Der Mann, der eine Echse war

0585 - Der Mann, der eine Echse war

Titel: 0585 - Der Mann, der eine Echse war
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Jeannete Brancards Heimat war.
    Nicole Duval hatte sich erst später zu der Runde gesellt, und sie blieb im Gegensatz zu den anderen bei alkoholfreien Longdrinks, weil draußen ihr Auto stand.
    Doch auch alkoholfreie Drinks sorgen dafür, daß ein Mensch bisweilen menschlichen Bedürfnissen nachgeben muß. Nicole zog sich für ein paar Minuten in Richtung Toilette zurück.
    Sie bekam deshalb nicht mit, daß Rencalter nach einem Griff unter seinen Stuhl plötzlich zwei Skulpturen auf den Tisch legte, mit der Bemerkung, er habe sie als Geschenk für Jeanette mitgebracht. Er wollte sie aber vorher auch den anderen zeigen.
    Wo er sie bis zu diesem Moment verborgen hatte, war zumindest im Moment den anderen ein Rätsel.
    Die eine Skulptur war aus Holz. Ein etwa unterarmlanger Vierkantstab, mit einem geschnitzten stilisierten Menschenkopf an einem der beiden Enden.
    Die andere Skulptur war aus Messing.
    Ebenfalls unterarmlang.
    Sie stellte eine Königskobra dar…
    »Hübsch«, stellte Goadec fest und griff nach der Messing-Figur. »Sieht verflixt echt aus! Wer die geformt hat, muß wahrhaftig ein gottbegnadeter Künstler sein. Wenn nicht dieser Messingglanz wäre, könnte man beinahe meinen, das Biest würde leben.«
    »Manchen gibt der Herr, manchen nicht«, bemerkte Pater Ralph trocken und nahm einen Schluck Rotwein, um seine Kehle ein wenig anzufeuchten.
    »Manchen nimmt er auch.« Goadec grinste.
    »Wie meinst du das, mein Sohn?« forschte Pater Ralph, den sie im Dorf hinter vorgehaltener Hand ›Ralph de Bricassart‹ nannten - unter anderem, weil er eine verblüffende Ähnlichkeit mit Richard Chamberlain hatte, der in der TV-Serie ›Dornenvögel‹ den Geistlichen besagten Namens spielte.
    »Tja, da war doch die Sache mit der Vertreibung aus dem Paradies«, erklärte Goadec. »Die Schlange bot Eva einen Apfel vom Baum der Erkenntnis an, Eva wiederum tat ein gleiches bei Adam… worauf der liebe Gott sie aus dem Paradies vertreiben ließ.«
    »Es freut mich, mein Sohn, daß du deine Nase nicht nur in Weinkrüge, sondern auch in die Bibel steckst«, sagte Pater Ralph.
    »Warten Sie's nur ab, Pater, was daraus folgt«, mahnte der Weinbergpächter. »Diese Vertreibung erfolgte nicht rechtmäßig.«
    »Wieso?«
    »Das Verfahren widerspricht allen rechtsstaatlichen Gepflogenheiten«, erklärte Goadec. »Zum einen war der Baum der Erkenntnis nicht vor Fremdzugriff geschützt. Der allwissende Gott hätte per definitionem wissen müssen, daß Menschen über eine beachtliche Neugierde verfügen - vor allem die Frauen.«
    Jeanette versetzte ihm unter dem Tisch einen Tritt gegen das Schienbein.
    Goadec nahm's hin und fuhr gelassen fort: »Zumal er diese Charaktereigenschaft ja wohl bei der Erschaffung von Welt und Drumherum an diverse Schöpfungen verteilte. Von daher ist es als regelrechte Provokation anzusehen, die Bäume der Erkenntnis und des ewigen Lebens mitten in den Garten Eden zu pflanzen, dann aber ein Verbot auszusprechen und sich nicht weiter darum zu kümmern. Aber das ist nicht der Kern der Sache.«
    »Sondern?« fragte Pater Ralph stirnrunzelnd.
    »Das Verfahren an sich. Nicht nur, daß keine Zeugenbefragung stattfand, was an sich schon ein beachtlicher Verfahrensfehler ist. Zum anderen ist es absohit unzulässig, daß in einem freiheitlich-demokratischen Rechtssystem, das sogar der Papst favorisiert, der Kläger zugleich der Richter ist.«
    »Um Himmels willen«, seufzte Pater Ralph. »Mostache, gib diesem irren… äh, diesem irregeleiteten Sünder keinen Wein mehr.«
    »Wenn du das tust, Mostache, werde ich dich nicht länger mit Weinfässern beliefern«, warnte Goadec. »Vergiß nicht, wer dein Hauptlieferant ist.«
    Mostache nickte. »Ich hasse Erpressung«, bekannte er, »aber ich liebe gute Geschäfte.«
    Pater Ralph verdrehte die Augen. »Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.«
    Derweil wanderte die Messing-Kobra am Tisch von Hand zu Hand und erfreute sich allgemeiner Bewunderung. Dann kehrte sie schließlich in Rencalters Hände zurück.
    Für den Holzstab mit dem stilisierten Menschenkopf interessierte sich niemand.
    Nicole kehrte zurück.
    Und sie zuckte erschrocken zusammen, als sie die Messing-Kobra sah.
    »Woher haben Sie das, Fabius?« stieß sie hervor.
    Gleichzeitig versuchte sie ihn telepathisch zu sondieren.
    Was der frisch examinierte Ex Student jetzt auf den Tisch legte, war ein Ssacah-Ableger!
    Und wer Ssacah-Ableger bei sich trug, war für gewöhnlich auch ein
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