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Die letzte Hürde

Die letzte Hürde

Titel: Die letzte Hürde
Autoren: Tina Caspari
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Reiten und Fahren sind zweierlei

    „Das ist hier kein Springturnier! Sie sollen nicht über die Kreuzung reiten, sondern darüber fahren!“ Der schöne Joe, wie ihn seine Anbeterinnen in der Fahrschule nannten, stöhnte genervt auf.
    „Hahaha“, Bille verzog das Gesicht. „Sehr witzig.“
    „Gas geben, Mädchen! Geben Sie doch Gas!“
    Doch es war zu spät. Der Opel macht noch zwei, drei müde Hüpfer wie ein altersschwaches Riesenkaninchen, dann erstarb das Motorengeräusch mit einem häßlichen Keuchen. Hinter ihnen wurde ärgerlich gehupt.
    „Anlassen, ersten Gang rein und zügig losfahren“, predigte Joe und schob gelangweilt ein neues Kaugummi ein.
    Bille gehorchte, und diesmal machte der Wagen einen Satz nach vorn, als setzte er zu einem Sprung über die Dreierkombination an. Fast wären sie im Kofferraum des vor ihnen fahrenden Mercedes gelandet.
    „Nein! Doch nicht so! Mit Gefühl!“ ächzte der schöne Joe. Das war sein Lieblingssatz.
    „ Scheißk ...“, murmelte Bille so leise, daß es offenblieb, ob das ...karre oder ... kerl heißen sollte.
    Eigentlich hieß er natürlich Joachim, Joachim Meier. Und irgendwie schien sich dieser Joachim Meier einzubilden, die Tatsache, daß er Fahrlehrer war, mache aus ihm ein höheres Wesen. Mochte ja sein, daß die anderen Fahrschülerinnen Gänsehaut vor Wonne kriegten, wenn sie eine Fahrstunde bei ihm hatten. Bille konnte er jedenfalls nicht imponieren. Insgeheim ärgerte sie sich gewaltig, daß es ihm gelungen war, sie unsicher zu machen. Ein Patzer nach dem anderen unterlief ihr! Dabei hatte sie doch mit Tom auf dem Hof gründlich geübt: Schalten mit allen Gängen, vorwärts und rückwärts, Schlangenlinien und Kehrtwendungen, Kreise, Kurven und Abbiegen und schließlich auch das Einparken zwischen zwei Heuhaufen!
    „Tja, Mädchen, das ist nun mal nicht so leicht, als wenn man auf einem PS durch die Landschaft gurkt. Nächste links abbiegen! Links! Das ist da, wo der Daumen rechts ist!“
    „Ach, wirklich? Wer hätte das gedacht!“ Bloß nicht ärgern! dachte Bille. Das könnte ihm so passen. Linken Blinker an und dann links einordnen. Also, die Kreuzung war frei, sie brauchte nicht runterzuschalten.
    „Was soll das werden? Fußgänger hopsnehmen? Oder trainieren Sie für die freiwillige Feuerwehr?“
    „Okay, gut, ich war zu schnell, ich weiß.“
    Warum auch ausgerechnet heute alle Wedenbrucker in Neukirchen zum Einkaufen gehen mußten! Als hätten sie sich verabredet, zuzusehen, wie Bille Abromeit sich bei ihrer ersten Fahrstunde blamierte! Wenn sie gewußt hätte, was sie das für Nerven kosten würde, Bille hätte sich nicht so bald in dieses Abenteuer gestürzt. Aber sie hatte sich nun einmal geschworen, Simon an ihrem achtzehnten Geburtstag mit der bestandenen Fahrprüfung zu überraschen. Und wenn sie es bis dahin schaffen wollte, wurde es höchste Zeit.
    „So, nächste rechts rein und am großen Parkplatz halten. Dann sind Sie für heute erlöst.“
    Bille atmete hörbar auf. Da drüben am Parkplatz wartete der nächste Kandidat, sie ließ den Wagen langsam auslaufen und hielt.
    „Alles in allem ist schon viel Schönes dran“, ließ sich Joe im Ton väterlicher Herablassung vernehmen. „Ich denke, Sie haben das bald geschnallt. Na los, setzen Sie sich hinten rein. Jörn kann Sie nach Hause fahren.“
    Hoffentlich fährt er besser als ich, dachte Bille. Sieht jedenfalls so aus, als mache der das nicht zum ersten Mal. Damit hatte sie zwar recht, aber Jörn hielt sich offenbar für den auferstandenen James Dean persönlich und den ausgeleierten Fahrschul-Opel für einen Porsche. Jedenfalls standen dem schönen Joe nach zehn Minuten Schweißperlen auf der Stirn, und Bille hatte sich vor Aufregung so tief in die Polster gedrückt, als wolle sie sich durch den Kofferraum davonmachen. Sie war heilfroh, als sie die Ortsgrenze des Dorfes Wedenbruck erreicht hatten und bald darauf vor ihrem Haus hielten.
    In die plötzliche Stille hinein stöhnte Joe gequält auf. „Mann, was seid ihr bloß für Typen! Die eine glaubt, sie sitzt auf ’nem Gaul, der andere, er hätte ’n Flugboot unterm Hintern. Junge, wenn Sie so weitermachen, fallen Sie das nächste Mal wieder durch die Prüfung!“
    „Im Ernst? Du bist schon mal durchgerasselt?“ erkundigte sich Bille mitfühlend.
    „Einmal? Dreimal!“ Jörn lachte, erschien es von der heiteren Seite zu nehmen.
    „Mach dir nichts draus!“ Bille stieg aus dem Wagen. „Beim Rodeo hättest du irre
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