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0573 - Tanzplatz des Teufels

0573 - Tanzplatz des Teufels

Titel: 0573 - Tanzplatz des Teufels
Autoren: Werner Kurt Giesa
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paarmal im Jahr tauschten sie Weihnachts- und Geburtstagskarten aus. Immer wieder hatte sich Zamorra vorgenommen, seinen alten Freund anzurufen, war aber nie dazu gekommen. Wenn er daran dachte, war es meist der falsche Augenblick.
    Andererseits hatte sich Stephan Möbius selbst auch nie gerührt, und daher gab Zamorra den Vorwurf des alten Mannes jetzt in voller Stärke zurück. »Du bist Pensionär, Stephan. Aber du verkriechst dich hier im Harz, achtest sorgfältig darauf, daß dich weder Weltprobleme noch Firmenbelange erreichen, und vergißt dabei selbst, daß manche deiner Freunde nicht ganz so viel freie Zeit haben wie du und darüber hinaus einem gefährlichen Job nachgehen. Entsinnst du dich, daß für Leute wie Nicole und mich jeder Tag der letzte sein kann?«
    »Selbstbeweihräucherungen dieser Art passen nicht zu dir«, brummte Möbius. »Seit wann verehrst du dich selbst als Helden?«
    Zamorra atmete tief durch.
    Dann grinste er.
    »Nachdem wir uns jetzt gegenseitig ausgiebigst beschimpft haben«, sagte er, »könnten wir eigentlich zum gemütlichen Teil des Tages übergehen. Du hast uns doch nicht nur deshalb angerufen, weil du uns unbedingt Wiedersehen willst. Was ist jetzt mit den Hexen, von denen du geredet hast? Es geht doch sicher nicht nur um die Show-Vorstellungen zur Walpurgisnacht, die hier überall im Harz stattfinden.«
    »Längst vorbei«, winkte Möbius ab. »Es geht tatsächlich um eine andere Sache. Ich weiß nicht einmal, ob wirklich etwas dran ist, aber ich habe euch vorsichtshalber angerufen. Einer meiner hiesigen Freunde hat eine seltsame Beobachtung gemacht, und da war ein eigenartiger Unfall, der hier durch die Lokalzeitungen geistert. Könnte etwas für euch sein, denke ich.«
    »Vielleicht schaffst du es auch mal, dich etwas konkreter auszudrücken«, seufzte Zamorra.
    Stephan Möbius hob den Kopf.
    »Ich stelle euch Walter Brass vor«, sagte er. »Wenn es jemanden gibt, der sich konkret ausdrücken kann, dann ist es dieser alte Mann…«
    ***
    Zorrn zeigte sich zufrieden. Sein Plan funktionierte.
    Zamorra war dem Lockruf gefolgt. Der Köder war richtig ausgelegt worden, jetzt mußte der Fisch nur noch endgültig anbeißen, um am Angelhaken des Corr zu zappeln.
    Der Dämon kam seinem Ziel immer näher.
    Schritt für Schritt.
    ***
    Vor Jahren, als sich Stephan Möbius aus dem Geschäft zurückzog, war er von Frankfurt in den Harz umgesiedelt. Er hatte sich dauerhaft in einem Hotel in Bad Harzburg einquartiert, damals, als es noch die innerdeutsche Grenze gab, die sich schon jetzt, kaum sechs Jahre nach der Wiedervereinigung, kaum noch jemand vorstellen konnte.
    Nur wenige Kilometer entfernt, zum Greifen nah, hatte der Maschendrahtzaun entlang der Ecker verlaufen, da hatten die Wachtürme gestanden, da war das Niemandsland gewesen, hinter dem sich eine völlig andere Welt befand. Lag das wirklich erst ein halbes Jahrzehnt zurück?
    »Es ist alles so unwirklich, wenn ich an damals zurückdenke«, sagte Möbius leise, während Nicole den Cadillac über schmale Landstraßen lenkte. »Heute kommt es mir vor, als hätte es diese Grenze überhaupt nicht gegeben. Kein Schild: Ende der Welt.«
    »Na, das stand da sicher nicht dran.«
    »Aber etwas von Grenze und Schußwaffengebrauch«, sagte Möbius. »Damals, als sie die Grenze durchlässig machten, haben sie zwischen Eckertal und Stapelburg extra eine komplett neue Brücke gebaut und die Straße verbreitert, weil die alte Straße, die beiderseits am Zaun endete, mit dem gewaltigen Verkehrsaufkommen einfach nicht mehr fertig wurde. Himmel, ging das fix - keine lange Planungsvorbereitungen und endlosen Diskussionen über Not und Notwendigkeit, man ging einfach hin und baute! Zwischen Lochtum und Abbenrode stand ein großes Gerüst, auf das man steigen und weit in die DDR hineinschauen konnte. Ich stand oben und sah unten die gelangweilten Grenzposten stehen, die sich um die Passantenströme nicht mal mehr kümmerten, nachdem da ein Fußgänger-Grenztor geöffnet worden war, und neben mir fuhrwerkte einer mit ‘ner Flagge provozierend auf dem Gerüst herum… Irgendwie ist das alles schon gar nicht mehr wahr, scheint mir.«
    »Auch die anderen Staatsgrenzen in Europa bröckeln allmählich«, sagte Zamorra. »So langsam kommen wir dem alten Traum der Science Fiction-Autoren von einer gemeinsamen Weltregierung näher. Die werden wir alle zwar nicht mehr erleben, aber eines Tages wird es soweit sein.«
    Nun, vielleicht erlebten Nicole und er
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