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0235 - Ein Boxer wehrt sich seiner Haut

0235 - Ein Boxer wehrt sich seiner Haut

Titel: 0235 - Ein Boxer wehrt sich seiner Haut
Autoren: Ein Boxer wehrt sich seiner Haut
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angestrengt nachdachte, machte dann eine Geste, die ich nicht zu deuten wusste, und stand auf.
    Als ich fünfzehn Sekunden nach ihr auf die Straße trat, war es nicht nur dunkel, sondern auch nebelig. Dichte, weiße Schwaden wehten vom East River herüber, tanzten wie Geister und verschluckten alles, um es im nächsten Augenblick plötzlich wieder freizugeben. Das niemals endende Rauschen des Verkehrs klang gedämpfter, und die Passanten huschten vorbei wie Schatten, während die Wagen sich mit hell aufgeblendeten Scheinwerfern ihren Weg suchten. Vom Fluss herüber dröhnten die Nebelhörner. Es war kühl und feucht.
    Das Schlimmste aber war, dass der Nebel auch June verschluckt hatte. Ein Windstoß fegte für wenige Sekunden die Straße frei. Ich blickte nach rechts und links und konnte sie ausmachen.
    Dann glaubte ich sie jenseits von der Park Avenue zu sehen, als gerade die Ampel auf Rot sprang. Ich blieb also stehen und wartete. Ich stand genau an der Kante des Bürgersteigs, und hinter mir sammelten sich andere Passanten. Zwanzig oder dreißig Sekunden gingen vorüber.
    Dann endlich sprang das Licht auf Grün. In diesem Augenblick kam ein schwerer Wagen aus der 116. Straße von Osten her und bog in die Park Avenue ein. Der Wagen fuhr in Anbetracht des Nebels unvorsichtig schnell.
    Jemand stieß mich hart in den Rücken und ließ mich nach vorn auf die Fahrbahn taumeln. Ich versuchte verzweifelt, mein Gleichgewicht zu halten, sah, wie der Wagen direkt auf mich loskam, sah das entsetzte Gesicht des Fahrers, hörte die Bremsen kreischen und bemerkte seine Anstrengung, als er das Steuer herumriss und nach rechts auswich.
    Ich schaffte es, auf den Beinen zu bleiben und zurückzuweichen, und doch schlug der Kotflügel gegen meine Hand und schleuderte mich rücklings auf den Bürgersteig.
    Im Nu war ich von aufgeregten und hilfsbereiten Leuten umgeben. Eine energische Stimme rief: »Nicht anfassen«, und eine andere, dicht über mir: »Sind Sie verletzt?«
    Ich versuchte hochzukommen, und hilfreiche Hände griffen zu.
    »Er blutet!«, schrie eine Frau.
    Ich blickte auf meine Hand und sah den Riss, aus dem ein paar Tropfen auf das Pflaster fielen, aber ich spürte nichts, Ein Mann in Fahreruniform schob die Umstehenden zur Seite und sagte: »Mann, haben Sie Glück gehabt. Ist Ihnen etwas passiert?«
    »Nein, ich glaube nicht, abgesehen von dem Riss an der Hand.«
    »Es war wirklich nicht meine Schuld«, plapperte er erregt. »Sie liefen mir direkt vor die Räder.«
    »Ich lief nicht«, antwortete ich und versuchte zu grinsen, obwohl mir der Schreck noch in den Knochen saß. »Jemand stieß mich.«
    Ich sah in die sensationslüstern starrenden Gesichter, aber ich kannte keines davon.
    Ein Cop drängte sich hindurch und fragte: »Was ist hier los?«
    »Ich hatte keine Schuld«, betonte der Fahrer, der noch erschrockener war als ich.
    »Er hat recht«, sagte ich. »Er hatte wirklich keine Schuld.«
    »Es war der Nebel, dieser verfluchte Nebel«, schimpfte jemand neben mir.
    Der Cop blickte mich finster an und meinte: »Nächstens passen Sie gefälligst besser auf. Soll ich Sie lieber ins Krankenhaus bringen lassen? Haben Sie nichts gebrochen?«
    »Soviel ich weiß nicht«, murmelte ich und wickelte mir das Taschentuch um die Hand.
    »Sind Sie auch ganz sicher?«
    »Machen Sie sich keine Mühe.«
    »Wollen Sie Anzeige erstatten?«
    »Ich denke nicht daran.«
    Ich hatte eine Idee, wem ich diesen Stoß ins Kreuz zu verdanken hatte, aber ich konnte ja nicht gut Anzeige gegen drei angesehene Mitbürger wegen Mordversuchs erstatten. Der Cop würde mich für verrückt halten.
    »Jedenfalls haben Sie Glück gehabt«, tröstete er lächelnd.
    »Unbedingt. Wissen Sie, Officer, heute ist überhaupt mein Glückstag.«
    Damit machte, ich zuerst einmal, dass ich wegkam. Ich nahm die U-Bahn bis Grand Boulevard und stieg an der Ecke der 170- Straße aus. Ich weiß nicht warüm, aber ich wollte mich davon überzeugen, ob June zu Hause sei. Ich musste zwei Blocks zurückgehen, und da hörte ich plötz-50 lieh hinter mir im Nebel schnelle Schritte.
    Ich blieb stehen, und die Schritte hörten auf. Ich steckte mir eine Zigarette an und ging weiter bis zur Ecke Marcy Place, blieb wieder stehen, wieder zwei, drei Schritte hinter mir und dann nichts mehr.
    Ich stand, die Hand am Pistolengriff und wartete. Eine Gänsehaut lief mir über den Rücken und ich fühlte, wie meine Haare im Genick sich aufrichteten. Es war der Schreck von vorhin, der
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